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Der Jahrtausendkaiser: Der Jahrtausendkaiser

Der Jahrtausendkaiser: Der Jahrtausendkaiser

Titel: Der Jahrtausendkaiser: Der Jahrtausendkaiser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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gesucht haben und ist weggelaufen. Wenn Ihr mir gesagt hättet, ich solle auf ihn aufpassen, dann hätte ich ihn angebunden.«
    »Na ja«, brummte Ernst. »Er war sowieso der schwächste des ganzen Wurfs. Aber irgendwie war er mir ans Herz gewachsen.« Er machte eine abfällige Geste und stieg die Treppenstufen hoch. Dionisia sah ihm mit einem zärtlichen Gesichtsausdruck hinterher, als würde sie ermessen können, ob der Verlust des Hundes Ernst wirklich traf.
    Philipp wandte sich wieder zu Radolf um und wollte ihn drängen, sich sofort mit ihm zu besprechen. Aber derBurgherr hatte sich bereits umgedreht und stapfte schweigend hinter seinem ehemaligen Kampfgefährten die Treppe hinauf.
    Ernst Guett’heure im Saal von Radolfs Haus: Plötzlich wirkte der Saal zu klein für den Mann und die rastlose Art, mit der er auf und ab schritt, grob-lustige Bemerkungen äußerte und das Gebäude in Besitz nahm, ohne es zu merken. Es verlangte ihn nach Wein, denn der Vorrat in seinem Schlauch war schal und schmeckte »nach Ziegendarm, und zwar dem letzten Stück davon«; und die alte Frau stapfte mit wütenden Schritten in die Küche hinunter. Es hungerte ihn, und diesmal eilte Dionisia davon und brachte ihm eine Schüssel mit geröstetem Hafer und Pökelfleisch, die er mit hastigen Fingern leerte. Wenn er nicht aß oder trank, redete er darüber, wie er mit Philipp zusammengetroffen war und sie sich gegenseitig »um Haaresbreite an die Gurgel gefahren wären: Das heißt, ihm sträubten sich die Haare, und ich packte seine Gurgel«, und sein dröhnendes Lachen hallte mit einem falschen Echo von den Wänden des Saales wider. Ernst Guett’heure in Radolfs Saal: Ebenso plötzlich wurde es Philipp klar, daß er nun nicht mehr der erste Gast in diesem Haus war, und er kletterte in die Küche hinunter und wartete darauf, daß Ernst sich endlich zurückziehen würde.
    Zuletzt rief Dionisia nach der Alten, die mit finsterer Miene irgendwelchen Verrichtungen nachgegangen war, während Philipp auf dem steinernen Block in der Mitte der Küche saß und ihr dabei zusah. Die alte Frau verließ die Küche. Oben im Saal trat Schweigen ein. Philipp stieg langsam die Treppe hinauf, um mit Radolf zu sprechen, alser Ernsts Stimme hörte. Radolfs Gefährte schien vor der Kammer zu stehen, in der Radolf zu nächtigen pflegte. Ernst sprach halblaut, aber die Wendung des Treppenhauses trug seine Worte wie das Horn eines Bläsers zu Philipp hinunter.
    »Ich habe den Knappen nicht erwähnt, um dich zu ärgern«, sagte er.
    »Es fehlte nicht viel, und du hättest noch vor Dionisia über ihn gesprochen«, erwiderte Radolf.
    »Für wie dumm hältst du mich? Ich kann mir schon denken, daß du ihr irgendeine Geschichte über sein Verschwinden eingeblasen hast.«
    »Tatsächlich habe ich ihr gesagt, er hätte sich den Geißlern angeschlossen. Ich mußte schließlich auch den Leuten im Dorf eine Geschichte präsentieren.«
    »Den Geißlern?« prustete Ernst. »Eines muß man dir lassen, alter Freund: Wenn du dich wirklich einmal zu denken anstrengst, ist das Ergebnis immer eine Überraschung.«
    Philipp stand auf der Treppe und überlegte, ob er wieder zurück in die Küche gehen sollte. Das Gespräch war nicht für seine Ohren bestimmt. Er trat vorsichtig von einem Fuß auf den anderen. Gerade hatte er beschlossen, sich zurückzuziehen, als Radolf sagte:
    »Was ist so schlecht an dieser Idee? Innozenz muß den Geißlern an den Kragen gehen, bevor ihre Prophezeiungen von der Wiederkehr Christi und dem Kommen des tausendjährigen Reiches das ganze Volk aufmerksam machen. Das wird nicht ohne Tote abgehen. So wird sich der Bauerntrottel eben unter den Toten finden. Das heißt, wenn du ihn demnächst aufspüren kannst und dafür sorgst, daß er niemals wieder zum Vorschein kommt.«
    »Mach dir keine Sorgen.«
    »Mach dir keine Sorgen, pah! Der Kerl war mein Knappe; ich kann nicht zulassen, daß er sich so davonmacht, wie er es getan hat. Denk an den Schaden, den er angerichtet hat. Und denk daran, was für mich auf dem Spiel steht.«
    »Er kann sich verstecken wie eine Ratte, doch ich habe die richtigen Hunde für diese Ratte«, brummte Ernst. »Hör also endlich auf, ein saures Gesicht zu machen. Vielleicht freut es dich zu hören, daß das Kloster zufriedenstellend arbeitet, seitdem der alte Pergamentfresser tot ist. Ein oder zwei Betbrüder sind noch vorhanden, die der Abt für unzuverlässig hält, aber sie sind nicht mehr von Bedeutung.«
    Radolf erwiderte

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