Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Jahrtausendkaiser: Der Jahrtausendkaiser

Der Jahrtausendkaiser: Der Jahrtausendkaiser

Titel: Der Jahrtausendkaiser: Der Jahrtausendkaiser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
Vom Netzwerk:
nichts darauf.
    »Ich dachte mir schon, daß du in Freudengeheul ausbrechen würdest«, sagte Ernst sarkastisch. »Es gibt keinen Grund zur Freude«, zischte Radolf. » Mein Kopf steckt in der Schlinge.«
    »Unser aller Köpfe stecken drin!«
    Radolf stampfte wütend mit dem Fuß auf. »Was war in der Stadt?« fragte er schließlich.
    Ernst räusperte sich demonstrativ. »Ah, Prinzessin Dionisia. Und den Arm voller Kräuter. Unverzeihlich, daß wir hier herumstehen. Ich werde sofort zur Jagd ausreiten und ein zartes Reh für Eure Küche schießen.«
    »Es ist noch genügend von dem Wildschwein da, das Ihr mitgebracht habt«, rief Dionisia lachend. »Wenn Ihr uns den Weg in die Küche freigebt, kann die Zubereitung sofort beginnen.«
    Ihre flinken Schritte klapperten die Treppe hinab, gefolgt von dem müden Tritt der alten Frau. Sie lief mit lachendem Gesicht in die Küche hinein und lächelte Philipp an,der mit einem höflichen Nicken von dem Block herunterglitt, als wäre er niemals an einem anderen Ort gewesen.
    Ernst und Dionisia flankierten Radolf auf der einen Seite der Tafel; Philipp saß gegenüber auf einer Truhe, die er sich herangezogen hatte. Die alte Frau kauerte in der Ecke und wartete darauf, daß für sie ein paar Brocken abfielen. Dionisia hatte drei schlanke Kerzen gefunden, und Ernst steckte sie in Brotlaibe, zündete sie an und schob zwei davon vor Dionisias und Radolfs Platz.
    »Für den König und die Prinzessin«, sagte er grinsend, und Radolf verzog mürrisch das Gesicht, während Dionisia errötete und Ernst einen halb verlegenen, halb geschmeichelten Blick zuwarf. Philipp bekam keine Kerze; zu Hause hätte er als Truchseß seines Herrn eine erhalten. Sein Schmerz darüber blieb gering. Das sanfte Kerzenlicht schimmerte auf Dionisias Wangen, und die Kerze, die direkt vor ihr stand, spiegelte sich in ihren dunklen Augen. Sie trug ihr Haar wieder nach der Art der unverheirateten Frauen und Mädchen offen, aber sie hatte eine crispinette gefunden, die ihr Haar mit einem feinen Netz aus Silberdraht umfaßte und bei jeder Kopfbewegung fein aufblitzte. Sie lauschte den wilden Erzählungen, die Ernst mit der lässigen Attitüde des weitgereisten Abenteurers zum besten gab: von den gehörnten Zwergmenschen im Fernen Osten, die in Herden lebten und Bäume bewohnten; von Menschen mit Hundeköpfen und sechs Zehen und einäugigen Zyklopen; von den Silbertränen weinenden Amazonen am Fuß des Gebirges, das die Welt vom Garten Eden trennte; von den weisen Panthern in Indien, die mit ihrenKrallen Geburtshilfe leisten konnten; von den hundert Meter langen Schlangen im Urwald, die Musik liebten und deren Augen aus Edelsteinen bestanden; und von Bäumen, auf denen Wolle wuchs wie auf den Rücken von Schafen und die auf dieselbe Weise geerntet wurden. Dionisia drückte ihre romantische Bewunderung für die Schlangen aus und weigerte sich, an die Wollbäume zu glauben. Ihr Lachen und Kopfnicken ließen das Haarnetz aufleuchten, während der dunkle Glanz des Haares aufund niedertanzte.
    »Da pferchten sie uns also in die Schiffe«, erklärte Ernst, der auf dem Umweg über Indien bei seinen Erlebnissen während der Pilgerfahrt ins Heilige Land angekommen war. »Den Kaiser und seine Barone ebenso wie uns Ritter mit unseren Knappen. Niemand hat eine rechte Ahnung von den Verhältnissen an Bord: Hunderte von Männern pro Schiff und weit und breit kein Platz zum ... na ja ... haltet Euch die Ohren zu, Prinzessin: zum Kacken.« Dionisia hielt sich nicht die Ohren zu und kicherte mit vorgehaltener Hand, während sie so tat, als wäre sie entrüstet über Ernsts Wortwahl. »Wenn man in der Nacht mal mußte, hatte man entweder die Wahl, auf ein Dutzend Kameraden zu treten, bevor man das Heck erreichte und seinen Hintern in das Netz hängen konnte, das sie dort installiert hatten; oder man balancierte über die Ruderstangen nach hinten. Das paßte aber denen, die unter Deck an den Rudern saßen, überhaupt nicht, weil die Ruderstangen, über denen sie dösten, innen hochschnellten, wenn man außen darauf trat, und ihren Besitzern die herrlichsten Nasenstüber verpaßten. Was soll’s, ich war sowieso nicht so geschickt darin und stieg lieber einem anderen auf die Ohren, anstatt ins Wasser zu fallen. Als wir in Palästinaankamen (nach einer wahrlich beschissenen Reise), verweigerten die dortigen Christen uns ihren Beistand, weil der Kaiser ja vom Papst exkommuniziert war. Noch während wir nachdachten, was nun zu tun sei,

Weitere Kostenlose Bücher