Der Implex
auch nicht, hier beginnen die geschichtlichen anstelle der theoretischen Schwierigkeiten, und es sind die ernstesten) – Pohrt also, der nicht weiß oder nicht wissen will, was Sozialismus ist, wundert sich weiter:
»Nicht mal präzise bezeichnen ließ sich das Ding, statt eines Namens trug es viele: Staatskapitalismus, Kommunismus, realexistierender Sozialismus, Sowjetregime. Es war begrifflich nicht zu fassen, weder Kommunismus noch Kapitalismus, sondern alles zusammen- und durcheinandergewürfelt dergestalt, daß Warenform und Lohnarbeit sich mit der Abdankung des Wertgesetzes vertrugen, dessen Funktion – die eines universellen Regulativs der gesellschaftlichen Produktion – übernommen worden war vom Politbüro, welches folglich die Rolle des absolutistischen Staates im Manufakturzeitalter spielte, das eigentlich seit rund 200 Jahren vorbei war.« 171
Das mit der Warenproduktion hätte sich sehr einfach (wenn auch für moderne Theoriefraktionen wie etwa auch die Wertkritik nicht besonders erfreulich) bei Engels nachlesen lassen: »Mit der Besitzergreifung der Produktionsmittel durch die Gesellschaft ist die Warenproduktion beendet und damit die Herrschaft des Produkts über die Produzenten« 172 –, nur daß diese Produzenten dann, wenn sie einen Staat machen, der umlagert ist von Feinden und sich einen Weltmarkt mit diesem teilen soll, die im Sozialismus auch nach Marx und Engels nach wie vor nötige Herrschaft (als Niederhaltung der Kapitalisten; Auf-dem-Gleis-Halten der Spezialistenklassen et cetera) länger durchhalten und härter anlegen müssen, als den meisten lieb sein dürfte (aber: man frage mal nach dem Entstehen der bürgerlichen Ordnung, also der Guillotine, oder gar nach der ursprünglichen Akkumulation). Es kommt Pohrt etwas Grundrichtiges in den Blick, wo er von Absolutismus spricht, aber daß das einer auf höherer als der vorliberalen Stufe ist, kommt in Pohrts Analyse, wo vom Kapital viel, von den Klassen weniger die Rede ist, wieder nicht vor – denn er sieht den Staat strukturalistisch, nicht dynamisch, genau wie die Wertkritik (die meisten, die es so hielten und halten, waren und sind übrigens vom Glauben abgefallene Leninistinnen und Leninisten, enttäuscht von einer Arbeiterklasse, die sich weigert, sich von ihresgleichen zur Revolution führen zu lassen, die allwissende Staats- und Gesellschaftslehre und Geschichtsweisheit will man dann behalten, die Revolutionstheorie muß über die Klinge springen oder wird durch irgend etwas Krisentheorieartiges ersetzt, presto).
Hacks dagegen denkt lieber darüber nach, daß und wie bei der Zerstörung des Kapitalverhältnisses als Kohäsionszentrum die Arbeitsteilung zunächst derjenigen ähnlich bleibt, die im Kapitalismus bestanden hat, und darüber, welche Folgen sich hieraus ergeben. Kühn, aber nicht ganz wahnsinnig folgert der Dichter, daß der Sozialismus – ein Gedanke, der trotzkistisch klingt und überhaupt nicht trotzkistisch angelegt ist, es schließt sich hier ein Kreis zu den Eingangsüberlegungen dieses Kapitels – nicht umhinkönne, neue Klassen hervorzubringen, denn wenn er seine Staatsmacht benutzt, die Arbeitsteilung neu auszuwürfeln, so geschieht dies über Gruppen, welche in der neuen Produktionsweise Rollen einnehmen, die an die funktionalen Seiten der nicht nur funktionalen, sondern eben auch klassenpolitischen Teile der kapitalistischen Ordnung erinnern (also Koordinationseliten, aber auch solche, die der Kapitalismus nicht braucht). Dabei müssen die technische Intelligenz und die Wirtschaftsorganisation ein ganz neues Gewicht kriegen und einen Funktionswandel erleben – im Kapitalismus sind sie Hilfskräfte der Profitmaximierung, im Sozialismus Ausführungsmächte eines sozialen Programms, nämlich der Entwicklung von ausreichend Reichtum (auf vom Luxemburgschen Imperativ vermittelte, fortschrittliche Art) für die Vorbereitung des Kommunismus. Sie werden so wichtig, daß Hacks sie eine Klasse nennt, entstanden auf dem für die Klassenentstehung ungewöhnlichen Weg sachlicher Qualifikation, die Maschinerie so zu entwickeln, daß sie nicht mehr Geld verdienen hilft, sondern zum Beispiel die Arbeitszeit aller verkürzt wird, die Bedürfnisse der Leute gedeckt werden und so fort. Damit das wirklich passiert, kommt neben diesen Leuten eine zweite Klasse hinzu, die dieses Programm formuliert und in deren Interesse sie liegt; Hacks nennt sie pauschal »die Partei« und ergänzt sie schließlich durch eine dritte,
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