Der Janson-Befehl
ihr Leben. Und obwohl Janson versuchte, das aus seinem Bewusstsein zu verdrängen, wusste er doch, dass auch er zu diesen Menschen gehörte.
Wenn Menschen nicht bereit waren, ihr Leben zu riskieren, um einen solchen Apostel der Erleuchtung zu retten, was sagte das dann über die Ideale des Friedens und der Demokratie aus, denen Novak sein eigenes Leben gewidmet hatte? Extremisten spotteten über die Westler und deren Grundsätze, die ihnen offenbar so wenig bedeuteten, und doch - war Extremismus im Dienste der Mäßigung nicht ein moralischer Widerspruch in sich? War das, was Janson dazu getrieben hatte, den Dienst zu quittieren, nicht genau die Erkenntnis jener Tatsache? Janson richtete sich abrupt auf. Es gab einen Weg - vielleicht.
»Wir werden Flugzeuge brauchen, Boote und, am wichtigsten, die richtigen Leute«, erklärte er Marta Lang. Sein Tonfall hatte sich in subtiler Weise verändert; das war nicht mehr die Stimme eines Mannes, der Informationen sammelte, das war eine, die Befehle erteilte. Er stand auf und ging stumm auf und ab. Der alles entscheidende Faktor würden Menschen sein, nicht Maschinen.
Marta Lang sah die anderen erwartungsvoll an; für den Augenblick zumindest war der grimmig-resignierte Blick verflogen.
»Ich meine ein Spitzenteam aus Spezialisten«, sagte er. »Die Besten, die es gibt. Für irgendwelche Trainingsübungen ist keine Zeit - es müssen Leute sein, die schon zusammengearbeitet haben, Leute, mit denen ich gearbeitet habe und denen ich vertrauen kann.«
Gesichter huschten an seinem inneren Auge vorbei, wie Fotos in einer Kartei, und er durchblätterte sie, sortierte die Kartei nach entscheidenden Kriterien, bis vier übrig geblieben waren. Jeder Einzelne war ein Mann, mit dem er in seiner früheren Karriere verbunden gewesen war. Von jedem Einzelnen war er fest überzeugt, dass er ihm sein Leben anvertrauen konnte; genauer gesagt, jeder Einzelne war jemand, der ihm sein Leben verdankte und der eine solche Ehrenschuld auch zurückzahlen würde. Und zufälligerweise war kein Einziger von ihnen Amerikaner. Das State Department würde aufatmen können. Er gab Lang die Liste. Vier Männer aus vier verschiedenen Ländern.
Plötzlich schlug Janson mit der flachen Hand auf den Tisch. »Herrgott!«, schrie er beinahe. »Was denke ich denn? Sie müssen den letzten Namen streichen - Sean Hennessy.«
»Ist er tot?«
»Nicht tot. Hinter Gittern. Im Gefängnis Ihrer Majestät. HMP Wormwood Scrubs. Er ist vor ein paar Monaten in eine Waffengeschichte geraten. Unter Verdacht, der IRA anzugehören.«
»Und stimmte das?«
»Zufälligerweise nein. Er hat schon seit seinem sechzehnten Lebensjahr nichts mehr mit der IRA zu tun, aber die Militärpolizei hat seinen Namen trotzdem in ihren Akten weitergeführt. Tatsächlich war er für die Sandline Ltd. tätig - um die Demokratische Republik Kongo weiter hinsichtlich ihrer Koltanlieferungen abzusichern.«
»Ist er für das, wozu Sie ihn brauchen, der beste Mann?«
»Ich würde lügen, sollte ich das Gegenteil behaupten.«
Lang tastete ein paar Ziffern in eine Telefonkonsole und führte einen Hörer zum Ohr.
»Hier Marta Lang«, sagte sie präzise und abgehackt. »Marta Lang. Bitte bestätigen.«
Sechzig lange Sekunden verstrichen. Schließlich redete sie weiter. »Sir Richard, bitte.«
Die Nummer, die sie gewählt hatte, war ganz offenkundig nicht allgemein bekannt; die Person am anderen Ende hatte nicht gefragt, ob es sich um einen Notfall handelte, das ergab sich wohl automatisch. Die Bestätigung, die Marta Lang verlangt hatte, umfasste zweifellos eine Analyse ihres Stimmabdrucks und eine Telefonpeilung der ANSI-Signatur, die jede nordamerikanische Telefonleitung besitzt, auch solche, die über Satellit laufen.
»Sir Richard«, sagte sie, und ihre Stimme wurde etwas weniger frostig, »ich habe den Namen eines Strafgefangenen - Sean, S-E-A-N, Hennessy, zwei N, zwei S. Vermutlich SIB-Verhaftung, etwa drei Monate zurückliegend. Status: dem Haftrichter vorgeführt, nicht verurteilt, wartet auf seinen Prozess.«
Ihre Augen suchten die Jansons, verlangten eine Bestätigung, und Janson nickte.
»Wir brauchen ihn. Er muss sofort freigelassen werden und mit einer Maschine nach.«
Sie hielt inne, überlegte. »In Gatwick steht ein LF-Jet. Sorgen Sie dafür, dass er sofort an Bord gebracht wird. Rufen Sie mich innerhalb einer Dreiviertelstunde an und nennen Sie mir seine geschätzte Ankunftszeit.«
Janson schüttelte staunend den Kopf. »Sir
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