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Der Jadereiter

Der Jadereiter

Titel: Der Jadereiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Burdett
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ist.«
    »Aber nicht juristisch.«
    »Ich spreche von persönlicher Moral.«
    »Genau die wird uns in der Ausbildung ausgetrieben. Dort nennt man das ›kreatives Verhalten‹, und es wird nicht gebilligt. Nur das Gesetz zählt.«
    »Kulturschock! Einzig die Kreativität zählt. Sogar Vikorn, den Sie verachten, besitzt einen ausgeprägten moralischen Standard, von dem er niemals abweicht. Er ist mir in Schießereien vorangegangen, in denen er leicht hätte umkommen können. Er ist ein mutiger Chef. Vielleicht sehen Sie ihn als Dinosaurier, aber für uns gibt es Gründe, ihn zu lieben. Mit Feiglingen können wir nichts anfangen.«
    »Sie wollen also, daß ich den Mund halte?«
    »Ja.«
    »Und Sie überlassen Warren mir?«
    »Ich weiß nicht, ob ich das kann. Möglicherweise gehört er mir. Er hat nicht Ihren Partner umgebracht.«
    »Ihren auch nicht.«
    »Karmisch gesehen, ist er verantwortlich.«
    »So kann man sich leicht herausreden. Der Spieß läßt sich aber auch umdrehen: Vielleicht hat er mich in hundert früheren Leben umgebracht. Vielleicht ist er mir dieses Mal etwas schuldig. Jeder, der Menschen jagt, wird Ihnen sagen, daß es dabei kaum jemals um Persönliches geht, aber manchmal spürt man einfach die besondere Chemie. Ich will Warren, Sonchai. Abgemacht?«
    »Ich denke darüber nach.«
    Mittlerweile haben wir Pattaya erreicht und reihen uns in den trägen Strom des Verkehrs an der Küstenstraße ein.
    »Habe ich da gerade einen Club gesehen, der ›Cock and Pussy Bar‹ heißt?« erkundigt sich Kimberley Jones. Ihre Stimmung ist urplötzlich umgeschlagen; sie wirkt verärgert. »Gibt’s hier irgendwas, das nichts mit Sex zu tun hat?«
    So unrecht hat sie nicht. An der Küstenstraße befindet sich eine Bar neben der anderen, und hinter jeder Bar wartet eine Mannschaft von Mädchen, die den Männern alle Wünsche erfüllen, solange sie ihnen nicht weh tun. Wir sind ein friedliebendes Volk und mögen keinen Schmerz. Und wir mögen auch keine Leute, die ihn andern zufügen. Wir messen Recht, Sex und Tod nicht mehr Bedeutung bei, als diesen Illusionen zukommt, aber jemanden absichtlich zu verletzen, ist ernsthaft unbuddhistisch.
    Kimberley Jones wendet sich von den Bars ab und wieder dem Fall zu: »Haben Sie eine Erklärung dafür, warum Fatima sich in Warrens Geschäft aufhielt?«
    »Nein. Mir ist das auch ein Rätsel.«
    »Ebenso ein Rätsel wie die Python?«
    »Die Frage, wie die Python … ist fast genauso rätselhaft wie die, warum die Python …«
    »Ich weiß.«
    An der Naklua Road sage ich dem Fahrer, daß er den Wachhund und mich absetzen soll. In der Hitze schreiten wir schnellen Schrittes zu einem Laden, dessen Schaufenster bis obenhin mit Raubkopien von CDs und CD-Roms, die meisten davon Spiele, gefüllt ist.
    »Ich weiß, was Sie vorhaben«, erklärt mir der Wachhund.
    »Tatsächlich?«
    »Sie wollen die farang- Fraubumsen, stimmt’s? Gehen Sie mit ihr ins Hotel?«
    »Ich weiß es noch nicht.«
    »Sie sollten Ihr Geld nicht zum Fenster rauswerfen.«
    »Wie das?«
    »PlayStation 1 ist megaout. Billig, ja, aber nichts wert, weil man’s nicht weiterverkaufen kann.«
    »Und die andern?«
    »Microsoft Xbox ist gut, hat aber nicht genug Software-Möglichkeiten.«
    »Und GameCube?«
    »GameCube ist okay, aber out.«
    »Was bleibt dann noch?«
    »PlayStation 2. Das ist der Wahnsinn. Man kann sich Sachen vom Internet runterladen; mit dem Ding läßt sich alles für PlayStation 1 abspielen. DVD-Sexfilme und DVD-Spiele sind kein Problem.«
    »Braucht man einen Computer?«
    Der Wachhund bedenkt mich mit einem merkwürdigen Blick. »Man schließt’s an den Fernseher an, wie alle Spielekonsolen.«
    »Ach, das wußte ich nicht. Wieviel kostet PlayStation 2?«
    »Siebzehntausend Baht.«
    » Siebzehn? «
    »Ich soll mich verkrümeln und den Mund halten, oder?«
    »Ja.«
    In dem Laden entspinnt sich zwischen dem Wachhund und einem jungen Verkäufer ein für mich unverständliches Gespräch über die aktuellste Version eines Spiels mit dem schönen Namen Final Fantasy. Der etwa fünfzehnjährige Junge mit den gepiercten Augenbrauen gibt sich verächtlich. Ihm scheint Dragon Warrior VII oder Paper Mario lieber zu sein als Final Fantasy, eine Meinung, der sich der Wachhund nicht anschließen mag. »Ist das dein Ernst? Paper Mario besser als Final Fantasy? Final Fantasy ist der absolute Wahnsinn.«
    Der Junge zuckt mit den Achseln. »Ich arbeite hier. Was, glauben Sie, mache ich den ganzen Tag? Ich beschäftige

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