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Der indigoblaue Schleier

Der indigoblaue Schleier

Titel: Der indigoblaue Schleier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ana Veloso
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In der Einfahrt sprang Miguel leichtfüßig aus dem Gefährt, und noch während er von einem livrierten Diener die Treppe hinaufgeleitet wurde, war sein Kutscher im Pulk der anderen Kutscher untergegangen, die sich ihrerseits einen schönen Abend zu machen schienen.
    Dona Assunção begrüßte ihn mit vollendeter Grazie. Sie nahm ihn am Arm und führte ihn in den prachtvollen Salon, in dem bereits einige der Gäste saßen. Gut, dachte Miguel, er war weder der Erste noch der Letzte. Ein Diener in bunt glänzenden Pluderhosen und mit mächtigem Turban reichte ihm ein Glas Portwein, Delfina übernahm die Vorstellung mit den anderen, ihm unbekannten Gästen, da Dona Assunção schon wieder zur Halle geeilt war, um die nächsten Gäste zu begrüßen.
    »Senhor Miguel Ribeiro Cruz«, sagte Delfina, »unser bestaussehender Neuzugang in der Kolonie.«
    Miguel hätte sich wirklich eine andere Einführung als diese gewünscht. Er war, und Delfina dürfte dies schließlich wissen, doch nicht einfach nur ein Schönling. Er warf ihr einen bösen Blick zu, doch das Mädchen fuhr munter mit der Vorstellung der Gäste fort.
    »Und das, mein lieber Miguel«, erklärte sie, »sind Capitão und Senhora Almeida de Assis. Die Herrschaften sind eigens aus Sinquerim angereist, wo der hochgeschätzte Senhor Almeida die Verantwortung für das Fort Aguada trägt. Sie werden begleitet von ihrer Tochter Isaura«, damit wies sie auf eine unscheinbare junge Frau, die ihn huldvoll anlächelte, »sowie ihren Söhnen Henrique und Teófilo.« Die beiden halbwüchsigen Jungen nickten ihm vom Spieltisch aus kurz zu, bevor sie sich wieder ihrem Würfelbecher zuwandten.
    Die Herren reichten einander die Hände, die Senhora bekam einen Handkuss von Miguel. Obwohl Miguel Militärs nicht sehr schätzte, machten die Leute bei dem kurzen Geplauder, das sich nun anschloss, einen netten Eindruck. Sogar die hochmütige Isaura gewann, wenn sie sprach, denn sie wirkte klug und humorvoll. Wenn sie lachte, sah sie dank ihrer wunderschönen Zähne sogar recht ansehnlich aus. Dann erschien die Familie Nunes. Die Eltern waren, wie stets, leutselig aufgelegt, während die Tochter jedes Mal errötete, wenn man nur das Wort an sie richtete. Miguel hatte ein bisschen Mitleid mit ihr, denn ihre außergewöhnliche Schüchternheit schien allenthalben Belustigung auszulösen und war sogar Gesprächsthema. Für ein so zurückhaltendes Mädchen wie Maria musste das der Gipfel an Quälerei sein.
    »Maria, du musst doch nicht schon wieder rot werden, nur weil der General dir einen guten Abend gewünscht hat«, tadelte ihre Mutter sie.
    Maria lief rosa an, und die älteren Herrschaften lachten.
    »Oder weil der junge Senhor Miguel heute so schmuck aussieht«, ergänzte Marias Vater, woraufhin Marias Hautton eine tiefrote Färbung annahm.
    »Ich finde ja«, warf Delfina frech ein, »dass er ohne seinen Bart, mit der immer dunkleren Hautfarbe und dem geölten Haar langsam wie ein Hindu aussieht.«
    »Delfina!«, wies Dona Assunção ihre Jüngste zurecht.
    »Nun ja, wo sie recht hat …«, sagte Sidónio. »Aber solange er noch nicht denkt und handelt wie ein Eingeborener …«
    Miguel fiel erneut auf, dass Sidónio kaum je einen Satz zu Ende sprach. Vielleicht war er von seinen Geschwistern als Kind allzu oft unterbrochen worden, denn er war von den dreien der am wenigsten Vorlaute.
    »Im Gegensatz zu euch?«, hakte Dona Assunção nach. »Denn ihr drei seid ja wirklich die reinsten Inder. Wenn ihr nicht das Glück gehabt hättet, meinen hellen Teint und das haselnussbraune Haar zu erben, dann wärt ihr schon längst auf dem Scheiterhaufen gelandet.« Sie sagte dies in einem liebevollen Ton, der keinen Zweifel daran ließ, wie sehr sie die Ungezogenheit ihrer Kinder mochte. Dona Filomena jedoch, die Gattin des Generals, schlug sich erschrocken die Hand vor den Mund. Derlei ungehörige Reden schienen ihr religiöses Feingefühl zu beleidigen, doch außer Miguel bemerkte es niemand.
    »So, und nun darf ich Euch in den Speisesaal bitten«, sagte Dona Assunção in die Runde.
    Alle folgten ihr in den Nebenraum, der mit seinen Kassettenwänden und der mit aufwendigen Holzschnitzereien versehenen Decke aussah wie eine Mischung aus Versailles und Maharadscha-Palast. Auch die Einrichtung war eine gelungene Mischung aus Ost und West, mit portugiesischen Ölgemälden und orientalischen Teppichen, mit venezianischen Kristallleuchtern und indischen Elfenbeinminiaturen. Der Saal war festlich

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