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Der Janson-Befehl

Titel: Der Janson-Befehl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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Was die internationalen Medien anging, so war dies eine andere Sache. Für die gelangweilten. Zuschauer im Westen war Unterhaltung das höchste Gut. Nun, der Kampf um die nationale Befreiung war nicht etwas, das zu ihrer Unterhaltung geführt wurde. Der Kalif wusste, wie die Menschen im Westen dachten, schließlich hatte er lange Zeit unter ihnen gelebt. Die meisten seiner Anhänger waren wenig gebildete Männer, die ihre Pflugschar gegen das Schwert vertauscht hatten; sie hatten noch nie in einem Flugzeug gesessen und wussten nur wenig von der Welt, nur das, was sie in den einer strengen Zensur unterworfenen Radiosendungen hören konnten.
    Der Kalif empfand Respekt für diese Reinheit ihres Denkens, aber seine Erfahrung reichte viel weiter, und das war auch notwendig: Es bedurfte der Werkzeuge eines Meisters, um das Haus des Meisters zu zerlegen. Nach dem Besuch der Universität von Haidarabad hatte er zwei Jahre an der University of Maryland verbracht und dort ein Diplom in den Ingenieurwissenschaften erworben; er hatte sich, wie er zu sagen pflegte, im Herzen der Finsternis aufgehalten. Die Zeit in den Staaten hatte den Kalifen - Ahmad Tabari, wie er sich damals nannte - gelehrt, wie die Menschen im Westen den Rest der Welt betrachteten. Sie hatte ihm die Bekanntschaft mit Männern und Frauen gebracht, die ein Leben der Macht und des Privilegs lebten, ein Leben, für das Langeweile die größte Gefahr bedeutete, und die deshalb in ihren Familien allabendlich darüber stritten, welches Fernsehprogramm eingeschaltet wurde. Für diese Menschen waren Orte wie Anura, Sri Lanka oder Libanon, Kaschmir oder Myanmar zu bloßen Metaphern verkümmert, Emblemen des sinnlosen Barba-rismus von Menschen, die nicht der westlichen Zivilisation angehörten. In jedem einzelnen dieser Fälle genoss der Westen die große Gabe des Vergessens; er hatte vergessen, wie komplex die Welt außerhalb des eigenen Elfenbeinturms war, und vergessen, um wie viel größer die eigene Barbarei war als die der anderen.
    Westler! Er wusste, dass sie eine Abstraktion blieben, gespenstisch, ja dämonisch für viele seiner Gefolgsleute. Aber für den Kalifen waren sie alles andere als eine Abstraktion, er konnte sie sehen und fühlen, denn er hatte sie gesehen und gefühlt. Er wusste, wie sie rochen. Da war beispielsweise die gelangweilte Frau eines jungen Dozenten, die er in seiner Universitätszeit kennen gelernt hatte. Bei einer Zusammenkunft der Universität für ausländische Studenten hatte sie ihn über sein hartes Los zu Hause ausgefragt, und er hatte bemerkt, wie ihre Augen sich bei seinen Erzählungen geweitet, ihre Wangen sich gerötet hatten. Sie war Ende der dreißig, blond und gelangweilt; ihr bequemes Leben war für sie ein Käfig. Aus einem Gespräch bei Punschbowle war auf ihr Drängen eine Einladung zum Kaffee am nächsten Tag geworden, und dann viel mehr. Was er ihr über die Verfolgung erzählt hatte, die er erlitten hatte, die Brandmale von Zigaretten auf seinem Oberkörper, hatte sie erregt; zweifellos hatte sie auch das Exotische an ihm erregt, obwohl sie nur zugeben wollte, dass seine »Intensität« auf sie attraktiv wirkte. Als er ihr gegenüber erwähnt hatte, dass man einmal Elektroden an seinen Genitalien befestigt hatte, war ihr Blick entsetzt und zugleich fasziniert gewesen. Ob davon irgendwelche Folgen zurückgeblieben waren, hatte sie ernst gefragt. Er hatte über ihr unverhohlenes Interesse gelacht und gemeint, sie könne das ja selbst beurteilen. Ihr Mann, mit seinem fauligen Atem und seinem entenartigen Watschelgang, würde noch mehrere Stunden nicht nach Hause kommen.
    An jenem Nachmittag vollzog Ahmad ein salat, das rituelle Gebet, ihre Körpersäfte immer noch an den Fingern. Ein Kopfkissenüberzug diente ihm als Gebetsteppich.
    Die Wochen darauf sollten für ihn ein Blitzkurs in westlichen Gewohnheiten werden und sich als mindestens ebenso wertvoll erweisen wie alles andere, was er in Maryland lernte. Er nahm sich weitere Geliebte und wurde von ihnen genommen, wenn auch keine von der anderen wusste. Sie äußerten sich geringschätzig über ihr verhätscheltes Leben, aber keine dieser Frauen hätte auch nur im Traum daran gedacht, ihren vergoldeten Käfig tatsächlich zu verlassen. Ein Auge dem bläulichen Schimmer des Fernsehschirms zugewandt, sahen sich diese verkommenen weißen Miststücke die Tagesereignisse an und fuchtelten gleichzeitig mit den Händen, damit die Nagelpolitur schneller trocknete. Nichts

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