Der Jahrtausendkaiser: Der Jahrtausendkaiser
erreichte ein Sendbote des Befehlshabers der Sarazenen unser Lager und bat darum, daß unser Herr Friedrich mit seinem Herrn al-Kamil in Kontakt treten wolle. Der Kaiser stellte eine Gesandtschaft aus seinen edelsten Rittern zusammen und schickte sie in das feindliche Lager. Was glaubt Ihr, wer an dieser Gesandtschaft teilnahm? Natürlich Radolf, der Held des christlichen Abendlandes, und meine unbedeutende Person.«
Dionisia klatschte begeistert in die Hände. »Vater, warum habt Ihr mir nie davon erzählt? Es ist so aufregend zu hören, was Ihr getan habt, als Ihr jung wart!« Philipp wandte den Blick von ihr ab und musterte Ernst mit erwachendem Interesse.
»Also«, fuhr dieser fort, »wir kommen in das Lager dieses Heiden, das sie in einem Stückchen Wald mitten in der Wüste aufgeschlagen haben. Eine Oase nennen sie so etwas. Außen herum nur Felsen und Steine und Sand, und plötzlich ist da ein Tümpel mit Wasser und einem Riesenhaufen schmutziger Heiden, die drumherum krakeelen. Es stehen eine Menge Zelte herum, große Zelte mit bunten Stoffbahnen und Troddeln daran, und kreischende schwarze Kinder wimmeln pudelnackt dazwischen umher, verfolgt von ebensolaut kreischenden schwarzen Weibern, die ebensowenig ...«, er brach ab und räusperte sich. »Wie auch immer, die Führer unserer Gesandtschaft, der Bischof von Dorset und der Großmeister der Deutschritter, machen sich auf zum Sultan der Sarazenen, um mit ihm zu sprechen. Es dauert eine ganze Weile, dieses Gespräch,weil sie dazu natürlich Dolmetscher brauchen, und wir stehen uns draußen die Beine in den Bauch, schwitzen unter unseren Rüstungen und beneiden die nackten Bälger. Plötzlich kommt so ein Riesenkerl von Heide auf uns zu, groß wie ein Baum und fett wie eine Sau.« Er blies die Backen auf und demonstrierte, wie der Sarazene ausgesehen hatte. »Als er ankam, sah es aus, als hätte eines ihrer Zelte zu wandeln begonnen. Er hat noch einen anderen Burschen im Schlepptau, so einen von diesen krummbeinigen, kleinen Kerlen, die Augen wie Kohlen haben und Zähne so schief wie das Gitter in einem Verlies. Bei dem hier konnte man es allerdings nicht sehen, denn er trug einen Helm mit einem geschlossenen Visier und einem Mondgesicht darauf. Der kleine Bursche schleppt jedenfalls einen gewaltigen Bogen mit sich herum und marschiert im Windschatten des Dicken. Der stellt sich vor uns auf und sagt ganz klar verständlich: ›Hier haben wir also die Blume der christlichen Ritterschaft.‹«
»Er wollte Euch etwas verkaufen«, sagte Dionisia hellsichtig. »Ja, wie die Hölle wollte er das«, entgegnete Ernst. »Er wollte uns beleidigen, dieses Mastschwein, das war alles. Stellt sich vor uns hin, verbeugt sich, dreht sich dann um zu ihrem verdammten Tümpel und tut ganz erstaunt, als er dort einen Haufen Gänse sieht, die im Wasser herumpaddeln. ›Oh‹, ruft er, ›oder ist das dort die Blume der christlichen Ritter? Also, die Ähnlichkeit ist wirklich verblüffende.‹
Ein paar von uns fingen zu murren an. Euer Vater trat einen Schritt nach vorn und wollte sein Schwert packen, aber die Waffen hatte man uns ja abgenommen, bevor wir das Lager betraten. Der Dicke schob die Lippen vor und betrachtete Radolf, als wäre er ein Straßenköter.
»Ich muß Euch berichtigen‹, sagte Radolf. ›Das dort drüben ist die Blume der sarazenischen Krieger.‹
›Oh, aber ja, selbstverständlich, erklärte Schmerbauch. ›Ein Irrtum. Das dort ist tatsächlich ein Kontingent unserer Krieger. Die christlichen Ritter‹, und er rupft einen Zweig mit Datteln vom nächsten Baum, ›habe ich hier in meiner Hand.‹ Und er schmeißt die verdammten Datteln den Viechern hin, und diese stürzen sich natürlich wie verrückt darauf und fressen sie alle mit großem Gezeter auf. Nach ein paar Augenblicken treiben nur noch die Fetzen der Datteln zwischen der Gänsescheiße herum.
Euer Vater sah aus, als würde er gleich platzen. Der Dicke sah sich um, bis er eine von diesen komischen roten Früchten fand, die bei den Heiden wachsen und die sie Punischer Apfel nennen. Er pflückte sie und schmiß sie ebenfalls ins Wasser. Dann sagte er zu Radolf: ›Das dort seid Ihr. Die Farbe stimmt auffällig mit der Eures Gesichtes überein. Und jetzt seht, was mit Euch passiert, wenn Euresgleichen nicht auf sarazenische Gänse, sondern auf wirkliche Krieger trifft.‹
Er schnappte, und das Eisengesicht sprang in die Höhe und fiel beinahe über seine eigenen Füße vor lauter Eifer, dem
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