Der Infekt
aufgetrieben. Mein Freund hat so einen, allerdings ziemlich verrottet. Ich habe ein paar wichtige Ersatzteile aus dem Schlitten ausgebaut und in eine Kiste gepackt. Es wäre toll, wenn ihr sie mit nach Montevideo nehmen könntet. Ich weiß nämlich nicht so recht, wie ich sie dorthin transportieren soll.«
Pena und Rodriguez sahen sich an. Zweihundert US-Dollar für eine lumpige Holzkiste waren kein Pappenstiel. Pena hielt Roessner die Hand hin. »Okay, abgemacht!«
»Moment, Moment«, wehrte der Sicherheitschef ab, »ich muß erst mal meinen Kumpel anrufen und ihn fragen, ob er die Kiste heute überhaupt vom Flugplatz in Montevideo abholen kann. Wann werdet ihr denn überhaupt heute abend da landen?«
Der Copilot sah auf die Uhr, die er nach Fliegermanier mit dem Zifferblatt auf der Innenseite des Handgelenks trug. »Hm, ich schätze, so gegen 19 Uhr. Zumindest haben wir für diese Zeit unsere Landung angekündigt.«
Roessner nickte zufrieden. »Schön! Wartet, ich bin gleich zurück.« Er ging zum Wandapparat neben der Bar und schien zu telefonieren. Mit erfreutem Gesichtsausdruck kehrte er an den Tisch zurück. »Alles klar, Jungs, ihr könnt die Scheine schon mal einstecken. Ich hole in der Zwischenzeit die Kiste. In drei Minuten am Flugzeug, okay?«
Kurze Zeit später halfen ihm die beiden Piloten, die große Holzkiste in den Gepäckraum der Propellermaschine zu bugsieren.
»Mann«, stöhnte Pena, »hast du da das ganze Auto drin?« Die Fracht wog mit Inhalt mindestens hundert Kilogramm.
»Okay, Männer, danke! Der Typ, der die Kiste abholt, heißt übrigens Everaldo Sanchez. Er wird euch auf dem Flughafen erwarten.« Nach einem kurzen Gruß verschwand Roessner wieder im Flugplatzcafé. Gerade rechtzeitig, denn eine halbe Minute später bog die Limousine mit Dr. Santos-Cruz um die Ecke und hielt vor dem Flugzeug. Roessner wartete noch ab, bis der Arzt eingestiegen war und die Maschine anrollte. Dann blickte er auf die Uhr. Viertel nach eins. Das war leicht zu schaffen. Auf der Rückseite des Cafés wartete sein Landrover. Dreieinhalb Stunden später saß er im Restaurant des Flughafens von Montevideo und genehmigte sich ein Steak.
Um 18.30 Uhr verließ Roessner das Restaurant und kehrte zu seinem Wagen zurück. Er orientierte sich noch einmal auf der Karte und fuhr dann auf die Ringstraße, die das Flughafengebiet umschloß. An einer für seine Zwecke günstigen Stelle bog er von der befestigten Straße ab und lenkte den Rover querfeldein, bis er den Anfang der Runway sehen konnte. Neben einigen kleinen Bäumen brachte er das Geländefahrzeug zum Stehen, holte ein starkes Fernglas aus dem Handschuhfach und stieg aus. Dann beobachtete er geduldig den Himmel.
Zwanzig Minuten später kündigte ein leises Brummen das Nahen eines kleinen Propellerflugzeugs an. Es dauerte keine zwei Minuten, bis Roessner sicher war, daß er die erwartete Maschine vor sich hatte. Ohne Hast öffnete er die Hecktür des Rovers und nahm ein Funkgerät heraus. Er zog die Antenne aus und sah dabei zu, wie sich das Flugzeug mit Dr. Santos-Cruz an Bord der Landebahn näherte.
Als die Gummireifen des Flugzeugs die Runway berührten, drückte Roessner auf den Knopf. In der angeblichen Ersatzteilkiste im Gepäckraum der landenden Maschine wurde der elektronische Zünder einer Plastikbombe aktiviert. Der explodierende Sprengstoff zerriß als erstes die Leiche von Dr. Colin Lorimer, die Roessner aus praktischen Überlegungen gleich mit in die Kiste gepackt hatte. Sekundenbruchteile später hatte der Feuerball auch Santos-Cruz und die beiden Piloten verschlungen.
Das Propellerflugzeug wurde von der Wucht der Explosion in tausend Einzelteile zerfetzt, die wie wilde Hummeln auseinanderstoben und erst langsam auf dem Beton der Landebahn zur Ruhe kamen. Als die Kranken- und Feuerwehrfahrzeuge mit heulenden Sirenen zur Unfallstelle rasten, saß Emilio Roessner schon wieder in seinem Landrover und fuhr zurück auf die Ringstraße. Kurz vor 23 Uhr traf er vor dem Verwaltungsgebäude der Breedwell Farms ein. David Cruikshank erwartete ihn in seinem Büro.
»Und?« fragte er interessiert.
Roessner machte ein übertrieben trauriges Gesicht. »Stellen Sie sich vor, Cruikshank, die Maschine von Dr. Santos-Cruz und Dr. Lorimer ist bei der Landung in Montevideo explodiert.«
»Ach herrje«, meinte der Amerikaner, während er aufstand und zur Kaffeemaschine hinüberging, »wie schrecklich! Wollen Sie auch eine Tasse?«
Collinstown Airport, Dublin,
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