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Der Jahrtausendkaiser: Der Jahrtausendkaiser

Der Jahrtausendkaiser: Der Jahrtausendkaiser

Titel: Der Jahrtausendkaiser: Der Jahrtausendkaiser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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und wogte dann wieder dorthin, von wo er gekommen war. Der einzige, der in der ganzen Geschichte eine Blessur davontrug (außer der getöteten Gans), war Radolf. Vor lauter Lachen tat ihm drei Tage der Bauch weh.« Ernst sah Radolf ins Gesicht und fragte: »Stimmt’s etwa nicht, alter Freund?«
    »Wenn du es sagst«, antwortete Radolf ohne die Spur eines Lächelns in seinem Gesicht. Ernst schüttelte amüsiert den Kopf und klopfte ihm dann auf die Schulter.
    Während seiner Erzählung hatte er scheinbar das Essen vergessen; jetzt langte er, noch immer fröhlich lächelnd, zu und häufte sich einen Batzen Fleisch auf die Brotscheibe, die vor ihm lag. Radolf sah währenddessen finster auf seine eigenen Hände nieder, die untätig auf dem Tisch lagen. Er wirkte, als sei seine Geduld mit Ernsts Erzählung schwer strapaziert worden. Philipp wandte den Blick von ihm ab und betrachtete Dionisia. Sie sah Radolf mit einer Mischung aus Vergnügen und gleichzeitigem Bedauern an. Offenbar fragte sie sich, warum erst ein alter Gefährte von Radolf hatte kommen müssen, damit sie diese Geschichte erfuhr. Als sie Philipps Blick bemerkte, warf sie ihm einscheues Lächeln zu. Ihre Wangen waren rot entflammt vor Lachen, und ihre Augen funkelten.
    »Da fällt mir noch was ein«, sagte Ernst mit vollem Mund. Radolf seufzte und fragte nach einer unangenehm langen Pause: »Und was ist das?«
    Ernst tat so, als würde er sich nicht an Radolfs unhöflichem Verhalten stören. Er wischte sich den Mund ab und sagte undeutlich: »In der Stadt läuft alles bestens. Sie haben wieder einen von den Kerlen gekriegt.«
    Radolf nickte verdrießlich.
    »Etwas mehr Begeisterung hätte ich schon erwartet«, erklärte Ernst enttäuscht. Er warf Philipp und Dionisia einen raschen Blick zu. »Wir sind jetzt so gut wie am Ziel«, sagte er schnell und halblaut.
    »So gut wie am Ziel«, stieß Radolf gequält hervor. »Verkauf das Fell nicht, bevor du den Bären gefangen hast.«
    »Was kann jetzt noch passieren ...«
    »Das hat es zuerst auch geheißen.«
    »Ich weiß; der verfluchte Verräter hätte uns beinahe zu Würmerfutter werden lassen.«
    »Sprich nicht so!« zischte Radolf, der sichtlich erblaßt war. »Was willst du? Der Kerl ist weg. Langsam solltest du dich wieder von einer Maus in einen Mann zurückverwandeln.«
    Radolf knurrte Ernst wütend an, aber dieser lehnte sich nur zurück und lächelte. Philipp lauschte dem Gespräch verständnislos. Auffällig waren die raschen, prüfenden Blicke, die Ernst ihm zuweilen zuwarf. Er versuchte, ein unbefangenes Gesicht zu machen. Während er sich mit vorgegebener Begeisterung dem Essen widmete, bemühte er sich, aus dem jetzigen Gespräch und dem, welches er vor dem Essen belauscht hatte, Schlüsse zu ziehen.
    »Du hast leicht reden«, brummte Radolf. »Du bist weit weg.«
    »Das hättest du auch haben können; aber nein, du mußtest ja unbedingt ...«, Ernst zuckte mit den Schultern und vertiefte sich wieder in sein Essen. Radolf starrte ihn mit hilflosem Zorn an. Seine Hände umklammerten die Tischplatte.
    »Von welchen Kerlen habt Ihr gesprochen?« erkundigte sich Philipp bei Ernst. Dieser fixierte ihn wieder mit seinem kühlen, nachdenklichen Blick. Überrascht erkannte Philipp diesmal, daß Ernst sich darüber klarzuwerden versuchte, ob er ihm trauen konnte. Ernst schoß einen Blick zu Radolf hinüber, aber er schien in dessen versteinerter Miene nichts lesen zu können.
    »Von den – Juden«, antwortete Ernst schließlich gedehnt. »Vor ein paar Tagen wurde einer von den Burschen in der Stadt verhaftet.«
    »Ich weiß«, erklärte Philipp erstaunt. »Ich habe es miterlebt.«
    Ernst sah ihn wie vom Donner gerührt an. »Na, da soll mir doch ... !« rief er und schlug mit der Faust auf den Tisch. Sein Gesicht verzog sich langsam zu einem Grinsen. »Da sitzt er mit einer Miene wie ein Unschuldsengel und hat die ganze Sache mit angesehen.«
    »Woher wißt Ihr davon?«
    »Ich war nicht in der Stadt, um mit den Schankdirnen und den Stallknechten zu verkehren«, erwiderte Ernst herablassend.
    »Also von höheren Kreisen.«
    »Wenn man so will. Der Judenkerl hatte eine Monstranz angekauft, die irgendein gewissenloser Dieb – wahrscheinlich auch ein Jude – aus einer christlichen Kirche gestohlen hatte. Ich hoffe, sie machen kurzen Prozeß mit ihm.«
    »Aber das ist eine Lüge.«
    »Was?«
    »Das mit der Monstranz.«
    Ernst setzte sich verblüfft zurecht und beugte sich dann über den Tisch, wie um Philipp

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