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Der italienische Geliebte (German Edition)

Der italienische Geliebte (German Edition)

Titel: Der italienische Geliebte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Lennox
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und hätten vom Kochen keine Ahnung. Doch im Lauf der Monate verflüchtigte sich sein Enthusiasmus. Die langen Abwesenheiten von zu Hause, die Nächte in trostlosen Fremdenheimen, die hastig hinuntergeschlungenen Mahlzeiten, die schlechte Bezahlung, die einsamen Abende – das alles zermürbte ihn mit der Zeit. Dann wurde ein neuer Verkaufsleiter ernannt; Lewis hatte sich um den Posten beworben, aber nicht er bekam ihn, sondern ein Freund des Chefs. Der Kerl sei ein Idiot, erklärte Lewis wütend, schicke sie nur in der Gegend herum, heute Exeter, morgen Hull, ohne Plan und Ziel. Kurz danach kündigte er.  
    Sie übersiedelten nach Southampton. In einem Pub lernte Lewis eines Abends einen Mann namens Barney Gosling kennen. Barney, ein ehemaliger Soldat, fast kahl, mit nur noch etwas dünnen, grauen Flaum auf dem rosigen Schädel, war Eigentümer einer Zeitschrift für Segler und Angler, die sich ›Boating and Fishing World‹ nannte. Er war sofort angetan von Lewis und bot ihm eine Stellung bei der Zeitschrift an. Lewis sollte in der Redaktion mitarbeiten, ein paar Artikel schreiben, ein paar Fotos machen. Barney hatte noch niemanden für den Vertrieb des Hefts angeheuert, also übernahm Lewis auch diese Aufgabe. Endlich hatte er eine Arbeit gefunden, die ihm gefiel. Die Zeitschrift war bisher noch nicht recht auf die Beine gekommen, magere zweitausend Auflage, aber Lewis war zuversichtlich, dass sie sich entwickeln würde. Er begann davon zu sprechen, mit seiner Abfindung von der Marine ein Haus in Southampton anzuzahlen, und sie wurden in den Kreis von Barneys Freunden aufgenommen, den Klub der Fischer und Jäger, wie Tessa es ausgedrückt hätte, lauter Leute mit Landbesitz und einer Leidenschaft für das Leben im Freien, die sich Hundemeuten hielten und vielleicht ein, zwei Pferde. Freddie fiel auf, dass Lewis streng auswählte, wenn er in ihrem Beisein über seine Herkunft sprach. Er erwähnte seine Freunde aus Winchester, nie jedoch seine drei Tanten. Immer war er es, der die erste Runde Getränke spendierte, nie vergaß er, der Gastgeberin ein kleines Geschenk mitzubringen. Freddie gefiel seine Großzügigkeit, aber sie sorgte sich um das Geld. Wenn sie mit ihm darüber reden wollte, wehrte Lewis ab. Es sei alles in bester Ordnung, sagte er. Endlich kämen sie voran, endlich seien sie in den richtigen Kreisen angekommen.  
    Sechs Monate nach ihrer Ankunft in Southampton betrank sich Barney, der sich immer gern ein Gläschen genehmigte, eines Abends bis zur Besinnungslosigkeit, ja, bis zum heulenden Elend und eröffnete Lewis dann weinerlich, dass die Zeitschrift immer nur Geld verschlungen habe und jetzt pleite sei und dass er keine Arbeit mehr für ihn habe. Die beiden Männer trennten sich mit einem Händedruck.  
    Zwei Wochen später fing Lewis bei einer Versicherungsgesellschaft an. Er verdiente halb so viel wie vorher bei Barney, und wenn sie an den Wochenenden zum Strand fuhren, hörte Freddie sich seine Klagen an, während sie am Wasser auf und ab marschierten. Er fühle sich eingesperrt, sagte er. Er könne sich nicht daran gewöhnen, den ganzen Tag am Schreibtisch zu sitzen. Die Arbeit sei langweilig, immer das Gleiche, er sei weder körperlich noch geistig ausgelastet, seine Gedanken gingen ständig auf Wanderschaft. Und es waren keine schönen Gedanken, dachte Freddie. Dann hör doch auf, sagte sie, umschloss sein Gesicht mit den Händen und sah ihm in die Augen. Lass uns etwas anderes anfangen.  
    In der Zeitung stand ein Bericht über die große Zahl ehemaliger Offiziere, die ins Lehrfach gewechselt hatten. Lewis konnte gar nicht verstehen, warum er daran nie gedacht hatte. Eine private Grundschule mit Internat suchte einen Lehrer für Mathematik und Physik, Lewis bewarb sich und wurde angenommen.  
    In dieser ganzen Zeit, während sie, immer auf der Suche nach etwas Besserem, kreuz und quer durchs Land zogen, hatten sie in kalten, verwohnten Pensionen und möblierten Zwei-Zimmer-Wohnungen gehaust, wo man den Stromzähler mit Münzen füttern musste, oder in dunklen, feuchten kleinen Häusern, in denen es überhaupt keine Elektrizität gab. Die Schule in Leicester stellte neben dem ausgeschriebenen Posten eine Wohnung. Beim Packen war Freddie voller Optimismus. Vielleicht wendete sich jetzt das Blatt. Sie stellte sich ein schmuckes Häuschen im Grünen vor. Lewis würde das Unterrichten Spaß machen, und der Enthusiasmus, mit dem er jede halbwegs lohnende Aufgabe anpackte, würde seine

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