Der italienische Geliebte (German Edition)
Brot bis auf den kleinsten Krümel aufzuessen, den letzten Tropfen Eiweiß mit der Fingerspitze aus der Schale zu holen, um nichts zu verschwenden. Wenn sie manchmal an die achtzehn Jahre ihrer Ehe mit Milo dachte, schnurrten sie zusammen. Sie waren ein Teil ihres Lebens gewesen, bunt und aufregend, voller Leidenschaft und Qual, aber eben nur ein Teil, dem nicht, wie sie einmal gefürchtet hatte, zwangsläufig eine farblose und eintönige Zukunft folgen musste.
›Es hat mich so gefreut, von deinem Ausflug in den Burren zu lesen‹, schrieb sie Connor Byrne. ›Und wie schön, dass Brendan mit dabei war. Das muss ja eine einzigartig wilde und beeindruckende Landschaft sein. Die würde ich eines Tages auch gern einmal erleben, wenn der Krieg vorbei ist. Ich stelle sie mir als Wohnsitz der alten Götter vor, Urwesen aus Stein, Wind und See. Ich kann euch beide sehen, wie ihr den Strand entlanglauft und nach Muscheln und vom Wasser abgeschliffenem Glas sucht.‹
Seinem Brief hatte Connor ein Foto von sich und Brendan im Burren beigelegt. Brendan war ein hübscher Junge, aber Rebeccas Blick flog immer wieder zum Bild des Vaters. Connor, in Schal und Mantel, lächelte, der Wind riss an seinem wilden dunklen Haar, und hinter ihm brandete die See an die Felsen.
Das Licht der Wintersonne fiel leuchtend durch das Glas, das Rebecca am Morgen aus dem Brennofen geholt hatte. In einer Farbkomposition aus annähernd dreieckigen Elementen in Grün, Bronze und Gold waren Tal, Wald und Hügel des Weald zu reiner Form reduziert. Das Glas fing das Licht ein und gefror es. Ich könnte es mit Sand schmirgeln wie das Glas, das man an der See findet, dachte sie in plötzlicher Erregung. Ich könnte es so bearbeiten, dass es flüssig wie Wasser erscheint. Ich könnte ihm Formen und Bewegung geben, so lebendig wie Connors Steingötter.
»Ich warne euch, es ist mit Roter Bete gemacht«, sagte Meriel, als sie die Puddingform mit dem Dessert auf den Küchentisch ihrer Mutter stellte. »Ziemlich merkwürdige Vorstellung, ein Nachtisch aus Roter Bete, ich weiß, aber im Rezept stand, dass er sehr gut schmeckt.«
Es waren Osterferien, und die meisten Westdown-Schülerinnen waren für vier Wochen nach Hause gefahren. Obwohl es eigentlich Rebeccas Wochenende in Hatherden war, hatte Meriel am Morgen angerufen und gefragt, ob sie zum Mittagessen kommen könne.
Sie aßen im hinteren Zimmer mit Blick in den Garten. Es lag nach Süden und hatte große Fenster und war daher der wärmste Raum in Hatherden . Während Rebecca den Hackbraten und die Karotten servierte, erzählte Meriel von ihrem letzten Besuch bei ihrer Freundin Monica in Cleethorpes.
»Monica war ganz außer sich, weil eine der anderen Frauen von den WVS , ihr wisst schon, die Wohlfahrtsorganisation, so gemein zu ihr gewesen ist.« Eine lange, komplizierte Geschichte folgte, in der es um den Dienstplan der WVS ging, um die Unterstellung, dass Monica sich gedrückt habe, um Monicas kranke Katze, die doch zum Tierarzt hatte gebracht werden müssen, um die Bosheit von Leuten, die hinter anderer Leute Rücken tratschten.
Beim Nachtisch schleppte sich das Gespräch nur noch mühsam dahin. Mrs. Fainlight sah müde aus, und Meriel schien mit ihrem Gedanken woanders zu sein – ob bei dem Rote-Bete-Dessert, das recht seltsam schmeckte, oder bei etwas anderem, konnte Rebecca nicht sagen, sie vermutete aber das Letztere.
Nach dem Mittagessen ging Mrs. Fainlight in ihr Zimmer hinauf, um sich hinzulegen, und Meriel half Rebecca, den Tisch abzuräumen. In der Küche füllte Rebecca das Spülbecken mit Wasser und nahm den Abwasch in Angriff.
Meriel kramte in ihrer Handtasche nach Zigaretten und Streichhölzern. »Ich bin hergekommen, weil ich unbedingt mit dir reden muss«, sagte sie plötzlich. »Es ist etwas Schreckliches passiert.«
»Was denn?«
»Deborah.« Meriel schien nicht weitersprechen zu können. Sie steckte sich eine Zigarette zwischen die Lippen und riss ein Streichholz an.
Rebecca schrubbte einen geronnenen Fettfleck von einem Teller. »Die Frau von Dr. Hughes?«
Meriel nickte. »Sie ist tot.«
»Tot?« Rebecca starrte ihre Schwester an.
»Ja. Ich habe es gestern Nachmittag erfahren. Milly Fawkes hat es mir erzählt.« Milly Fawkes war eine Kollegin von Meriel in Westdown. »Anscheinend war Deborah bei ihrer Cousine in Worthing zu Besuch und ist bei einem Bombenangriff auf die Stadt umgekommen.«
»Um Gottes willen,
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