Der Indianerlord
immer, er wollte sich mit ihr vereinen, sein Verlangen stillen und sie danach bis zum Morgen in den Armen halten - und vor der Gefahr schützen, der sie entflohen war. Vor der Angst, die sie nicht eingestehen wollte. Vor der Vergangenheit, die sie in den Westen getrieben hatte.
»Nein, im Gesellschaftssystem der Weißen ist eine Scheidung viel schwieriger«, bestätigte er.
»Jetzt sind wir bei den Sioux.«
»Allerdings. Ein Sioux würde eine Frau niemals unbesehen heiraten und anerkennen, was auf einem Blatt Papier steht.«
»Dann haben die Sioux-Gesetze was für sich.«
»Vielleicht«, entgegnete er belustigt. »Aber auch ein Sioux kann seine Frau auf seltsame Weise gewinnen. Wenn sein Bruder im Kampf fällt, muss er dessen Frau oder Frauen übernehmen.«
»Und wenn er schon ein Zelt voll eigener Gemahlinnen hat ... «
» ... dann wird's eben noch enger. Natürlich müssen beide Parteien einer solchen Regelung zustimmen. Eine Frau darf ihrem Schwager danken, sein Verantwortungsgefühl loben und ihren eigenen Weg gehen. Das kommt manchmal vor.« Grinsend streckte er sich neben Skylar aus. »Wenn du und deine Schwester Indianerinnen wärt, könnte ich demnächst eine Zweitfrau heiraten.«
Würden ihre silberblauen Augen eine gewisse Eifersucht verraten? Nein, sie blieben kühl und ausdruckslos.
»Also möchtest du mehrere Frauen haben?«
»Ich wollte nicht mal eine, erinnerst du dich?«
»Nun sind wir bei den Sioux, und du hast eine Frau am Hals, die dir nicht zusagt. Überlegst du, ob du dir eine zweite nehmen sollst, die deinem Geschmack eher entspricht?«
»Würdest du den Wigwam mit ihr teilen?«
»Niemals!« Sie lächelte honigsüß. »Vorher würde ich verschwinden.«
»Und wenn ich dich zurückhalte?«
»Hier im Sioux-Gebiet musst du mich gehen lassen.«
»Wie, bitte?«
»Inzwischen habe ich einiges gelernt. Ein großer, bedeutsamer Krieger darf nicht von einer Frau belästigt werden. Und ein angesehener Mann wie du würde seiner -Gattin erlauben, ihn zu verlassen, wenn sie das wünscht. Dein Stolz sollte dir verwehren, auch nur einen Gedanken an den Entschluß einer so unwichtigen Person zu verschwenden.«
Lachend schüttelte er den Kopf. »ja, viele Sioux wurden dir beipflichten. Aber vergiss nicht, meine Liebe auch die Indianer sind Menschen und kennen Gefühle wie Leidenschaft und Eifersucht. Und nach meiner weißrot beeinflussten Ansicht sind- Ehefrauen ein Ärgernis. Mehr als eine auf einmal wäre einfach unerträglich.«
Skylar lächelte und senkte die Wimpern. Dann richtete sie sich auf und musterte ihn neugierig. »Woran ist deine Sioux-Frau gestorben?«
Obwohl es ihm widerstrebte, schmerzliche Erinnerungen heraufzubeschwören, antwortete er: »An den Pocken.«
»Tut mir leid. «
»Es ist schon so lange her.«
»Trotzdem leidest du immer noch darunter.«
Irritiert erwiderte er: »Wie ich bereits sagte, es ist lange her.«
Und doch - die Frau, mit der er zuletzt in einem Wigwam gelegen hatte, war Sea-of-Stars gewesen. Was für eine sanftmütige, liebevolle, treuergebene Ehefrau ... Ihm zuliebe hatte sie sogar Englisch gelernt, um auch seiner anderen Welt anzugehören, und ihn gebeten, er möge ihr von der schottischen Heimat seines Vaters erzählen.
»Wenn du willst, gehe ich spazieren«, schlug Skylar vor. »Vielleicht möchtest du allein sein. «
»Was?« fragte er verwirrt.
Gewiss, er hatte seine erste Frau von Herzen geliebt, aber nicht so leidenschaftlich wie die zweite. Welch ein Unterschied zwischen der schwarzhaarigen Sea-of-Stars und der goldblonden Skylar, dachte er. Die junge Indianerin hatte ihm in allen Dingen recht gegeben, während Skylar energisch auf ihrer eigenen Meinung beharrte. Und Sea-of-Stars war Teil einer anderen Welt voller zarter Pastell- und warmer Erdfarben gewesen, grün wie das Gras und die Bäume, blau wie die fernen Berge und der Himmel. jetzt erschien ihm das Leben viel bunter, so rot wie sein Blut, das durch Skylars Reize erhitzt wurde, und wie sein glühender Zorn, den sie so oft erregte.
Als sie sich erhob, fielen die weichen Lederfransen ihres neuen Kleids bis zu den Waden herab. Ihre Füße waren nackt, ihr zerzaustes Haar spiegelte den rötlichen Feuerschein wider. Auch Hawk stand auf. »Dieses Zelt gehört dir.«
»Ja, aber ich bin ebenso großzügig wie die Sioux.«
»Wohin würdest du denn gehen?«
»Einfach nur spazieren - oder ich besuche deinen Großvater, Willow oder Sloan.«
»Das soll ich meiner Frau erlauben? So
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