Der Jadereiter
vor einer Stunde mit dem Trinken aufgehört.
»Er hat auch im Einsatz Mut bewiesen.«
»Meinen Sie die Sache mit der amerikanischen Botschaft im Jemen? Hinterher hat er mich angerufen, das erste Mal seit zehn Jahren. Er hat vor Angst kaum ein Wort rausgebracht. Klar war sein Verhalten mutig, aber das hatte mit seinem Training zu tun. Warum, glauben Sie wohl, schicken die die Marines in den Ausbildungslagern durch die Hölle? Damit sie später reagieren wie auf Autopilot. Ich war stolz auf ihn, genau wie unsere Mutter, aber er hatte Angst. Das war das einzige Mal, daß er gesagt hat, er will vorzeitig aufhören. Ich vermute, er hat seine Auszeichnung gegen eine langfristige Berufung hierher eingetauscht. Nach Bangkok wollte er schon lange.«
»Warum?«
»Warum läßt sich ein Mann wohl hierherversetzen? Billy hatte bloß Sex im Kopf. Ich bin selber nicht prüde, ein Mann mittleren Alters sollte nur nicht die ganze Zeit daran denken. Bei Billy war das fast eine Besessenheit. Irgendwie paßte es aber zu ihm und seiner Ordentlichkeit, seiner Perfektion. Ich hab ihm gesagt: ›Billy, in dieser Welt ist Geld wichtig. Mit Geld hast du alle Möglichkeiten, aber wenn du die Kohle nicht in den Griff kriegst, beherrscht sie dich.‹ Vor fünf Jahren, als er das erste Mal über seinen Ruhestand nachgedacht hat, ist ihm endlich ein Licht aufgegangen.«
»Bei einer Freundin wie seiner hätten viele Männer nichts anderes im Kopf.«
Elijah sieht mich von der Seite an. »Macht Fatima Sie an?«
»Ist das ihr richtiger Name – Fatima?«
»Den hat sie mir jedenfalls genannt.« Bedächtiges Nicken. »Mir wäre die zu exotisch. Ich mag lieber was Bodenständiges, ’ne Mama, mit der ich Bier trinken kann und der’s nichts ausmacht, wenn ich beim Fernsehen furze. Die war mir irgendwie unheimlich.«
»Er muß oft über sie gesprochen haben.«
Elijah leert eine weitere Flasche. »Nein, kein einziges Mal. Wahrscheinlich hat er gemerkt, daß ich ihn in der Hinsicht ein bißchen seltsam fand. Ich hatte keine Ahnung, wer sie war oder wie sie aussah. Ich wußte ja nicht mal was von ihrer Existenz. Bloß eine Handynummer hatte ich, die er mir mal per E-Mail geschickt hat. Die habe ich von New York aus angerufen, nachdem ich von seinem Tod erfahren hatte. Es war sein Handy, aber ich dachte mir schon, daß er’s jemandem gegeben hat. Sie war dran und hat mir gesagt, sie würde sich in Bangkok in meinem Hotel mit mir treffen. Es war ihre Idee, daß wir uns das Kickboxen anschauen.«
»Ihre Adresse haben Sie nicht?«
»Nein, nicht mal ihre Telefonnummer. Ich hab’s noch mal mit der versucht, die ich kannte, aber eine thailändische Stimme hat mir gesagt, daß sie nicht mehr stimmt.«
»Zuerst waren Sie mit ihr zusammen, und dann sind plötzlich die Khmer aufgetaucht?«
»Die hat sie gerufen, als ich im Stadion ausgeflippt bin. Drei von denen sind auf Motorrädern angekommen. Sie ist mit einem weggefahren und hat mir die andern zwei mitgegeben, damit sie auf mich aufpassen. Ihre Freundin, die FBI-Frau, hat sich getäuscht: So übel waren die gar nicht. Ein bißchen undiszipliniert vielleicht.«
»Ich kann Ihnen garantieren, daß Sie keine Probleme kriegen, wenn Sie mir von den Plänen Ihres Bruders erzählen. Vielleicht hilft uns das, die Mörder aufzuspüren.«
»Ich hab mir schon gedacht, daß Sie das sagen würden. Wissen Sie, ich hätte sowieso kein Problem, weil ich nicht in die Sache verwickelt war, auch wenn Miss Hot pants anderer Meinung ist. Inzwischen riskiere ich keinerlei Einmischung von außen mehr, nicht einmal von meinen Blutsverwandten. Ich lasse mich nicht auf Geschäfte mit Anfängern ein, und Bill war ein Anfänger. Ich habe ihm bloß ein paar Ratschläge gegeben, die ihm Ärger ersparen sollten. Aber wahrscheinlich hat er sich nicht dran gehalten, was?«
»Was für Ratschläge?«
Elijah ist nicht so betrunken, wie er tut. Sein riesiger Körper hat nun zwölf Flaschen Bier intus, ohne daß das seine Wachsamkeit beeinträchtigen würde. »Tja, er ist tot. Jetzt kann ihm keiner mehr was. Er hatte so ’ne Idee, wie sich Meth ohne Risiko in die Staaten importieren läßt. Wie heißt das Zeug hier?«
» Yaa baa. «
»Genau. Toller Name, vielleicht sollten wir es auch so nennen. Er hatte Pläne, wie sich das yaa baa durch Hongkong, durch Schanghai, sogar durch Tokio schmuggeln läßt. Er war besessen von Details, dachte, er wüßte wegen seiner Arbeit für die Botschaften Bescheid, wie das mit der diplomatischen
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