Der Jakobsweg - El camino.
über meine Sinne war):
Sie ist wie eine Raupe. Steht am Wegesrand und wartet und wartet. Auf jemanden, der sie pflückt und verwandelt. Die Raupe verwandelt sich durch das Kokon, die Schmetterlingsblume durch einen Zeigefinger und einen Daumen. Zunächst ist sie hässlich und unscheinbar, doch wenn man Daumen und Zeigefinger zusammengepresst am Halm nach oben zieht, ergibt sich eine Blume, die nach wenigen Sekunden vergeht – wie ein Schmetterling nach wenigen Tagen.
16. September 2011 – León
Heute standen erneut 40 Kilometer nach León an. Riesig war meine Freude, als ich ankam. Ich kam von einem Berg runter und hatte León unten im Tal vor mir liegen. Ich jubelte, als ich ihn hinab stieg, denn wieder war eine Hürde des Caminos genommen.
Unterwegs sang ich mir laut Lieder von PUR, Wolfgang Petry, Matthias Reim und Fäägmeel vor, um nicht an die Strapazen zu denken. Schmerzen im Fuß hatte ich keine mehr, aber eine Blutblase auf dem zweiten Zeh des linken Fußes. Aber auch hier gilt: Blasen kann man behandeln, aber innere Schmerzen nicht, wenn ich beispielsweise eine Entzündung eines Muskels oder Ähnliches gehabt hätte.
Als ich mich in León in einer kirchlichen Albergue einquartiert hatte (der Camino war hier leider nicht gut ausgeschildert und deswegen sehr schwer zu finden), bat ich um eine Stadtkarte und fragte, wie ich mit dem Bus raus ins Kommerzzentrum komme, denn ich wollte mir eine neue Kamera kaufen. Dazu hatte ich schon im Internet recherchiert und in León einen Media Markt ausfindig gemacht. Ich fuhr also hinaus und kaufte mir eine neue Digitalkamera. Sie sollte einfach nur ihren Zweck erfüllen und bis Santiago halten.
Auf meinem Rückweg – ich war gerade ausgestiegen und wollte zurück in die Albergue, meine Wunden versorgen – traf ich Louise wieder. Sie hatte ihre braunen Leggins, ein weißes Top und ihre braunen UGS-Boots an und kam auf mich zu, fing an zu lachen und verabschiedete sich von den Bekannten, mit denen sie bis dahin unterwegs war. Ich freute mich sehr, sie wiederzusehen und wir gingen sogleich in ein Café. Wir sprachen darüber, wie unser Camino verlaufen war, seitdem wir uns in Logroño verabschiedet hatten. Dann gingen wir zurück zur Albergue, denn auch sie übernachtete dort. Auf dem Rückweg wetteten wir, wo der richtige Weg zu Herberge lang ging. Ich war den Weg erst einmal gelaufen, dachte, dass ich es wüsste. Sie war allerdings schon seit dem frühen Mittag in der Stadt und kannte den kürzesten Weg daher besser. Ich verlor, aber gewonnen hatte ich, dass ich sie am Abend zu einem Bier einladen durfte.
Zurück in der Albergue traf ich auch Matteo wieder. Schön, dass er immer noch unterwegs ist. Es tut gut, ihn ab und an zu treffen und mit ihm über unsere gemeinsamen Erlebnisse zu sprechen. Das gab uns Kraft, denn dann wussten wir, wie viel wir schon geschafft und geleistet hatten.
Als ich meine Wunden versorgt hatte, ging ich mit der neuen Kamera in die Stadt, um ein Foto von der Kathedrale zu machen, da ich mich daran erinnerte, dass Sepp von ihr begeistert erzählt hatte in Los Arcos. Da auch ich von der Begegnung mit Sepp noch sehr schwärmte, wollte ich auch dieses wunderschöne Bauwerk auf einem Foto besitzen. In der Kathedrale fand gerade eine Hochzeit statt, als ich sie betrat. Ich machte ein paar Fotos, setzte mich auf einen der Stühle und schrieb in mein Camino-Tagebuch. Innen war sie dunkler als die Kathedrale von Burgos, aber von außen wirklich schön.
Am Abend löste ich meinen Wetteinsatz ein und ging mit Louise ein Bier trinken. Uns fiel auf, dass wir noch nie zusammen gelaufen waren und so entschlossen wir uns, am nächsten Tag zusammen ein Stück des Weges zu gehen und zu schauen, wie wir harmonieren. Es konnte ja sein, dass es seinen Grund hatte, dass wir noch nie zusammen gepilgert waren.
Eine erneute Begegnung hatte ich heute mit Gott. Kurz vor Reliegos zogen schwarze Wolken auf und ich bat, dass er mit dem Regen warte, bis ich in Reliegos sei. Ich traf keine zwanzig Minuten später dort ein und trank in einer Bar einen Milchkaffee. Gerade als ich hinein ging, fing es an zu regnen. Da ich gut in der Zeit lag, gab ich dem Regen 30 Minuten, die ich warten würde. Nach einer Viertelstunde war der Schauer vorbei und ich konnte weitergehen. Perfekt!
17. September 2011 – Hospital de Orbigo
Heute brachen Louise und ich gemeinsam um 6:30 Uhr auf, als die Albergue ihre Pforte öffnete. Unser Ziel für heute: Hospital de Orbigo. Die
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