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Der Janson-Befehl

Titel: Der Janson-Befehl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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Serben und schnitt damit das Tau durch, befreite sie.
    Sie rutschte zu Boden, blieb mit dem Rücken an der Säule lehnen und war allem Anschein nach außerstande aufzustehen. Schließlich quälte sie sich in die Höhe, legte die Arme um die Knie, zog sie zu sich heran und stützte den Kopf darauf.
    Janson rannte zurück und kam gleich darauf mit dem weißen Hemd und der Khakihose wieder, die der Mann mit der goldgeränderten Brille getragen hatte.
    »Da, nehmen Sie«, sagte er. »Ziehen Sie sich das an.«
    Endlich hob sie den Kopf: Er sah, dass ihr Gesicht nass von Tränen war.
    »Ich verstehe das nicht«, sagte sie stumpf.
    »Am Museumplein neunzehn gibt's ein amerikanisches Generalkonsulat. Wenn Sie es dorthin schaffen, können die sich um Sie kümmern.« »Sie haben mich gerettet«, sagte sie mit ausdrucksloser Stimme. »Sie sind gekommen, um mich zu befreien. Warum?«
    »Ich bin nicht Ihretwegen gekommen«, brauste er auf. »Die wollte ich haben.«
    »Lügen Sie mich nicht an«, sagte sie. »Bitte, lügen Sie mich nicht an.«
    Ihre Stimme bebte. Sie schien unmittelbar vor dem Zusammenbruch zu stehen, und doch fing sie zu reden an, klammerte sich verzweifelt an die letzten Spuren ihrer Professionalität, sprach in ihrem gedehnten Südstaatenakzent. »Wenn Sie einen von denen ausfragen wollten, hätten Sie sich einen schnappen können und dann verschwinden. Aber das haben Sie nicht getan. Das haben Sie nicht getan, weil die mich dann umgebracht hätten.«
    »Sehen Sie zu, dass Sie zum Konsulat kommen«, sagte er. »Verfassen Sie einen Einsatzabschlussbericht. Sie kennen die Vorschriften.«
    »Geben Sie mir Antwort, verdammt noch mal!«
    Sie rieb sich die Tränen aus den Augen, rieb wie wild mit beiden Händen. Doch so mitgenommen sie auch war, konnte Janson doch erkennen, dass sie sich schämte, Schwäche und Verletzbarkeit gezeigt zu haben. Sie versuchte aufzustehen, aber ihre Beinmuskeln versagten ihr den Dienst, und sie sackte erneut zu Boden.
    »Wieso haben Sie Steve Holmes nicht erledigt?«
    Ihr Atem ging schwer. »Ich habe gesehen, was da passiert ist. Sie hätten ihn erledigen können. Hätten ihn erledigen sollen. Das ist Standardvorgehensweise, man erledigt den Mann. Aber Sie haben ihn bloß entwaffnet. Warum haben Sie das getan?«
    Sie hustete, strengte sich an, ein tapferes Lächeln zustande zu bringen, aber es sah eher aus, als würde sie gequält zusammenzucken. »Niemand setzt mitten in einer Schießerei eine gottverdammte Havahart-Falle ein!«
    »Vielleicht habe ich danebengeschossen. Oder die Munition war mir ausgegangen.«
    Sie schüttelte langsam den Kopf, ihr Gesicht hatte sich gerötet. »Sie glauben, dass ich die Wahrheit nicht vertragen kann? Also, ich weiß nicht, ob ich das kann. Ich weiß nur, dass ich im Augenblick keine weiteren Lügen mehr ertragen kann.«
    »Museumplein neunzehn«, wiederholte Janson.
    »Lassen Sie mich nicht hier allein«, sagte sie, und jetzt konnte sie die Angst nicht mehr aus ihrer Stimme verdrängen. »Ich habe Angst, klar? Diese Drecksäcke standen nicht in meinem Einsatzplan. Ich weiß nicht, wer diese Leute sind oder was sie wollen oder woher sie kommen. Ich weiß nur, dass ich Hilfe brauche.«
    »Das Konsulat wird Ihnen helfen.«
    Janson schickte sich an, wegzugehen.
    »Lassen Sie mich nicht allein, Paul Janson! Ich habe Sie dreimal hintereinander fast umgebracht. Das Wenigste, was Sie mir schulden, ist eine Erklärung.«
    »Melden Sie sich beim Konsulat«, erwiderte Janson. »Melden Sie sich zurück und machen Sie Ihren Job.«
    »Ich kann nicht. Verstehen Sie denn überhaupt nichts?«
    Plötzlich klang ihre Stimme belegt; die Frau, die versucht hatte, ihn zu töten, brachte kaum mehr einen Ton heraus. »Mein Job - mein Job ist es, Sie umzubringen. Aber das kann ich jetzt nicht mehr. Ich kann meinen Job nicht mehr erledigen.«
    S ie lachte bitter.
    Langsam, endlos langsam arbeitete sie sich hoch, stützte sich dabei an der Säule ab.
    »Hören Sie mir jetzt zu. Ich bin Ihnen im Regent's Park begegnet - Ihnen, einem Kerl, der mir eine verrückte Story aufbinden wollte: dass wir Cons-Op-Leute vielleicht in eine gewaltige ... eine gewaltige Manipulation hineingeraten wären. Dass der böse Junge, den wir erledigen sollten, in Wirklichkeit vielleicht gar kein böser Junge ist. Ich habe das nicht geglaubt, denn wenn das wahr wäre, dann wäre oben unten und unten oben. Können Sie das verstehen? Wenn man den Leuten nicht mehr vertrauen kann, die einem ihre Befehle

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