Der Indianerlord
dort. Ich nehme an, man wird einen Wagen herschicken. Und dann kann Ihr Pa zur letzten Ruhe gebettet werden.« Verwirrt kratzte er sich am Kopf. »Also sind Sie verheiratet, Hawk.«
»Sieht so aus. « Hawk band Tor an einem Verandapfosten fest. »Jetzt möchte ich meinen Vater sehen. Gibt's heute was Gutes zu essen, Riley? Ich habe einen Bärenhunger.«
»O ja, das beste Rehfleisch, das man in diesen Hügeln findet!« beteuerte Riley voller Stolz. »Dazu frisches Brot und Apfelkuchen.«
»Gut, das nehmen wir alles.« Ohne Skylar einen Blick zu gönnen, ging Hawk ins Haus.
»Lady Douglas ... « , begann Sam und wandte sich verlegen zu ihr. »Tut mir wirklich leid. Ich meine, weil ich bei diesem Täuschungsmanöver mitgemacht habe.«
»Ein ganz übler Streich war das!« fiel Riley ihm ins Wort.
»Aber Sie müssen uns verzeihen. Hawk kannte Sie doch nicht. Und irgendwie hatten wir das Gefühl, Sie wollten uns alle hinters Licht führen. Das verstehen Sie doch?« fügte der alte Postkutscher flehend hinzu.
»Du fragst, ob sie uns verzeiht?« rief Riley empört. »Moment mal, ich hatte doch wirklich nichts damit zu tun ... «
»Genau so viel wie ich!« protestierte Sam.
»Aber Sie haben auch nichts dagegen unternommen«, warf Skylar ihm vor. »Ich dachte, ich würde allen Ernstes überfallen und ermordet.«
»Inzwischen hat sich ja alles in Wohlgefallen aufgelöst«,' meinte Riley fröhlich. »Und Sie sind tatsächlich mit Hawk verheiratet. Wenn das dem Faß nicht den Boden ausschlägt ... «
»Genauso würde ich's auch ausdrücken«, seufzte sie.
»Da ist Hawk verheiratet - und er weiß es nicht einmal. So was Verrücktes! Nicht wahr, Sam?«
Der Kutscher zuckte die Achseln. »Am besten setzen Sie sich erst mal, Lady Douglas. Möchten Sie was trinken? Kaffee, Wasser oder Wein?«
»Ein Glas Wasser wäre wundervoll.«
»Dann kommen Sie mit Wolf, lauf in die Küche! Der gute Lem wird sicher einen Knochen für dich finden.«
Offenbar hatte der Hund jedes Wort verstanden, denn er bellte und rannte davon. Von den zwei bärtigen, grauhaarigen Männern begleitet, betrat Skylar die Schankstube. Eine junge Halbindianerin, die für Riley arbeitete, schenkte ihr Kaffee ein.
Lächelnd bedankte sich Skylar und nahm Platz. Sie erkannte das hübsche Mädchen wieder, das sie am Abend vor dem vermeintlichen Überfall in ihr Zimmer geführt hatte. Damals war die junge Frau sehr freundlich gewesen. An diesem Morgen begegnete sie der weißen Lady kühl und zurückhaltend. Das verstand Skylar nicht, doch sie mochte sich deshalb nicht den Kopf zerbrechen. Riley befahl seiner Angestellten, frisches Brunnenwasser zu holen, und sie gehorchte sofort. »Waren Sie schon in Mayfair, Lady Douglas?« fragte er.
»Nein.«
»Oder in Gold Town?« erkundigte sich Sam.
Sie schüttelte den Kopf. »Bis jetzt habe ich noch nicht viel gesehen.«
»Vergiss nicht, Sam - die beiden sind jung verheiratet«, betonte Riley, und der alte Kutscher räusperte sich verlegen.
»Ein schönes Haus, Mayfair. Das wird Ihnen gefallen, Lady.«
»Oh, daran zweifle ich nicht.« Sie nippte an ihrem Kaffee und stand auf. »Wo ist der Salon, Gentlemen?«
Sam zeigte ihr eine Tür im Flur, und sie betrat einen Raum, der kleiner, aber viel schöner eingerichtet war als die Schankstube. Auf einem langen Tisch stand der Sarg, den sie für David Douglas in Baltimore gekauft hatte. Er war aus edlem, reichgeschnitztem Holz und mit rotem Samt ausgekleidet. Das konnte sie jetzt sehen, denn Hawk hatte den Deckel entfernt, obwohl sein Vater schon vor mehreren Tagen den Herzanfall erlitten hatte. Glücklicherweise war die Luft kühl gewesen. Doch der Geruch des Todes erfüllte trotzdem den Raum.
Während sie gegen ihre Übelkeit ankämpfte, kam die junge Indianerin herein, umfasste Hawks Arm und flüsterte ihm etwas zu. Er antwortete in einer Sprache, die Skylar nicht verstand. Hastig wandte sie sich ab und kehrte in die Schankstube zurück. Dort war inzwischen ein Mann eingetroffen, den sie wiedererkannte.
Er hatte langes, tintenschwarzes Haar, das glatt auf seinen Rücken hinab hing, ein bronzebraunes Gesicht und markante Züge. jetzt sah er zivilisiert aus. Aber er war einer jener drei Indianer gewesen, die Hawk an jenem Tag begleitet hatten, um mit blutrünstigem Kriegsgeschrei über die Postkutsche herzufallen. Wortlos erwiderte er ihren Blick, und sie überlegte, ob sie ihn ansprechen sollte. Verstand er Englisch? Doch da hörte sie Hawks Stimme dicht hinter ihr.
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