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Der Jade-Pavillon

Der Jade-Pavillon

Titel: Der Jade-Pavillon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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diese Straße! Wenn man sich gegen die Lastwagenfahrer nicht durchsetzt und ein höflicher Mensch bleibt, ist man verloren. Da muß man auf die Hupe drücken und sie zur Seite scheuchen.«
    Fengxia machte eine wegwerfende Handbewegung. »Es wird Onkel Zhang wenig interessieren«, sagte sie mit harter Stimme, »wie du gefahren bist. Er will sicher wissen, was uns zu ihm führt.«
    »Das hast du schon gesagt.« Zhang nippte an seiner Teetasse und sah über den Rand hinweg Tong an. »Ihr wollt mit mir über Jian sprechen. Ich dachte, Shijun, wir hätten alles schon geklärt.«
    »Damals ging es um die Politik, aber du hast mir das Wesentliche verschwiegen.«
    »Ich wiederhole: Jian hat keinerlei Verbindungen – «
    »Spiele nicht den Ahnungslosen«, unterbrach ihn Fengxia barsch. »Wer ist die kleine Bauernhure, die sich an Jian hängt?«
    »Ich habe keinen Umgang mit Huren!« antwortete Zhang lauter, als er eigentlich wollte. Seine Stimme war wie ein Peitschenschlag.
    »Du weißt, daß Jian ein Bauernmädchen liebt«, sagte Tong ruhig.
    »Er liebt kein Bauernmädchen«, erwiderte Zhang, und er log dabei nicht, denn Lida war die Tochter eines Lehrers.
    »Es ist ein Mädchen, das in dem Dorf Huili wohnt«, ergänzte Wu, nur um auch etwas zu dem Verhör beizutragen.
    In Zhang überschlugen sich die Gedanken. Wie kamen die Tongs zu diesem Wissen? Hatte Jian doch nicht geschwiegen und seiner Mutter seine Liebe anvertraut? Waren alle Warnungen vergeblich gewesen? »Weiß Jian, daß ihr bei mir seid?« fragte Zhang.
    »Das Fragen ist an uns«, fauchte Fengxia ihn an. »Wir erwarten von dir Antworten.«
    Das war ein Ton, den Zhang nicht hinnehmen konnte. Er stand von seinem Stuhl auf und blickte mit der Würde seines Alters auf Fengxia hinunter. »So quakt eine Kröte den Mond an!« sagte er. »Aber der Mond ist zu erhaben, um sie zu hören.«
    »Die Ehre der Familie ist beschmutzt«, sagte Tong, sich nur mit Mühe zurückhaltend. »Wir wollen sie säubern, damit sie wieder glänzt.«
    »Man soll einem guten Vorsatz nicht entgegen sein. Nimm einen Lappen und schlag ihn Fengxia um die Ohren. Dreh dem roten Lautsprecher den Ton ab.«
    »Das ist Jians Sprache.« Fengxia ballte die Fäuste und schlug sie auf den Tisch. Dann sah sie ihren Mann mit vor Wut zitternden Augen an. »Junghou, man hat deine Frau beleidigt, und du sitzt herum, wärmst deine Hände an einer Tasse Tee und findest kein Wort zu meiner Verteidigung.«
    »Sie hat recht, das kann man nicht bestreiten!« wagte Wu einen Vorstoß, aber seine Augen baten vorsorglich um Verzeihung. »Du hast sie geschmäht. Bedauere das, dann soll es vergessen sein.«
    »Ich habe noch nie ein Wort, das ich gesagt habe, zurückgenommen. Junghou, bist du blind geworden? Sieh sie doch an! Ist das noch eine Frau? Sie ist eine Uniform und eine Posaune, die Parteiparolen schmettert.« Zhangs Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen, und wer ihn kannte, ermahnte sich zur Vorsicht. »Ich spreche kein Wort mehr mit ihr.«
    »Aber ich mit dir!« schrie ihn Fengxia an. »Und du wirst mir zuhören!«
    »Nicht in meinem Haus. Ich habe euch als Gäste empfangen, und wer mein Gast ist, hat die Gastfreundschaft zu achten. Wer das nicht vermag, soll gehen. Durch eine Tür, durch die man eintritt, kann man auch wieder hinausgehen.«
    »Du … du wirfst uns hinaus?« Tongs Atem stockte.
    »Ich hindere keinen zu tun, was er für gut befindet«, erwiderte Zhang ruhig. »Ich habe mein Haus mit friedlichem Sinn geöffnet, aber ich sehe jetzt, daß Feinde gekommen sind. Mein Stolz verlangt, daß ich mein Haus wieder schließe.«
    Wu sah den Alten mit bewundernden Blicken an. Bisher hatte er die Tradition der Familie Tong wie ein ausgestopftes, seltenes Tier hingenommen, von dem man sich nicht trennen wollte, und er hatte dieses Tier aus Liebe zu Fengxia gestreichelt; jetzt aber ahnte er die Kraft, die aus Ehre und Stolz geboren wurde.
    Tong senkte den Kopf; es war eine Geste der Ergebenheit. Fengxia stieß einen zischenden Laut aus, wie eine Schlange, die sich gereizt emporschnellt.
    »Wir kommen nicht als Feinde«, sagte Tong mit schwerer Zunge, »uns treibt die Sorge. Shufang, willst du uns nicht helfen?«
    »Ich gebe Hilfe dem, der sie braucht.«
    »Er hilft nur Jian!« rief Fengxia mit schriller Stimme.
    Zhang sah sich nach allen Seiten um. »Habe ich recht gehört?« fragte er. »War da nicht der Schrei einer Ratte?«
    Tong biß die Zähne aufeinander, daß es knirschte.
    Wu mußte etwas unternehmen,

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