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Der Insulaner

Der Insulaner

Titel: Der Insulaner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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erwachsenen Krieger. Ich weiß aber nicht, welchen. Rendil gehört zu den Schwerverletzten, die vielleicht nicht durchkommen.« Rendil war Mitglied der Nachtkatzen, aber Hael kannte ihn nicht allzu gut.
    Im Dorf herrschte Freudenstimmung, und die Krieger, die nicht auf der Suche nach verlorenen Kaggas waren, prahlten mit ihren Heldentaten. Bei den Shasinn wurde nicht übermäßig getrauert, und wenn ein tapferer Mann während der Schlacht fiel, sang man ihm zu Ehren frohe Lieder. Raba, der einen tiefen Schnitt erlitten hatte, befand sich unter den Verletzten. Die Wunde wurde mit heißem Pech behandelt, und er zwang sich trotz der Schmerzen zu einem Grinsen und bewunderte Haels Trophäen.
    »Hast du aber Glück gehabt, einem reichen Schwächling zu begegnen! Der Mistkerl, der mir das hier verpasste, konnte leider fliehen, aber ich wette, dass er sein Dorf nicht lebend erreicht. Als er davontaumelte, blutete er aus schlimmeren Wunden als ich.«
    Nachdem seine Wut auf Gasam ein wenig verraucht war, fand Hael Gefallen daran, den Geschichten der übrigen Kämpfer zu lauschen. Jeder, der keinen Leichnam eines Feindes vorweisen konnte, behauptete, mindestens einen oder mehr Gegner schwer oder tödlich verwundet zu haben.
    »Wenn alle diese Geschichten wahr sind«, sagte Hael zu seinen Freunden gewandt, »haben wir jeden, halbwegs kampffähigen Asasa des Stammes umgebracht.«
    Die Nachtkatzen und die Pelzschlangen hatten den größten Teil der Schlacht bestritten, mit Hilfe einer Gruppe von älteren Kriegern, die kurz vor Ende des Kampfes zu ihnen gestoßen waren. Alle, die nicht am Kampf teilgenommen hatten, waren niedergeschlagen und gelobten, dass auch sie beim nächsten Mal ihre Waffen zum Einsatz bringen würden.
    Als man die Kaggas zählte, waren nicht mehr als zwanzig Tiere geraubt worden. Der Überfall war kein Erfolg für die Asasa gewesen. Minda rief alle Shasinnhäuptlinge zusammen, und sie beschlossen, dass sämtliche Krieger am kommenden Tag ein Fest feiern sollten, auch jene, die nicht mitgekämpft hatten.
    Den ganzen nächsten Tag lang wurde gesungen, getanzt und geschmaust, obwohl den Kriegern übermäßiger Genuss von Ghul untersagt blieb, für den Fall, dass die Asasa den Drang verspürten, ihre Ehre wiederherzustellen, während die Feinde feierten. Da Hael einen hochrangigen Gegner getötet hatte, wurde er mit Lob überhäuft. Gasam erhielt noch mehr Zuspruch, da er nach eigenen Angaben zwei Feinde niedergemacht hatte. Jetzt bekam Hael Gelegenheit, die Gruppe um Gasam zu beobachten – und er bemerkte, dass mehrere der Männer ihre Schilde ebenso dunkel bemalt hatten wie er. Am eigenartigsten fand Hael, dass sich Gasam ihm gegenüber völlig freundschaftlich verhielt.
    Ein Gedanke durchfuhr den Jungen. Konnte es sein, dass Gasam wirklich glaubte, er habe beide Asasa getötet? Er hatte Haels Gegner nicht aus Feigheit beansprucht, da er den ersten Feind vor Zeugen umgebracht hatte. Wie verrückt war Gasam eigentlich?

 
KAPITEL FÜNF
     
    N ach wenigen Monaten hatte sich der Stamm gut in der fremden Umgebung eingelebt. Während dieser Zeit mussten die Shasinn immer wieder beweisen, dass sie in der Lage waren, ihre Weidegründe, ihr Vieh und ihr Volk zu verteidigen. Nach jenem erfolglosen nächtlichen Überfall zeigten sich die Asasa nicht mehr, aber es galt, auch andere von der Kampfkraft des Stammes zu überzeugen. Als besonders hartnäckig erwiesen sich die Buschmänner, die im südlichen Teil des Dschungels hausten. Nach einigen kleineren Überfällen und Diebstählen, bei denen etliche Shasinn von den Angreifern getötet wurden, beschlossen die Ältesten, sämtliche Buschmänner auszurotten.
    Eine Expedition wurde zusammengestellt, und man wählte die Hälfte aller Krieger aus den verschiedenen Dörfern aus, um nach Süden zu marschieren. Die übrigen mussten zurückbleiben, um die Heimat zu schützen. Hael war überglücklich, weil er zu den Auserwählten gehörte, die in den Kampf ziehen sollten. Die Krieger versammelten sich in dem am südlichsten gelegenen Dorf: einige hundert junge Männer, die nach Aufregung lechzten. Zwei Tage lang marschierte die singende, bunt bemalte Gruppe nach Süden, und am dritten Tag erblickten sie die Ausläufer des Dschungels.
    Ein grandioser Anblick bot sich ihnen: Hohe Bäume standen so dicht beieinander, dass kaum Tageslicht hindurchdringen konnte. Beunruhigende Laute drangen aus dem Wald; das Brüllen und Kreischen von Kreaturen, die ihnen unbekannt waren. Die

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