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Der Implex

Der Implex

Titel: Der Implex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Barbara; Dath Kirchner
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Suche nach Leuten, die sich dazu würden aufreizen lassen, sich als Wölfe unter Wölfen aufzuführen; der Zweite Weltkrieg kam diese Seite aber durch das Screening nur um so teurer, man verlor schon im Vorfeld eine halbe Million Männer, etwa fünfzig Divisionen – »verlorene Divisionen« nannte diese Davongekommenen die Fachsprache, als wären nicht viele von ihnen in Kampfhandlungen erheblich gründlicher verloren worden –, und in den sechziger Jahren, im Zuge des Kolonialkriegs in Vietnam, senkte umgekehrt man die Anforderungen erheblich; der US-amerikanische Verteidigungsminister Robert McNamara war persönlich verantwortlich für das »Project 100000«, bei dem, wie in allen derartigen Kriegen des nach 1945 lange Zeit erfolgreichsten imperialistischen Staates, vor allem schwarze, arme und arme schwarze Soldaten in die Tötungsmaschinerie gesaugt werden sollten – der Name des Unternehmens verrät, wie viele man haben wollte, die Zielvorstellung wurde dann um mehr als das Doppelte übererfüllt. Moderne militärpsychiatrische Erhebungen haben ergeben, daß man auch unter den hochtechnisierten, oft ziemlich asymmetrischen Bedingungen neuerer Strafkriege gegen unbotmäßige Länder des Südens oder Ostens damit rechnen muß, daß nach sechzig Tagen kontinuierlicher Kampfeinsätze, ob zu Fuß oder im Bomber, 98 Prozent der Menschen psychische Wracks und für keine Kampagne mehr zu gebrauchen sind; die übrigen zwei Prozent säßen unter zivilen Bedingungen vermutlich im Gefängnis und werden jedenfalls selbst von engagierten Tötungswissenschaftlern als »Soziopathen« eingestuft – es gibt sie auch außerhalb des Schlachtfelds, da leidet bloß ihre soziale Verwendbarkeit (eine Kategorie, von der man seit Erfindung des Kapitalverhältnisses mehr versteht als je vorher in der Geschichte; der bekannte Modernisierer des Produktionsprozesses, Antisemit und Feind des Geschichtsunterrichts, Henry Ford, hatte nach dem Ersten Weltkrieg den Einfall, in seinen Fabriken besondere Produktionseinheiten für Menschen einzurichten, die im Krieg Gliedmaßen verloren hatten und daher auf Bewegungsabläufe zu konditionieren waren, die Menschen mit allen Armen und Beinen nicht so einfach würden ausführen können). Selbst Heinrich Himmler wurde bei einer Massenerschießung, der er als fachmännischer Zeuge beiwohnte, nachhaltig übel; die Diskussion über das Böse im Menschen und die angebliche Problematik bürgerlich-demokratischen Soldatenwesens, es sei auch dann, wenn man die Waffentragenden auf ihr Gewissen verpflichte, gar nicht so einfach, einen legitimen von einem verbrecherischen Befehl zu unterscheiden, täte gut daran, einmal ein bißchen darüber zu meditieren, ob das Erkennen des Unmenschlichen nicht doch einfacher ist, als häufig spekuliert wird, wenn es Anordnungen gibt, von denen selbst einem Lebewesen wie Himmler schlecht wird. Das Naturunrecht ist ebenso unwahrscheinlich wie das Naturrecht, die Menschen sind eben nicht »von Natur aus so«, aber daraus nun wieder Hoffnungen für den Pazifismus abzuleiten, ist nicht minder verfehlt. Sie sind nicht von Natur aus so, wie die Massenmörderei sie haben will; aber sie sind so. Der Krieg aller gegen alle, als Naturzustand von der Spekulation gesetzt, hat nie existiert; der Krieg mancher gegen manche immer; der Krieg weniger gegen viele kostet täglich Menschenleben.
    Was macht man damit?
     
II.
Linke Kriegsgegnerschaft: Am Kalten Krieg gestorben?
    Wir haben das Ende des Fortschritts im Westen noch persönlich erlebt. Das war vor etwa zwanzig Jahren. Damals, als im Kalten Krieg gerade die östliche Seite verloren hatte, begann eine Reihe von Zusammenbrüchen aller linken, zukunftsgerichteten, emanzipatorischen Großunternehmungen, die sich häufig genug an Heißen Kriegen entzündeten, von denen man nicht zu Unrecht annahm, daß sie ohne den Ausgang des Kalten anders oder überhaupt nicht stattgefunden hätten. Linken in den reichen Ländern, die keineswegs mehrheitlich für die Sowjetunion Partei ergriffen hatten (von denen sich vielmehr sogar sagen läßt, daß für viele von ihnen lange Zeit die Sowjetunion sogar der Hauptgegner gewesen war, wenn ein Hauptgegner der ist, mit dessen Bekämpfung man die meiste Zeit zubringt, der die blühendste Rhetorik provoziert und die entschiedenste Distanzierung), war mit dem Ende der UdSSR und deren Verbündeten so etwas wie ein Kompaß abhanden gekommen. Ein vormaliger Anhänger nicht des in der Wirklichkeit mit

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