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Der Implex

Der Implex

Titel: Der Implex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Barbara; Dath Kirchner
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und die ideale Aerodynamik erreicht und wir das außerdem selbst dann, wenn er es doch täte, nie entscheiden und niemals wissen könnten, gibt es »genaugenommen« oder »streng betrachtet« (Foucault und Derrida sind am vagsten immer da, wo sie ganz präzise werden – philologisch bei Derrida, historiographisch bei Foucault) keine Flügel, nämlich »nur« im Diskurs der Vogelkunde, jedenfalls nicht außerhalb vogelkundlicher Literatur und so weiter und so fort.
     
    Allen vier Formen der Weigerung, sich affirmativ auf den Vernunftbegriff der Aufklärung zu beziehen, begegnet die angloamerikanische, analytische und postanalytische Philosophie mit einem anderen Vernunftbegriff, dessen Geheimnis aber nicht Logik noch Empirismus sind (auf die beiden verstand sich die Aufklärung auch), sondern die Affinität zu einigen Hauptlehrsätzen des Pragmatismus sensu Peirce, James und Dewey (das hat als erster Richard Rorty entdeckt, der aufgrund seiner – im Rahmen des eigenen Projekts wohlbegründeten – Abneigung gegen systematisches und positives Philosophieren allerdings nicht viel daraus machen konnte; produktiv nutzbar wurde die zunächst tatsächlich schlicht hermeneutisch richtige Einsicht dann bei seinem Schüler Brandom). Der berühmte Einwand G. K. Chestertons in seinem Essay Orthodoxy von 1908, der Pragmatismus sei in sich inkonsistent, weil er sich zwar menschliche Bedürfnisse zum Maßstab setze, zu diesen menschlichen Bedürfnissen aber unter anderem gehöre, mehr zu sein als bloß pragmatisch, ist ein feines Paradox, zergeht aber, wenn man dasselbe dem Wirken der Zeit überläßt: Kurzfristig ist alles Bedürfnis auf pragma verwiesen, langfristig aber sind die Handlungen, die dieses Wort bezeichnet, aufgrund der Notwendigkeit der Anpassung an die jeweilige Situation nicht auf ihren Handlungscharakter reduzierbar; Vorausschau, Abschätzung, Planung, Spekulation, also ganz unpragmatische Dinge, sind menschlichen Handlungen implizit selbst da, wo sie nicht zum Bewußtsein gelangen, nicht explizit gemacht werden, weil eine Außenbeschreibung der Handelnden von ihnen immer wird sagen können: »Die dachten wohl, wenn sie dies und das tun, geschieht dies und jenes« – Pragmatismus als Objektivierung des subjektiven Lustprinzips (was mir nützt, was meine Bedürfnisse befriedigt, ist richtig) wird sich zum Realitätsprinzip aufrüsten müssen, wenn er seiner Zweckbestimmung gehorchen will – ein Pragmatismus, der nicht mehr ist, als sein Name verrät, kann keine Lehre werden; als Peirce, James und Dewey ihre Lehren ausarbeiteten, verhielten sie sich bereits unpragmatisch; und jede pragmatisch orientierte Praxis oder Hexis wird ihr nichtpragmatisches surplus enthüllen, sobald auf sie irgend jemand (und sei es die sattelfesteste Pragmatikerin oder Pragmatistin) reflektiert.
V.
Stimmiger Unfug
    Daß der Unterschied zwischen einerseits vernunftskeptischen und andererseits vernunftsetzenden Philosophien ganz nach dem Cavell-Merkwort einer des Anspruchs, ein normativer ist und nicht etwa einer der Methodik oder gar der Nähe oder Ferne zu irgendeinem common sense (ein Ding, das noch schwerer zu fassen ist als das Theoriekonstrukt »Vernunft«, wie sein heute meistgebräuchlicher Name nahelegt, jedenfalls eins, das man spätestens seit dem Puritanismus gerne denen anhängt, die englisch sprechen; wo sonst als da, wo das geschieht, hätte man in den letzten dreihundert Jahren eine » ordinary language philosophy « erfinden mögen und können?), sieht man ganz leicht daran, daß das Maß des Kontraintuitiven, also die Fachphilosophie von jeder denkbaren Sorte sogenannten gesunden Menschenverstandes Sondernde, bei allen beiden Richtungen höher ist als zu Zeiten der Konstitution moderner Philosophie als autonomer Tätigkeit. Wenn etwa die analytische Schule sich über den Disjunktivismus verständigt, also die Streitfrage zu entscheiden sucht, ob die Halluzination, einen Apfel vor sich zu sehen (erzeugt etwa durch chemische Balancestörungen des Hirnstoffwechsels, holographische Projektion plus nahrungsmitteltechnisch erzeugte Duftstoffe, elektrische Stimulation des Hirns nach dem Muster virtualitätsgenerierender, bildgebender Software und so weiter), sich grundlegend von der Wahrnehmung eines tatsächlich vorhandenen Apfels unterscheidet oder nicht; oder wenn einer der derzeitigen Stars dieser analytischen Schule, Galen Strawson, Philosoph, Ökonom und Sohn des großen P.F. Strawson, erklärt, wie er darauf kommt,

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