Der Infekt
Reagenzröhrchen optimal verschließen und zusätzlich in eine Metallhülse verpacken. Solange Sie das Röhrchen nicht öffnen, kann nichts passieren.«
»Und wenn ich es öffne?«
»Wenn ich die vorliegenden Daten richtig interpretiere, sind Sie dann so gut wie tot!« erwiderte Heistrom ernst.
»Aber Sie füllen das Präparat doch ab, nicht wahr?« erkundigte sich Roessner plötzlich. »Wieso passiert Ihnen dann nichts?«
Heistrom versuchte trotz seiner aufgeplatzten Lippe überlegen zu lächeln. »Weil ich der Experte bin! Wenn man in der Sterilbank unter den gegebenen Sicherheitsmaßnahmen und mit den entsprechenden Geräten arbeitet, kann auch beim Arbeiten mit den Viren nichts passieren.«
»Soso«, machte Roessner leise.
»Also, was ist jetzt?« fragte Cruikshank ungeduldig dazwischen. »Füllen Sie die Probe nun ab, oder nicht?«
»Ja natürlich! Sie beide warten besser hier. Ich werde Ihnen das Präparat in der Metallhülse herausbringen.«
»Das könnte Ihnen so passen«, lachte Cruikshank. »Halten Sie uns für so dumm? Wir gehen natürlich mit! Und keine Tricks; ich warne Sie!«
Die drei Männer gingen hinüber ins eigentliche Labor. Dort gab es noch eine Art Sicherheitsschleuse zwischen normalem Labor und dem Raum, in dem die Sterilbänke standen. Heistrom wechselte den Laborkittel, setzte sich eine papierene Schutzhaube auf und band sich einen Mundschutz um. Dann trat er in das Sterillabor. An der einen Wand stand eine Reihe von Wärmeschränken, in denen die Zellkulturen bebrütet wurden. Die andere Seite war vollgestellt mit Kühl- und Gefrierschränken zur Aufbewahrung von Feinchemikalien, Medien, Puffern und ähnlichem. Heistrom holte aus einer Pappschachtel ein Paar sterile Latexhandschuhe und streifte sie über. Dann setzte er das Umluftgebläse der ersten Sterilbank in Betrieb. Mit hörbarem Zischen zog das Gebläse die Luft von außen durch einen Filter in den mit Plexiglas umgebenen Arbeitsbereich. Dadurch war gewährleistet, daß keine Verunreinigungen hineingelangten. Für den Umgang mit hochpathogenen Viren war dieser Arbeitsplatz allerdings nicht geeignet, denn dazu hätte die Abluft direkt wieder abgesaugt werden müssen, aber in der kurzen Zeit hatte es keinen Ersatz gegeben.
Heistrom öffnete einen der Kühlschränke und holte ein kleines Glasfläschchen heraus. Vorsichtig setzte er es in der Sterilbank ab, nahm eine Mikroliterpipette zur Hand, steckte eine blaue Wegwerfspitze darauf und nahm 500 Mikroliter aus der Flasche ab. Routiniert öffnete er mit der linken Hand den Deckel einer kleinen Kunststoffphiole und füllte die Flüssigkeit hinein. Sorgfältig drückte er den Deckel wieder auf und stellte die Phiole in einen Ständer. Er zog die blaue Wegwerfspitze ab und warf sie in einen Plastikbeutel für Spezialabfall, der im Innern der Sterilbank befestigt war. Dann griff er zu einer Rolle Parafilm, einer dehnbaren Plastikfolie für Laborzwecke, schnitt mit einer Schere einen kleinen Streifen ab, umwickelte damit den Deckel der Kunststoffphiole, um ihn zusätzlich abzudichten. Anschließend holte er aus einer Schublade einen kleinen Metallbehälter mit abschraubbarem Deckel, setzte die Phiole dort hinein und drehte sorgfältig den Deckel zu. Dann erhob er sich von seinem Rollhocker und streifte die Handschuhe ab.
»Hier, meine Herren!« sagte er und streckte Cruikshank den Metallbehälter entgegen. »Das ist es, was Sie wollten. Zufrieden?«
»Ja, Dr. Heistrom, jetzt sind wir zufrieden. Warum denn nicht gleich so, he?« Er drehte sich um. »Ach, Heistrom, übrigens … falls Sie auf die Idee kommen sollten, irgend jemandem – ich wiederhole – irgend jemandem etwas von dieser Aktion zu erzählen, dann werde ich Sie mit meinen eigenen Händen umbringen. Haben Sie das verstanden?«
Heistrom zuckte eingeschüchtert zurück. »Na … natürlich, ich verstehe. Kein Wort! Zu niemandem!«
»So ist es«, erwiderte Cruikshank gnädig und wandte sich endgültig zum Gehen. Roessner schloß sich ihm an. Nach wenigen Minuten hielt ihr Jeep vor dem Eingang zum Bürotrakt.
»Hören Sie, Cruikshank, ich muß noch einen Sicherheitsrundgang machen. Heute abend können wir ohnehin nichts mehr in die Wege leiten, wenn ich das richtig sehe, oder?«
»Das stimmt!« meinte Cruikshank, während er sich aus dem Jeep hievte. »Wir können erst morgen so richtig aktiv werden. In England ist jetzt ohnehin tiefe Nacht.«
»Dann bis morgen!« grüßte Roessner und gab Gas.
Heistrom hatte
Weitere Kostenlose Bücher