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Der indigoblaue Schleier

Der indigoblaue Schleier

Titel: Der indigoblaue Schleier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ana Veloso
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verstand, wurde durch einen unsanften Stups von hinten aufgefordert, eine Antwort zu geben.
    Mit weiterhin gesenktem Kopf begann sie ihre einstudierte Ansprache – auf Urdu.
    »Ihr sprecht Urdu?«, fragte der Fürst entgeistert und mit starkem Akzent. »Wartet einen Moment, wir rufen unsere Gemahlin. Sie stammt aus dem Norden und wird als Übersetzerin helfen können.«
    Uma fragte sich, wofür sie eine Übersetzerin benötigten, denn die Urdu-Kenntnisse des Maharadschas schienen ihr vollkommen ausreichend zu sein. Aber vor Ehrfurcht erstarrt brachte sie es nicht über sich, dem Herrscher ein Kompliment zu machen.
    Wenig später rauschte eine dralle Dame herein, bei der es sich ohne Zweifel um die Maharani handelte. Uma beobachtete sie aus den Augenwinkeln, und sie war fasziniert von der Ähnlichkeit zwischen Mutter und Sohn. Beide strahlten dieselbe Energie aus, beide bewegten sich trotz ihrer Körperfülle mit anmutiger Leichtigkeit, beide hatten denselben hochmütigen Ausdruck verzogener Kinder im hübschen Gesicht.
    Der Prinz redete hektisch auf sie ein, woraufhin die Maharani sich an Uma wandte: »Mein Sohn sagt, du wärst nicht diejenige, die ihm das Leben gerettet hat. Wer bist du also?« Die Maharani hatte sich von der vornehmen Erscheinung Umas nicht täuschen lassen. Sie erkannte in ihr ein ganz junges Mädchen, und sie duzte sie instinktiv.
    »Ich bin es – und doch bin ich nun eine ganz andere. Dank der grenzenlosen Güte Ihrer strahlenden Hoheit durften meine Schwiegermutter und ich uns hier im Palast einige Tage von den Strapazen unserer von Pech überschatteten Reise erholen, so dass wir uns wie neugeboren fühlen. Unsere ewige Dankbarkeit ist Euch gewiss.«
    Der Zeremonienmeister begann zu schwitzen. Was faselte diese Person da nur? Wie konnte sie es wagen, die Maharani mit so langen Reden zu belästigen? Als die Maharani hell auflachte, durchfuhr ihn schieres Entsetzen.
    »Du bist es? Man hatte mir dich anders beschrieben. Erstaunlich, was ein Bad, ein weiches Bett und ein schöner Sari bewirken können, nicht wahr? Bitte, schau meinem Sohn in die Augen, damit er sich selbst davon überzeugen kann – wir selber hatten deine Bekanntschaft ja bisher noch nicht gemacht.«
    Uma befolgte den Befehl der Fürstengemahlin.
    Der Zeremonienmeister fiel beinahe in Ohnmacht. Wie konnte sie es nur wagen, diese impertinente Betrügerin? Hatte er es ihr nicht tausendmal eingeschärft? Was sollte nun aus ihm werden? Er war so fassungslos, dass er seine eigenen Manieren für einen kurzen Moment vergaß und sich mit dem Finger hinters Ohr fuhr, wo ein Schweißtropfen aus seinem prachtvollen Turban rann und ihn juckte.
    Der junge Prinz geriet völlig aus der Fassung, als er die unverwechselbaren Smaragdaugen seiner Retterin erkannte. Er redete aufgeregt auf seinen Vater ein, dann auf seine Mutter, immer heftig gestikulierend. Der Maharadscha unterbrach ihn mit einer kurzen, herrischen Geste und wandte sich Uma zu, die sogleich wieder den Blick auf den kunstvollen Mosaikboden richtete.
    »Ohne Euch hätte unser Sohn noch tagelang bewusstlos in der Höhle liegen können, und wer weiß, ob er das überlebt hätte. Da er unser einziges Kind ist, sind wir Euch zu unermesslichem Dank verpflichtet. Hättet Ihr nicht das Gelände so gut gekannt und wärt Ihr nicht zufällig in diese Höhle gelaufen, dann …«
    Uma starrte weiter den Boden an. In den verschnörkelten Mustern sah sie auf einmal die Felsen vor sich, die den Eingang der Höhle markierten. Ihre Eingebung – war das alles wirklich erst vor einigen Tagen geschehen? – hatte sich als goldrichtig erwiesen. Der Prinz hatte die Höhle betreten und war, von der Dunkelheit im Innern einen Moment lang in seiner Sicht eingeschränkt, gegen einen Felsvorsprung gelaufen, den Uma nur allzu gut kannte. Auch sie hatte sich schon daran gestoßen und sich eine dicke Beule zugezogen.
    Am Tag des prinzlichen Unfalls war Uma so lange auf ihrem Ast hocken geblieben, bis die Männer sich zerstreut hatten. Nachdem man in unmittelbarer Nähe keine Spur von dem Prinzen hatte finden können – ein Umstand, der sie nachdenklich stimmte, denn die Höhle war kaum zu übersehen –, hatte man das Suchgebiet ausgedehnt. Irgendwann waren die Männer so weit fort, dass Uma sich endlich herunterwagte. Es dauerte lange, schmerzhafte Momente, bis ihr Blut wieder normal floss und das Kribbeln in ihren Gliedern nachließ. Sie war zunächst zu ihrer Unterkunft gelaufen, um nach Roshni zu

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