Der Jadereiter
Qualität und setzt sich bei einem seiner nächsten Bangkok-Besuche mit Bradley in Verbindung. Bradley ist vermutlich erstaunt und überwältigt, daß sein Versuch die Aufmerksamkeit eines so bedeutenden Mannes erregt hat.
Er hofft, auf diese Weise Geld für sein Altenteil zurücklegen zu können. Er hat etwas, das Warren möchte, nämlich den direkten Kontakt zu örtlichen, vermutlich chinesischstämmigen Handwerkern, den künstlerischen Erben der hochkarätigen Jadegestalter, die 1949 vor den Kommunisten flohen. Natürlich hat Warren seine eigenen Handwerker, die besten der Welt, aber die kann er nicht für illegale Geschäfte einsetzen. Bradley könnte er sowohl als Schutzschirm als auch als Controller nutzen, der für Qualität nach amerikanischem Standard sorgt. Vergessen Sie nicht, hier geht es um Fälschungen. Sobald ein Museum oder ein Privatsammler einen Katalog veröffentlicht, beginnen Leute auf der ganzen Welt, die besten Werke zu kopieren und zu verkaufen. Es gibt keine wissenschaftliche Methode, um festzustellen, ob ein Jadestück echt ist – die Karbon-14-Analyse funktioniert genausowenig wie die Thermolumineszenz-Methode.« An Rosen gewandt: »Das habe ich alles gestern überprüft.«
Ich hebe den Blick. »Um Warrens Stücke exakt kopieren zu können, mußten Bradleys Handwerker doch das Original haben, oder?«
»Das dachten wir auch«, sagt Kimberley Jones. »Wir sind anfangs davon ausgegangen, daß Bradley eines der Stücke aus Warrens Sammlung an sich gebracht haben muß, aber die Theorie geht einfach nicht auf. Bradley konnte sich nirgends vor Warren verstecken, und wahrscheinlich hätte er das Stück auch nirgendwo zu einem halbwegs anständigen Preis verkaufen können. Solche Artefakte stehen im Blickpunkt der Öffentlichkeit; die Fachleute wissen genau, wem was gehört, sogar das Datum des Erwerbs. Nur Warren selbst konnte etwas aus der Warren-Sammlung verkaufen, egal, ob echt oder gefälscht.«
»Und«, fügt Nape hinzu, »glauben Sie wirklich, Warren würde Schlangen für einen Rachemord verwenden? Mit seinem Geld und seinen hiesigen Kontakten wäre es ein leichtes für ihn gewesen, Bradley um die Ecke bringen und es aussehen zu lassen, als wäre er eines natürlichen Todes gestorben. Er hätte sicher kein Interesse an großem Aufsehen gehabt.«
Schweigen, alle denken nach. Schließlich frage ich: »Was bedeutet der Ausdruck ›Tranche‹?«
»Stück, Teil. Wahrscheinlich heißt das hier, daß Warren das Experiment finanzierte und Bradley Teilzahlungen über einen seiner Mittelsmänner in Bangkok zukommen ließ. Wie viele Reiche ist Warren berüchtigt für seinen Geiz. Vermutlich waren die Beträge nie sehr hoch. Das große Geld würde Bradley erst erhalten, wenn es ihm gelang, eines von Warrens Stücken perfekt zu kopieren.«
»Ein merkwürdiges Spiel für einen so reichen Mann wie Warren.«
Rosen brummt: »Willkommen im amerikanischen Kapitalismus. Ein großartiges System. Sein einziger Nachteil ist, daß niemand je genug hat.«
Ich frage: »Der Jadereiter?« Verständnislose Blicke. Mit meiner Kraft am Ende, erlaube ich mir den Luxus, das menschliche Bewußtsein gegen den Busen des Buddha einzutauschen.
25
Internet und Revierklatsch halfen Pichai und mir, das zu entschlüsseln, was unser Colonel im Suff gefaselt hatte, auch wenn uns die tiefere Bedeutung verborgen blieb.
REMFs stand für »Rear Echelon Mother Fuckers« – eine Bezeichnung der amerikanischen Fronttruppen für die verachteten Offiziere, die in Saigon blieben und von dort aus den verheerenden Krieg organisierten. »The Other Theater« war Laos, wo die USA aufgrund internationaler Verträge eigentlich keinen Krieg führen durften, aber nichtsdestotrotz die heftigsten Bombenangriffe der Geschichte flogen. »Ravens« waren außergewöhnlich fähige amerikanische Piloten, die die REMFs haßten und sich freiwillig meldeten, von Long Tien in den grünen laotischen Bergen aus in geheimer Mission mit O-1-Aufklärungsflugzeugen zu starten, um die Position der nordvietnamesischen Truppen, die sich immer weiter nach Laos hineinbewegten, auszukundschaften. Die Bedeutung von »American Breakfast«, »eggs over easy« und »Pat Black« konnten wir leider nicht ergründen.
Irgendwie war es Vikorn gelungen, in Long Tien ein kleines Vermögen anzuhäufen. Einen großen Teil dieses Geldes verwendete er, um sich seinen Posten in der Royal Thai Police Force zu erkaufen. Es gab Gerüchte von Kontakten zur CIA, von dunklen
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