Der Janson-Befehl
beinahe Kommandoton. »Herr Jesus! Dafür gibt es einfach keine Entschuldigung. Da stehen wir ja schön da. Scheiße, es stimmt wirklich: Wenn man etwas richtig erledigen will, muss man es selbst tun. Ich meine, so ist mir im Augenblick zumute. Was ist denn aus unserer viel gerühmten Teameffizienz geworden?«
Wieder würde eine dumme, seelenlose Kugel einen Schädel zerschmettern, und ein weiteres Leben würde ausgelöscht sein, wegradiert, verwandelt in faulige, animalische Materie, aus der es sich aufgebaut hatte. Das war kein Fortschritt; das war das genaue Gegenteil.
Seine Gedanken wanderten zurück zu Theo Katsaris und den anderen: ausgelöscht, aber wofür? Ein Teil der Wut, die ihn erfüllte, wurde von einer anderen Wut verdrängt, Wut, die sich gegen ihn selbst richtete, ja. Aber was brachte das? Die Frau würde sterben - würde in einem luxuriösen Landhaus in der Lombardei sterben, in einem Land, das sie nie zuvor in ihrem Leben gesehen hatte. Sie würde von seiner Hand sterben, und das würde der einzige Augenblick echter Intimität zwischen ihnen beiden sein.
»Wo er ist? Wo? Zum Teufel, das kann ich Ihnen sagen«, herrschte Jessie Kincaid ihren unsichtbaren Gesprächspartner nach ein paar Augenblicken der Stille an. »Sie Hornochse, Sie meinen, ihr habt das wirklich noch nicht herausgebracht? Monaco, Mann. Das steht für mich absolut fest. Sie wissen doch, dass Novak dort ein Haus hat.«
Wieder eine Pause. »Janson hat das nicht ausdrücklich gesagt. Aber ich habe ihn gehört, wie er telefonisch mit seiner kleinen Freundin dort Witze gemacht hat, von wegen Bakkaratspielchen - Sie können sich's ja ausrechnen. Hey, ihr Jungs nennt euch doch Nachrichtendienst, warum versucht ihr dann nicht einmal, euren Verstand einzusetzen und ein paar Dinge herauszubekommen?«
Sie belog sie.
Log für ihn.
Janson ließ die Pistole sinken und verspürte eine Aufwallung von Erleichterung, die ihn fast schwindelig machte. Es überraschte ihn, wie eindringlich dieses Gefühl war. Man hatte sie gefragt, wo er sich befand, und sie hatte gelogen, um ihn zu schützen. Sie hatte gerade eine Entscheidung getroffen, hatte sich für ihn entschieden.
»Nein«, sagte sie. »Teilen Sie niemand mit, dass ich mich gemeldet habe. Das war jetzt ein privates Gespräch, klar? Bloß Sie und ich, Kumpel. Nein, ich habe nichts dagegen, wenn das auf Ihr Konto geht. Sagen Sie denen -was weiß ich denn? -, sagen Sie denen, dass ich irgendwo im Koma liege und dass die Krankenversicherung der Niederlande für die teure Behandlung aufkommt, weil ich keine Papiere bei mir hatte. Sagen Sie denen etwas in der Richtung, dann haben die es ganz bestimmt nicht eilig, mich in die Staaten zurückzuholen.«
Ein paar Minuten später schaltete sie ab, drehte sich um und war verblüfft, Janson in der Tür stehen zu sehen.
»Wer ist denn Ihr Kumpel?«, fragte er mit gelangweilt klingender Stimme.
»Der Teufel soll Sie holen«, erregte sie sich. »Sie haben mich bespitzelt? Der berühmte Paul Janson ein gottverdammter Spanner?«
»Ich bin runtergekommen, um mir ein Glas Milch zu holen«, sagte er.
»Scheiße«, meinte sie gedehnt und immer noch finster blickend. Schließlich sagte sie: »Das ist ein Schreibtischhengst mit einem fetten Arsch im State Department, Büro für Abwehrdienste. Aber ein netter Kerl. Ich glaube, er mag mich - zumindest wird er immer ganz rot, wenn er mich sieht. Aber er hat mir etwas Interessantes über Puma gesagt.«
»Puma?«
»Deckname für Peter Novak. Und ehe Sie fragen - Sie sind Falke. Aber die neueste Nachricht über Puma gibt mir zu denken. Die glauben nicht, dass er tot ist.«
»Was? Die warten doch nicht auf den Nachruf in der New York Times?«
»Es heißt, Sie hätten Geld genommen, um seinen Tod zu arrangieren. Aber Sie hätten es nicht geschafft.«
»Ich habe ihn sterben sehen«, sagte Janson niedergeschlagen und schüttelte den Kopf. »Herrgott, ich wünschte, es wäre nicht so. Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie sehr ich mir das wünsche.«
»Wow«, sagte sie. »Wie ... Sie wollen, dass der Hit auf Ihr Konto geht?«
»Ich fürchte, Ihre Kontaktperson nimmt Sie entweder auf den Arm oder, was wahrscheinlicher ist, er hat keine Ahnung.«
Er verdrehte die Augen. »Ihre Steuergelder im Einsatz.«
»Er hat erwähnt, dass er heute auf CNN zu sehen war. Haben wir hier CNN? Es wird sicher in den Headline News am Morgen wiederholt.«
Sie ging zu dem Großbildfernseher hinüber und schaltete CNN ein. Dann
Weitere Kostenlose Bücher