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Der Jadereiter

Der Jadereiter

Titel: Der Jadereiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Burdett
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behilflich, die … die nicht zu Warren führen.« Er zuckt mit den Achseln.
    »Könnte ich wenigstens ein Foto von Warren haben?«
    Alle drei runzeln die Stirn. Kimberley Jones antwortet zögernd: »Klar, wir besorgen Ihnen eins. Es gibt jede Menge Bilder von ihm, ein paar auch im Weißen Haus. Stimmt’s?«
    »Ja, stimmt«, pflichtet Rosen ihr bei. »Aber sorgen Sie dafür, daß niemand auf die Idee kommt, es könnte von uns stammen.«
    »Ich stecke es in einen braunen Umschlag«, erklärt Kimberley Jones in sarkastischem Tonfall. Rosen kommentiert die Situation mit einem Blick, der zu sagen scheint: Habe ich das nötig?

26
    Nong sitzt neben mir, als die Krankenschwester meinen Verband wechselt. Solange die Schwester im Zimmer ist, reißt sie sich zusammen, doch sobald diese es verläßt, bricht sie in Tränen aus. Während sie sich die Augen trocknet, sagt sie: »Der dir das angetan hat, wird kein schönes Ende finden.«
    Das muß ich Ihnen erklären, stimmt’s? Sie sollten das folgendermaßen sehen: Allmählich werden Sie alt, Ihre Sünden häufen sich, aber Sie wissen nicht, wie Sie es angesichts der jämmerlichen Karten, die das Schicksal Ihnen in die Hand gegeben hat, anders hätten machen sollen, und jetzt müssen Sie sich mit der Unausweichlichkeit Ihres Karmas auseinandersetzen. Sie glauben, dieses Leben sei hart gewesen? Schauen Sie sich mal den beinlosen Bettler auf der Straße an. Der war im letzten Leben längst nicht so schlecht wie Sie in diesem, eigentlich war er verglichen mit Ihnen sogar ein Heiliger.
    Wenn der Schleier des Ich im Augenblick des Todes gelüftet wird, offenbart sich die Wirkung des Karmas in seiner erbarmungslosen Größe: Der Klumpfuß im nächsten Leben steht in direktem Zusammenhang mit dem Fußballfoul an Ihrem besten Freund; die riesigen Hasenzähne haben etwas mit Ihrem Zynismus zu tun; und Ihr früher Leukämietod läßt sich auf Ihre Habsucht zurückführen.
    Ein guter Tod ist der Wechsel in einen besseren Körper und in ein besseres Leben. Ein schlechter Tod macht angst. Du wirst kein schönes Ende finden ist somit ein mächtiger Fluch; im Vergleich dazu klingt Der Teufel soll dich holen wie ein Segen.
     
    Nong bleibt bei mir, als sie mir vorsichtig in einen Rollstuhl helfen und mich den Flur in Richtung Aufzug schieben, mit dem wir hinunter in den Garten fahren. Dies ist mein erster Ausflug, und ich bestehe darauf, neben der zischenden Bewässerungsanlage zu sitzen. Ich liebe es, den Sprühregen auf meinem Gesicht zu spüren, genieße die Reminiszenz an die Kindheit, in luxuriöserem Ambiente, als ich es je kannte. Ist das nur meine Phantasie, oder stellen wir uns alle vor, unsere ersten Lebensjahre inmitten von Blumen in einem Märchengarten verbracht zu haben? Es überrascht mich, daß meine Mutter meine Gedanken zu erraten scheint, denn sie ergreift lächelnd meine Hand. Jenseits der Mauer scharrt die Stadt vor sich hin wie ein Tier. Ich spüre den Widerwillen des Kranken gegen die Rückkehr ins normale Leben: Zwei Tage noch, dann lassen sie mich hinaus. Wahrscheinlich wäre es unmännlich, um eine Verlängerung des Aufenthalts zu bitten …
    Ein Pfleger bringt mir ein paar der Kunstbücher und legt sie auf einen Tisch neben meinem Stuhl. Wenig später gesellt sich Rosen mit einem Gesichtsausdruck zu mir, in dem Scham und karrierebedingte Paranoia gegeneinander ankämpfen. Einerseits überreicht er mir die Fotos vor meiner Mutter; andererseits befinden sie sich in einem braunen Umschlag ohne amerikanischen Adler oder irgendwelche anderen Hinweise auf seine Herkunft. Er bricht ziemlich unvermittelt wieder auf. Nach einer Weile verabschiedet sich Nong mit einer wenig überzeugenden Ausrede von mir. Ihr ist langweilig, und sie mag die sterile Atmosphäre des Krankenhauses nicht. Sie gehört auf die andere Seite der Mauer, in die vor Leben strotzende, vor sich hin scharrende Stadt.
     
    Jetzt, da ich Gelegenheit hatte, mir die Bilder anzusehen, frage ich mich, ob Rosen mir etwas klarmachen wollte: Warren mit Bush senior, Warren (zweimal) mit Clinton, Warren mit Bush junior, inzwischen älter und glatter. Ich hatte nicht erwartet, daß ein Schmuckhändler ein Mann aus Stahl sein würde, doch genauso wirkt er, als hätte ihn reine Willenskraft jedesmal wieder in den Rosengarten katapultiert. Clinton ist groß, Warren auch, aber schlanker. Er hat graublaue Augen und schütter werdendes hellbraunes Haar mit attraktiven grauen Strähnen. Mit seinem gleichmäßig gebräunten

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