Der Insulaner
werden. Unsere Krieger arbeiten dort oft als Späher oder berittene Hilfstruppe, daher kennen wir sie gut. Ihre Moral als Krieger ist armselig, aber allein ihre Masse und ihre Wohlhabenheit verleiht ihnen Macht. Ansonsten hätten wir sie schon längst besiegt und sie auf den Stand der Byalla gebracht.«
Hael grinste. »Und genau deshalb bin ich hier: Hael, der Geistermann, der prophezeite Führer.«
Der Geistersprecher starrte ihn mit weit aufgerissenen Augen an. Dann lächelte er, und allmählich wurde aus dem Lächeln ein dröhnendes Lachen. »Oho! So ist das also! Dann müssen wir uns nur noch mit dem kleinen Impaba beschäftigen, einem starken und skrupellosen Mann, der dich nicht leiden kann.«
»Stimmt«, sagte Hael, »reden wir über Impaba.«
Als die beiden zum Dorf zurückkehrten, wurde dort ernsthaft gehandelt. Shong saß inmitten der Häuptlinge und der aufgetürmten Waren, während die Byalla alle mit Essen und Getränken versorgten. Von Zeit zu Zeit stieß einer der Häuptlinge einen Befehl aus. Dann trat ein Krieger mit einem Bündel fein gegerbten Leders oder bunten Federn vor. Shong hielt Kupferdraht, Stoffe oder etwas anderes hoch, bis man zu einer Einigung kam.
Der Kaufmann sah Hael prüfend an. »Alles geklärt, Hael? Gut. Komm her und schau dir an, welche Fortschritte wir gemacht haben. Diese Burschen besitzen wunderbare Felle. Die Hügel und nahegelegenen Berge wimmeln nur so von Pelztieren, und die Amsi stellen ihnen Fallen. Auch die Federn sind hervorragend. Dann gibt es noch die eigenartigsten Dinge. Diesen Puder – würdest du ihn mir noch einmal zeigen, Häuptling Unas?«
Der Häuptling winkte einem Krieger, und der Mann brachte ihm ein hölzernes Rohr von einem Fuß Länge und Daumenbreite. Unas zog einen Stopfen aus dem Rohr und schüttete einen winzigen Haufen grauen Puders in seine Handfläche. Dann gab er den Behälter zurück und warf den Puder ins Feuer. Mit lautem Zischen und einem leuchtend grellen Blitz löste es sich auf. Zurück blieb dichter weißer Rauch, der in der Nase brannte.
»Eigenartig, nicht wahr?« meinte Shong. »Sie sagen, es komme weit aus dem Osten, aus der Gegend unweit des Großen Flusses, und sie schwören, dass die Menschen dort eine Art Waffe damit antreiben, die sie aber nicht gut beschreiben können. Ich möchte gerne eine Probe davon mit nach Neva nehmen. Ich werde das Gefühl nicht los, dass allein schon dieses Zeug die ganze Expedition wert ist. Oder wert sein könnte, wenn wir nur wüssten, wie es hergestellt wird und was es bewirkt.«
Hael fand das Pulver zwar beeindruckend, dachte aber an andere Dinge. Die Häuptlinge blickten ihn neugierig an und fragten sich, was zwischen ihm und dem Geistersprecher vorgefallen sein mochte. Er hielt nach Impaba Ausschau, konnte ihn aber nirgendwo entdecken. Wenn Impaba Gasam ähnelte – und dessen war sich Hael sicher –, würde er sich mit seinen Freunden beraten, die ihn bei seinem nächsten Manöver unterstützen sollten, das sich bestimmt als entscheidend für das Schicksal Deenas und Haels erweisen würde.
Da die ersten erfolgreichen Handelsbeziehungen angeknüpft waren, lud Shong die Häuptlinge zu einem abendlichen Festschmaus ein. Er kaufte den Byalla ein paar fette Krummhörner ab, die anschließend geschlachtet wurden. Selbst jetzt behielt sein kaufmännisches Gespür die Oberhand: Er befahl dem Koch, reichliche Mengen westlicher Gewürze zu verwenden, in der Hoffnung, damit rege Nachfrage zu erzielen.
»Man erzählte mir, südlich von hier gäbe es große Salzvorkommen«, berichtete er Hael. »Deshalb müssen wir kein Salz ausführten. Wie schön. Salz ist sehr umständlich zu transportieren.«
Tuvas, der Arzt, näherte sich, gebündelte Kräuter in den Händen haltend. Der sonst meist mürrische Mann strahlte über das ganze Gesicht. »Seht euch das an! Quilherdenfuß, Schwarze Dame, die Rache des Kriegsgottes, Zitterndes Moos! Wertvolle Arzneien, und hier wachsen sie so zahlreich wie Unkraut!« Er wandte sich an Hael, der bereits den Mund zu einer Frage öffnete. »Zwei davon gehören zu den besten Abführmitteln. Reiche Leute ernähren sich viel zu fett und leiden deshalb oft an Verstopfung. Ein anderes Kraut ernüchtert Betrunkene. Wenn man bedenkt, wie kostspielig und anstrengend es ist, sich überhaupt zu betrinken, kommt es einem völlig unsinnig vor, aber es wird häufig verlangt. Das vierte ist eine bewährte Medizin, wenn man an den Nachwirkungen übermäßigen Alkoholgenusses
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