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Der Jahrtausendkaiser: Der Jahrtausendkaiser

Der Jahrtausendkaiser: Der Jahrtausendkaiser

Titel: Der Jahrtausendkaiser: Der Jahrtausendkaiser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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»Wenn ich Ihr wäre, würde ich wegbleiben.«
    »Und wenn Kühe Flügel hätten, müßten alle Menschen Dächer mit sich herumtragen, damit sie ihnen nicht auf die Köpfe kacken.«
    »Nein, ich meine es ernst«, erklärte der Pferdeknecht unbeeindruckt. »Wißt ihr, was heute nacht passiert ist?«
    Ich weiß es schon, aber ich bezweifle, daß du es weißt , dachte Philipp.
    »Die Dämonen sind zurückgekommen«, flüsterte der Pferdeknecht. »Sie fuhren aus der Erde und umtanzten eine Flamme, die in der Luft schwebte.«
    »Wer hat dir das erzählt? Das Wiesel, bevor es an der Schuppentür befestigt wurde?«
    »Nein. Wigald, der unsere Ziegen hütet, hat es während seiner Nachtwache gesehen.«
    »Ohne Zweifel können die Ziegen jedes seiner Worte bezeugen.«
    »Ihr müßt mir glauben«, sagte der Pferdeknecht drängend.
    »Also gut«, seufzte Philipp, um das Gespräch zu beenden.
    »Ich glaube dir.«
    Er konnte sich kein sonderliches Interesse an des Pferdeknechts Geschichte abzwingen. Ernsts Gefährten, die er in der Stadt zurückgelassen haben will, kampieren statt dessen im Wald. Na und?
    »Sie haben den Kadaver des Opfertieres gesucht«, flüsterte der Pferdeknecht. »Sie wollten sein Blut kosten.«
    Ich kann dir verraten, wer das Blut des Opfertieres gekostet hat , dachte Philipp, und seine Eingeweide schlugen einen deutlichen Purzelbaum.
    »Hier werden sich bald gräßliche Dinge ereignen. Denkt daran, was ich Euch über das Gespräch zwischen dem Herrn und dem Zauberer erzählt habe, und bringt Euch in Sicherheit. Der nächste Mond ist nicht mehr fern. Der Tod schreitet heran.«
    Aus einem Einfall heraus fragte Philipp: »Hast du das Zeichen auf die Mauer von Herrn Radolf gemalt?«
    »Welches Zeichen? Ist dort ein Zeichen sichtbar geworden?« Der Pferdeknecht bekreuzigte sich. »Was bedeutet es?«
    »Nicht so wichtig«, winkte Philipp ab. »Ich muß mich beeilen, wenn ich nicht in die Dunkelheit geraten will.«
    »Ihr solltet es Euch wirklich überlegen, ob Ihr zurückkommt«, sagte der Pferdeknecht kopfschüttelnd, aber er sagte es bereits zu Philipps Rücken.

Ein nasses Grab
    P hilipp kam bis kurz vor die Stadt, als das Gefühl ihn einzuholen begann; das Gefühl, das durch das Zeichen auf Radolfs Tor, seine entsetzte Erstarrung und durch das Geschwätz des Roßknechts ausgelöst worden war. Das Gefühl war eine Vorahnung. Etwas würde passieren. Der Vollmond rückte näher.
    Ein oder zwei Meilen kämpfte er dagegen, während sein Pferd langsamer wurde und vom Trab in den Schritt wechselte, ohne daß er es bemerkte. Er schalt sich selbst für seine Beklommenheit, denn er war sicher, daß es keine Vorahnungen gab und daß alles nur mit den seltsamen Umständen auf Radolfs Besitz und vor allem mit seiner Verwirrung wegen Dionisia zusammenhing. Er versuchte sich darauf zu konzentrieren, was er für Radolf – für Dionisia – unternehmen würde und ob er noch immer für Dionisias künftiges Wohl den Hals in die Schlinge zu stecken bereit war. Doch das Todeszeichen ließ sich nicht mehr aus seinem Hirn vertreiben. Schließlich zügelte er sein Pferd und blieb auf dem Weg stehen.
    Der Wald lag eine ganze Strecke hinter ihm; vor ihm sank die Sonne zur Stadt hin und beleuchtete die Wolkentürme, die sich im Nordwesten zu einem Nachtgewitter auftürmten. Die Glocke aus Rauch und Staub, die über Köln lag, war bereits undeutlich zu erkennen. Die Kammer im »Drachen« war noch vor Anbruch der Dunkelheit zu erreichen; der Hof Raimunds hingegen nichtmehr. Philipp wandte sich unschlüssig im Sattel um und trommelte mit den Fingern auf dem hohen Sattelrand herum. Den Rückweg zu Radolf würde er auf keinen Fall bewältigen, bevor die Nacht anbrach, und er wußte, daß er den Weg durch den Wald bei Nacht alleine nicht wagte. Aber die Beklemmung, die seine Beine unruhig machte und in seinem Magen ein juckendes Gefühl verursachte, ließ sich nicht abstellen. Radolf war nicht in der Lage, vernünftig auf irgend etwas zu reagieren, was geschehen mochte, und Dionisias Unbefangenheit heute morgen mußte aufgesetzt gewesen sein, so überzeugend sie auch gewirkt hatte. Einzig Ernst schien Vernunft genug zu besitzen in jenem unseligen Trio in Radolfs düsterem Haus, aber auch darauf wollte Philipp sich nicht verlassen. Weshalb er gerade von sich erwartete, mit klarem Kopf zu handeln, fragte er sich ebensowenig wie was es denn war, was auf Radolfs Besitz in dieser Nacht geschehen sollte. Er wandte das Pferd um und ließ es ein

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