Der Janson-Befehl
Republiken Jugoslawiens sich selbstständig gemacht und angefangen hatten, aufeinander einzuschlagen. Er war immer der Ansicht gewesen, dass die Tschechen eine besonders hohe Meinung von sich hatten. Eine Meinung, die er nicht teilte.
Ein Mann, der ganz langsam vor dem Haus vorbeiging, fiel ihm auf: Ob Janson so tollkühn sein würde? Der Mann, allem Anschein nach ein Tourist, lehnte sich jetzt an das niedrige Geländer neben dem Kanal. Langsam zog er eine Landkarte heraus.
Ratko richtete sein Fernglas auf ihn; der Winkel war nicht gerade ideal, aber als er den schlanken Körperbau des Touristen und das kurze Haar sah, erkannte er, wie sehr er sich getäuscht hatte. Auch wenn Janson sich noch so geschickt verkleidete, als zwanzigjährige Frau würde er sicher nie durchgehen.
Wieder spürte Ratko Wärme in seinen Lenden aufsteigen.
Jansons Blick wanderte durch den elegant ausgestatteten Vorraum. Gemälde aus der holländischen Renaissance hingen mit geradezu zwanghafter Symmetrie in der Mitte von Quadraten, die von vergoldeten Schmuckleisten gebildet wurden. Der Kaminsims bestand aus kunstvoll geschnitztem, von blauen Adern durchzogenem Marmor. Alles passte perfekt in einen holländischen Palast: den neidischen Blicken des Pöbels entzogen, war hier kein Platz für die hehren Ideale der Sparsamkeit.
So weit, so gut, dachte er. Cooper hatte seine Sache hervorragend gemacht und in der albernen Uniform eine Rolle gespielt, bei der nicht viel gefehlt hatte, um zur Parodie zu werden. Seine Bewegungen waren steif und amtlich; sein Ausdruck erfüllt von serviler Wichtigkeit, Zoll für Zoll der ergebene Helfer eines sehr wichtigen Beamten. Janson selbst baute darauf, dass niemand die leiseste Ahnung davon hatte, wie der tschechische Außenminister aussah. Schließlich war der Mann erst seit zwei Wochen im Amt. Und sein Land stand auf der Liste von Unruheherden, die die Stiftung führte, nicht gerade an vorderster Stelle.
Keine Verkleidung war die beste Verkleidung: ein wenig Gel im Haar, eine Brille, wie sie augenblicklich in Osteuropa in Mode war, dazu ein Anzug, wie ihn Diplomaten auf dem ganzen Kontinent trugen ... und ein Auftreten, das abwechselnd liebenswürdig und herrisch wirkte. Dass Jansons Mutter Tschechin gewesen war, half natürlich, wenn auch in erster Linie, weil er deshalb im Stande war, sein Englisch mit auffällig tschechischem Akzent zu überlagern. In einem Land wie Holland erwartete man von einem tschechischen Diplomaten, dass er Englisch sprach.
Janson starrte jetzt die rothaarige Empfangsdame über seine runde Hornbrille an. »Und Peter Novak? Ist er auch hier?«
Die zierliche junge Frau lächelte verlegen. »Oh, nein, Sir. Er ist die meiste Zeit unterwegs, ständig in der Luft. Manchmal bekommen wir ihn wochenlang nicht zu Gesicht.«
Als Janson angekommen war, hatte er nicht gewusst, ob in der Stiftung vielleicht tiefe Trauer herrschen würde. Aber was Agger ihm gesagt hatte, traf immer noch zu: Sie hatten ganz offensichtlich keine Ahnung, dass ihrem verehrten Gründer etwas zugestoßen war. »Well!«, sagte Janson. »Er hält die ganze Welt in den Händen, ja?«
»Das könnte man so sagen, Sir. Aber seine Frau ist heute da. Susanna Novak. Sie hilft im NGO-Entwicklungsprogramm mit.«
Janson nickte. Novak legte großen Wert darauf, dass seine Familie im Hintergrund blieb und nicht ins Licht der Öffentlichkeit geriet, offenbar aus Sorge vor Entführung. Dass er persönlich stets präsent blieb, war für den Erfolg seiner Arbeit wichtig; aus diesem Zweck stellte er sich, wenn auch widerstrebend, den Medien. Aber er war kein Hollywoodstar und seine Familie keine Beute der Reporter: Das war über die Jahre hinweg die Botschaft gewesen, und im Großen und Ganzen hatten sich die Medien dieser Regel auch gefügt. Die Tatsache, dass sein Hauptsitz in Amsterdam lag, machte das leichter: Die ausgeprägt bürgerlichen Traditionen jener Stadt halfen mit, das Privatleben des großen Mannes zu schützen.
»Und was ist dort drüben?«
Er deutete auf einen Raum auf der linken Seite des Hauptflurs.
»Peter Novaks Büro«, sagte sie. »Wenn Mr. Novak in der Stadt wäre, würde er Sie sicherlich dort empfangen -er würde darauf bestehen.«
Sie öffnete die Tür und wies auf ein Gemälde an der gegenüberliegenden Wand. »Das Bild ist von van Dyck. Wunderschön, nicht wahr?«
Das Porträt zeigte einen Adeligen aus dem 17. Jahrhundert in gedämpften Braun- und Blautönen und wirkte dennoch seltsam
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