Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Infekt

Der Infekt

Titel: Der Infekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe A. O. Heinlein
Vom Netzwerk:
Kossoff hat bei seinen weiteren Arbeiten in New Haven herausgefunden, daß dieses zusätzliche Stück DNA in der Hybridvirus-Erbinformation enthalten war. Und er hat anscheinend herausgefunden, wofür dieses Stück kodiert. Es setzt den Hybridvirus in die Lage, menschliche Zellen zu infizieren. Die Infektion führt beim Menschen zu einer Art schwerer Grippe, deren Fieberschübe kaum kontrollierbar sind und deshalb häufig tödlich verlaufen.«
    »So weit kann ich folgen«, nickte Green, »aber was war der Sinn dieser ganzen Sache? Ich meine, wenn nichts schiefgegangen wäre?«
    Sam O'Brien ergriff das Wort. »Nun, ganz einfach! Wenn alles normal gelaufen wäre, hätte man den von Stan beschriebenen Hybridvirus in der Hand. Das ist an sich eine patente Idee. Diesen Hybridvirus kann man nämlich benutzen, um Rinder zu infizieren. Da die Erbinformation des Virus entsprechend umgebaut wurde, kommt es zu keiner Erkrankung. Aber die Immunabwehr der Rinder hat Kontakt mit den verschiedenen Oberflächenproteinen der Originalviren. Wie zum Beispiel Maul- und Klauenseuche, Rinderpest, Grippe und so weiter. Und wie bei jeder aktiven Schutzimpfung ist die Folge, daß der Körper gegen diese Erreger immun wird. Mit anderen Worten, die Tiere sind gegen die Einzelkrankheiten gefeit, und zwar mit einer einzigen Impfung.«
    »Aber das kann man doch mit abgetöteten Einzelviren auf herkömmliche Art erreichen. Warum der Aufwand, deren DNA beziehungsweise Teile davon zu kombinieren und zu einem Hybridvirus zu verschmelzen?« fragte Idwood.
    »Sehr einfach«, erwiderte O'Brien. »Der Witz an dieser Vorgehensweise ist der, daß man nur ein Rind infizieren muß. Da der Hybridvirus intakt ist, steckt das infizierte Rind die anderen in der Herde nach und nach an, wenn ich das mal so ausdrücken darf. Also, man infiziert ein Tier, und nach einiger Zeit ist die gesamte Herde immun. Wenn die Herde entsprechend groß ist, spart das eine Menge Arbeit. Und eine Menge Material, füge ich hinzu, denn die Rinder wirken als Bioreaktor. Sie produzieren selbst den neuen Virus, mit dem sie andere Tiere anstecken.«
    »An sich gar nicht so dumm«, meinte Green nachdenklich.
    »An sich nicht! Aber jetzt haben wir da dieses Problemchen mit der überzähligen DNA.« Lundquist klappte Kossoffs Notizbuch auf und zog einen bereits angegilbten kleinen Zeitungsausschnitt hervor. »Hier, eine zwölfzeilige Meldung aus der New York Times. Angeblich gab es unter einigen Farmarbeitern in Uruguay eine schwere Grippeepidemie. Farmarbeiter! Kossoff war wahrscheinlich sofort klar, was das bedeutete. Die Hybridviren haben durch den Klonierungsfehler die Fähigkeit erlangt, humane Zellen zu befallen und im Menschen diese schwere Grippe hervorzurufen. Dieser Effekt war nun natürlich überhaupt nicht vorgesehen gewesen.«
    Sam O'Brien runzelte die Stirn. »Hm, mag sein, daß es so gewesen ist, Stan, aber woher wissen wir, daß Kossoffs Annahme, diese Grippeepidemie sei von dem defekten Interclone- Virus erzeugt worden, überhaupt richtig ist?«
    »Aus zwei Gründen«, erklärte Lundquist. »Erstens ist Kossoff umgebracht worden, und zwar vermutlich deshalb, weil er Interclone mit der Veröffentlichung seines Wissens gedroht hat, falls sie die Ausbreitung des Hybridvirus nicht sofort stoppen. Ich entnehme einer Bemerkung in seinem Notizbuch, daß er den Fehler im System bereits entdeckt hatte, bevor die ersten Immunisierungen durchgeführt wurden.«
    »Schön, schön«, lobte Idwood Green, »das kaufe ich euch alles so ab, wie ihr es gerade erklärt habt. Jetzt müssen wir nur noch darüber nachdenken, warum Interclone, oder sagen wir besser, Efrem Blunstone, nicht auf Kossoffs Vorstellungen eingegangen ist, sondern eher einen Mord akzeptiert hat. Warum?«
    Seine beiden Tischgenossen kratzten sich am Kopf.
    »Hm, hm«, machte Lundquist, »ich weiß nicht so recht. Irgendwie drehen sich die Argumentationen in mir im Kreis. Rein vordergründig würde ich behaupten, Blunstone hat Kossoff über die Klinge springen lassen, weil er sich das Geschäft mit diesem selbstimpfenden Viruspräparat nicht versauen lassen wollte. Kossoff hat ihn angerufen und gesagt: ›Blunstone, stampf den Mist ein, oder ich geh damit an die Öffentlichkeit.‹ Und da hat er ihn einfach umgelegt.«
    Green hatte aufmerksam zugehört. Beim letzten Wort des Australiers zuckte er leicht zusammen. »Das hast du glücklicherweise falsch ausgedrückt, Stan. Das ist es eben! Er hat nicht selbst umgelegt, nein,

Weitere Kostenlose Bücher