Der Jadereiter
mich mit den Spielen. Und was machen Sie?«
»Ich bin Cop.«
»Dann können Sie nicht mitreden. Ich sag’ Ihnen, DWVII ist viel geiler, man kriegt hundert Stunden raus.«
Der Wachhund reagiert verblüfft. »Wie ist das Ende?«
»Geil.«
»Was ist mit Schießereien? Welche sind deiner Meinung nach die besten?«
»Meiner Meinung nach? Was Besseres als Unreal Championship gibt’s nicht. Die Knarren …«
»Geil?«
»Geil.«
»Wie viele Spiele kriegt man zu dem Gerät dazu?«
»Normal fünf, aber als Cop können Sie zehn haben.«
Der Wachhund erklärt mir, daß die Auswahl der Spiele Zeit beanspruchen wird. »Was ist mit Porno?« fragt er den Verkäufer.
»Wir haben alles. Was wollen Sie? Hetero oder homo? S & M? Lesbisch? Peitschen und Kerzenwachs? Gruppensex? Was für eine Rasse? Farangs, Chinesen, Inder, Thais, Latinos?«
»Latinos? Wie sind Latinopornos?«
»Geil.«
Der Wachhund nickt mir zu und läßt sich von dem Jungen zu einer der Nischen führen, in denen bereits eine PlayStation 2 aufgebaut ist. Ich sehe zu, wie der Verkäufer eine Disc lädt. Auf dem Monitor erscheint eine dunkeläugige nackte Schönheit auf einer Parkbank irgendwo in Lateinamerika. Nacheinander tauchen muskelbepackte junge Männer auf – mit blonden, schwarzen oder rötlichen Haaren, vermutlich zur besseren Unterscheidung. Der Wachhund spult vor, hält kurz bei Penetrationsszenen an, die er mit Kennerblick betrachtet, bevor er weiterlaufen läßt. Den Latinoporno hat er in weniger als fünf Minuten durch. Nun lädt der Verkäufer die Disc mit Dragon Warrior VII. Der Wachhund vertieft sich sofort in das Spiel und scheint den Jungen mit seinen Fechtkünsten zu beeindrucken. Der Verkäufer wendet sich mir zu, und ich gebe ihm das Geld für das Gerät. Draußen wartet die FBI-Frau im Wagen. Sie fragt: »So einfach?« Ich nicke. Das Gesicht des Wachhundes hat während seines Kampfs mit dem Drachen einen intelligenzähnlichen Ausdruck angenommen. Vermutlich verbirgt sich hinter dieser Episode eine kulturelle Moral, aber Kimberley Jones hält nichts von solchen Gedanken. »Wofür hat er sich entschieden?«
»Für Latinopornos und Dragon Warrior VII.«
»Glauben Sie, er ist repräsentativ für die menschliche Rasse der Zukunft?«
»Wieso dürfen Sie solche Dinge sagen und ich nicht?«
»Wird das wieder eine dieser Auseinandersetzungen?«
»Nein.«
»Wie haben Sie dem Wachhund erklärt, daß Sie ihn loswerden wollen?«
»Ich habe ihn in dem Glauben gelassen, daß ich Sie bumsen will.«
»Hat der Buddhismus nichts gegen Lügen?«
»Es gibt auch die relative Wahrheit.«
»Wollen Sie eine absolute daraus machen?«
»Das haben wir doch schon diskutiert. Wir sind sowohl spirituell als auch kulturell inkompatibel.«
»Soll heißen, mein aggressives amerikanisches Verhalten törnt Sie ab, stimmt’s?«
»Sie sind wirklich eine hervorragende Agentin.«
»Wie wär’s, wenn ich Sie ein bißchen lockerer mache? Soweit ich weiß, hilft Johnson’s Baby-Öl in solchen Situationen.« Sie wendet sich mit einem spöttischen Grinsen ab. »Wir haben uns darauf geeinigt«, sagt sie, ans Fenster gerichtet, »daß wir alle Informationen weitergeben. Ihr Colonel ist ziemlich selektiv, was das angeht, aber wir wahrscheinlich auch.«
Am Ende der Küstenstraße biegen wir zuerst links, dann rechts ab. Auf halbem Weg nach Jomtien Beach nehmen wir links einen Privatweg zu einer modernen Anlage mit Eigentumswohnungen – modern nach thailändischem Standard. Niemand hat sich seit meinem letzten Besuch vor ein paar Jahren die Mühe gemacht, den Straßenbelag zu erneuern, und wir müssen im Wagen warten, bis der Wachmann kommt und das Haupttor öffnet.
Ich habe es so arrangiert, daß wir gegen Mittag eintreffen, wenn sich alle guten Russen in einem Zustand zwischen Nüchternheit und Trunkenheit befinden. Es ist zwölf nach zwölf, als wir die Penthouse-Wohnung im siebenunddreißigsten Stock erreichen und ich auf die Klingel drücke. Ich habe mir Gedanken gemacht, ob wir uns anmelden sollen oder nicht, und mich dagegen entschieden. Wenn ich Iamskoij in Gesellschaft von einem halben Dutzend sibirischer Frauen ganz ohne oder mit abgelaufenem Visum oder mitten im Einsatz antreffe, ist er möglicherweise eher bereit zu reden. Viel wird allerdings davon abhängen, wie betrunken er ist. Zu betrunken bedeutet, daß er einfach wegkippt wie letztes Mal. Zu nüchtern heißt, daß er sich hinter seiner russischen Melancholie verschanzt und den Mund
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