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Der Jadereiter

Der Jadereiter

Titel: Der Jadereiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Burdett
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Engländer dieses Lokal geführt, Mutter?«
    »Ewigkeiten. Ungefähr dreißig Jahre. Er wollte sich aus dem Berufsleben zurückziehen.«
    »Gerade in dem Moment, als du dich nach einem geeigneten Objekt umgesehen hast?«
    »Ich bete schon lange zu Buddha um Glück. Letzten Monat war ich zehnmal im wat, und ich entzünde jeden Tag Räucherstäbchen.« Sie sieht mich an. »Wir sind sanft mit ihm umgegangen, voller Mitgefühl.«
    »Mit wem arbeitest du zusammen, und warum hast du’s gemacht?«
    »Sonchai, bitte, ich bin eine ehrbare Frau im Ruhestand. Was ich getan habe, um mich irgendwie über Wasser zu halten und dir eine gute Ausbildung zu ermöglichen, gehört der Vergangenheit an, das weißt du.«
    »Und wie kannst du dir die Miete leisten?«
    Sie weicht meinem Blick lächelnd aus. »Ich habe einen Geschäftspartner.«
    »Wen?«
    »Das möchte ich dir im Moment noch nicht sagen. Siehst du denn nicht, daß ich beschäftigt bin?«
    »Tja, ich kann dir leider nicht helfen, sonst platzt die Wunde wieder auf.«
    Nachdem sie die Kiste Singha-Bier in die Bar geschleift hat, richtet sie sich auf. Mir wird klar, daß dies eine symbolische Geste war, die ihrem treuen Sohn ein Gefühl der Zuneigung entlocken sollte. Ein junger Mann in Shorts tritt mit vor Schweiß glänzender Brust aus dem hinteren Teil des Lokals und beginnt, die restlichen Bierkisten von der Straße hineinzuzerren. »Ich möchte nicht, daß du mir bei dem Bier hilfst, sondern bei meinen Plänen. Sie müssen vom örtlichen Polizei-Colonel abgesegnet werden, nachdem sie von einer verantwortlichen Person, die mich kennt und für mich bürgen kann, befürwortet wurden. Und da habe ich mir gedacht: Wer eignet sich besser für eine solche Unterschrift als der genialste Detective von Krung Thep? Am besten würde sie sich wohl machen, wenn noch ein hübscher Stempel von District 8 mit drauf wäre.«
    »Wieso District 8, das hier ist doch District 6 …« Ich halte mitten im Satz inne, weil ich plötzlich begreife. »Warum kann Vikorn die Dokumente nicht unterzeichnen, wenn du jemanden von District 8 brauchst?«
    Sie weicht zurück. »Er möchte nicht, daß sein Name auftaucht – sie werden’s verstehen, wenn sie sehen, daß du mein Sohn bist und in District 8 arbeitest.«
    »Und dieser District ist zufällig der deines neuen Geschäftspartners, des Colonel. Habt ihr das alles auf dem Krankenhausflur besprochen?«
    Sie läßt die Hand über ihre Haare gleiten. »Natürlich nicht. Wir haben uns beide große Sorgen um dich gemacht, und er hat mich angerufen, wenn er nicht selber zu dir ins Krankenhaus kommen konnte.«
    »Was immer der Fall war, außer einmal.«
    »Na ja, jedenfalls siehst du, wie wichtig du uns beiden bist.« Sie wirft den Kopf in den Nacken. »Ich habe ihm gesagt, daß ich gern ein Geschäft in der Stadt aufbauen würde, und er hat mir Geld für Investitionen angeboten, Risikokapital heißt das im Fachjargon. Es war einfach symbiotisch .« Sie verwendet das Wort ein wenig zögernd.
    »Was ist das für ein Kurs, den du gemacht hast?«
    »Vom Wall Street Journal. Man kann sich per Internet anmelden.«
    Vielleicht verstehe ich nicht viel von Wirtschaft, aber ich kenne die Straße gut genug, um zu wissen, daß hier kein Raum für eine weitere Girlie-Bar ist. Ich kenne auch Vikorn gut genug, um zu wissen, daß er in kein Projekt investieren würde, das nicht garantiert Profit abwirft. Ich beschließe, diplomatisch vorzugehen: »Was soll ich also machen?«
    Sie antwortet voller Enthusiasmus: »Nun, du kennst das Gewerbe genausogut wie ich. Ich dachte, wir reißen das alte Zeug hier raus, gestalten alles mit hübscher Beleuchtung, wählen ein nostalgisches Thema, und da hinten könnten wir eine kleine Bühne errichten …«
    Sie strahlt mich an. Ich begreife von Minute zu Minute mehr. »Du willst also auch die Räume im Obergeschoß nutzen, stimmt’s?«
    Wieder läßt sie die Hand über ihre Haare gleiten. »Na ja, es wäre doch dumm, wenn ich es nicht täte, oder? Wer würde es bei dem Schutz wagen, mich auffliegen zu lassen?«
    »Der Polizei-Colonel von District 6 zum Beispiel.«
    »Mein Partner hält das für unwahrscheinlich, aber danke, daß du dir Sorgen machst.«
    »Unwahrscheinlich? Warum? Ach, ich weiß, warum.«
    Mir fällt ein, daß der für den ausgesprochen lukrativen District 6 zuständige Colonel Predee einen Anteil an einem Kasino in District 8 hat und somit von Vikorn abhängig ist. Kein Wunder, daß es Vikorn geschafft hat, den

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