Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Insulaner

Der Insulaner

Titel: Der Insulaner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
Vom Netzwerk:
uns Böses will?«
    »Ich bin Hael, einst Krieger der Shasinn, jetzt ein Ausgestoßener, der durch die Welt zieht. Meine Mutter war eine Sterbliche.«
    »Das ist bei vielen Geistern der Fall«, stellte Naraya fest. »Die Frage ist: Bist du gut oder böse?«
    Shong, der nicht wollte, dass sich seine Mission in heillose Verwirrung auflöste, versuchte zu widersprechen. »Große Häuptlinge, das ist …«
    »Das ist Unsinn!« rief Impaba, alle anderen Stimmen übertönend. »Der da …« – er wies auf Hael – »… ist nichts als ein unverschämter Knabe, der mir die Frau stahl! Sie ist meine Gefangene, die ich bei einem ehrenvollen Überfall erbeutete, und ich will sie zurückbekommen!«
    Shong, der einen Ausweg witterte, versuchte es erneut. »Ich bin sicher, dass wir uns einigen werden. Was ist schon eine Frau, wenn es …«
    »Nein!« sagte Hael mit ruhiger, aber fester Stimme. »Sie ist eine freie Frau und gehört niemandem.«
    »Ruhe!« brüllte Rastap. Mit gerunzelter Stirn wandte er sich an Impaba. »Du hast die Frau gefangen, ließest sie aber entkommen. Ist es die Schuld dieser Fremden, sie gefunden zu haben? Gibst du Sklaven zurück, die du in der Steppe herumwandern siehst, ohne Bezahlung dafür zu verlangen?« Der böse Blick des Oberhäuptlings sprach Bände. Impaba hatte vor den Fremden Schwäche und Uneinigkeit gezeigt, gerade als die Amsi ihre Macht beweisen wollten.
    Impaba errötete und zwang sich zur Ruhe.
    »Verzeih mir, Häuptling. Natürlich würde ich es nicht tun. Ich ließ meine Vernunft von dem Ärger des Kriegers beiseite schieben.« Rastap nickte, als sei er mit dieser armseligen Entschuldigung zufrieden. Inzwischen wusste Hael, was für ein Mensch Impaba war: Wäre Gasam ein Amsi und kein Shasinn, wäre er genau wie Impaba gewesen.
    Rastap wandte sich Naraya zu. »Diese Geistergeschichten können warten. Rede mit ihm, prüfe ihn und finde heraus, was mit ihm los ist. Wir werden mit diesem Händler sprechen.«
    »Kaufmann und Abgesandter Seiner Majestät, des Königs von Neva«, erinnerte ihn Shong bescheiden.
    »Ja, mit diesem … Botschafter.« Rastap sprach das Wort eigenartig aus, als kenne er es aus einer fremden Sprache. Shong lächelte, weil man ihn verstanden hatte. Er drehte sich zu Hael um.
    »Lieber Hael, geh und sprich mit dem weisen heiligen Mann. Beruhige ihn. Ich bin sicher, er wird zufrieden sein, wenn er merkt, dass du ein gewöhnlicher Sterblicher bist.«
    Ein Häuptling rief den Männern etwas zu, und alle saßen ab. Dorfbewohner eilten herbei, um die Cabos zu halten, und die Reiter betrachteten die ausgestellten Waren.
    Hael blickte Naraya an. »Wo möchtest du mit mir reden?«
    Der Geistersprecher deutete mit dem Kopf zum Tor in der Dorfmauer. »Da draußen in der Steppe, wo uns die Geister hören können. Hast du ein Cabo?«
    Hael stieß einen Pfiff aus, und Trittsicher trabte hinter der Hütte hervor, die sich Hael, Deena und andere Mitglieder der Reisegesellschaft teilten. Er trug keinen Sattel, aber die Zügel des Zaumzeugs waren um seinen Hals geknotet. Hael ergriff sie und schwang sich mit einem Satz auf den Rücken des Cabos, den Speer in der Hand haltend. Jetzt, da Rastap die Forderung des Kriegshäuptlings zurückgewiesen hatte, brauchte er sich um Deenas Sicherheit nicht mehr zu sorgen.
    Während sie ihre Cabos durch das Dorf lenkten, sagte Naraya: »Dein Volk, das auf jener Insel lebt, reitet es?«
    Hael schüttelte den Kopf. »Noch vor einem Jahr hatte ich nie zuvor ein Cabo gesehen und bin auch nicht geritten, außer manchmal zum Spaß auf dem Rücken eines Kaggas, als ich noch ein Kind war.«
    Naraya nickte, als habe sich eine seiner Vermutungen bestätigt. »Du pfeifst, und dein Cabo kommt. Nur wenige Männer können ein Cabo so abrichten und auch nur, wenn sie es von Geburt an kennen. Du reitest, als seist du im Sattel zur Welt gekommen, genau wie ein Amsi.«
    »Ich bin anders als andere Menschen«, gab Hael zu. »Und die Geister haben mich schon immer … gemocht. Aber das heißt noch lange nicht, dass ich ein Geist bin.«
    Naraya grunzte. »Wir werden sehen.«
    Als sie die Palisade hinter sich gelassen hatten, ritten sie zwischen den wartenden Amsi hindurch. Die Reiter waren von den Cabos gestiegen. Einige hatten Feuer entfacht und bereiteten einfache Mahlzeiten zu, andere hatten Spielfelder in den Boden gekratzt und schoben Steine hin und her. Mit neugierigen Blicken betrachteten sie den blondhaarigen Fremden, der an der Seite des Geistersprechers

Weitere Kostenlose Bücher