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Der Janusmann

Der Janusmann

Titel: Der Janusmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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nichts. Absolut nichts. Ließ ihn nur etwas zurücktaumeln. Er schüttelte den Kopf und schlug mir ins Gesicht. Ich sah seine Faust kommen und bemühte mich, die Wirkung dieses Schlags abzuschwächen. Ich nahm den Kopf zurück und riss den Mund weit auf, um keine Zähne zu verlieren. Weil mein Kopf sich rückwärts bewegte, wurde sein Schlag etwas abgeschwächt, aber ich hatte trotzdem das Gefühl, mit einem Zug zusammenzustoßen. Mir wurde schwarz vor Augen, und ich krachte mit dem Rücken auf den Asphalt. Die Luft wurde mir aus der Lunge gepresst, und ich fühlte Blut aus meinem Mund rinnen. Mein Hinterkopf schlug auf den Boden. Der Himmel über mir wurde dunkel.
    Ich versuchte mich zu bewegen, aber ich glich einem Wagen, dessen Motor nicht beim ersten Versuch anspringt. Klick … nichts. Ich verlor eine halbe Sekunde. Mein linker Arm war so schwach, dass ich nur den rechten benutzen konnte. Damit stemmte ich mich halb hoch. Dann zog ich die Beine an und rappelte mich auf. Mir war schwindlig. Ich schwankte benommen. Paulie stand da, beobachtete mich und grinste.
    Ich erkannte, dass er sich mit mir Zeit lassen, dass er wirklich seinen Spaß haben wollte.
    Ich hielt Ausschau nach den Revolvern. Sie lagen wie zuvor hinter ihm. Ich konnte sie nicht erreichen. Ich hatte ihn sechsmal getroffen, und er lachte mich aus. Er hatte mich dreimal getroffen, und ich war schwer angeschlagen, praktisch erledigt. Ich würde hier in Abbot, Maine, an einem trüben Samstagmorgen Ende April sterben. Und eine Stimme in mir sagte: He, irgendwann müssen wir doch alle abtreten. Welche Rolle spielt’s also, wo und wann? Aber eine andere, die mich mein Leben lang beflügelt hatte, ließ nicht locker und feuerte mich zornig an: Du willst dich doch nicht von diesem Idioten unterkriegen lassen?
    Ich verfolgte diese stumme Auseinandersetzung aufmerksam. Traf meine Entscheidung, spuckte Blut aus, atmete tief durch und riss mich ein letztes Mal zusammen. Mein Mund, mein Kopf, meine Schulter, meine Brust taten weh. Mir war übel und schwindlig. Ich spuckte nochmals aus. Fuhr mit der Fingerspitze über die Zähne. Das war ein Gefühl, als lächelte ich. Also sieh dir die positive Seite an. Ich hatte keine tödlichen Verletzungen – noch nicht. Ich war nicht angeschossen. Deshalb lächelte ich wirklich, spuckte zum dritten Mal aus und sagte mir: Okay, dann wollen wir wenigstens kämpfend untergehen.
    Auch Paulie lächelte. Er hatte Blut im Gesicht, sah aber ansonsten völlig normal aus. Seine Krawatte war nicht verrutscht. Er trug noch seine Anzugjacke. Er beobachtete, wie ich mich aufraffte. Lächelte breiter. Duckte sich wieder und streckte mir seine Hände wie Krallen entgegen. Scharrte erneut mit den Füßen wie ein angriffslustiger Stier. Ich rechnete mir aus, dass ich ihm noch einmal, vielleicht zweimal, mit viel Glück sogar dreimal würde ausweichen können. Aber dann wär’s vorüber. Tod in Maine. An einem Aprilsamstag. Ich stellte mir Dominique Kohl vor und sagte: Ich hab’s versucht, Dom, ich hab’s wirklich versucht. Ich sah Paulie tief Luft holen und sich in Bewegung setzen. Er wandte sich ab. Ging drei Meter zurück. Machte kehrt. Dann kam er auf mich zugestürmt. Ich wich aus. Sein Jackett streifte mich, als er an mir vorbeischoss. Aus dem Augenwinkel sah ich Richard und Elizabeth, die alles aus der Ferne verfolgten. Ihre Münder standen offen, als wollten sie sagen: Ave, Cäsar, die Todgeweihten grüßen dich! Paulie warf sich herum und kam erneut auf mich zugerannt.
    Aber dann verzettelte er sich, und ich erkannte, dass ich zuletzt doch siegen würde.
    Er versuchte, mich in Kampfsportmanier mit einem Tritt zu erledigen, was ungefähr das Dümmste ist, was man bei einem Zweikampf auf der Straße tun kann. Sobald man einen Fuß in der Luft hat, ist man aus dem Gleichgewicht und deshalb verwundbar. Damit beschwört man seine Niederlage geradezu herauf. Er kam mit zur Seite gedrehtem Körper wie irgendein Kung-Fu-Idiot im Fernsehen auf mich zugestürmt. Sein Fuß war hoch in der Luft, und er zielte mit dem Absatz seines riesigen Schuhs, den er parallel zum Erdboden hielt, auf meinen Kopf. Hätte er mich getroffen, wäre ich zweifellos tot gewesen. Aber er traf mich nicht. Ich wich zurück, packte seinen Fuß mit beiden Händen und riss ihn ruckartig nach oben. Kann ich hundertachtzig Kilo stemmen? Nun, das wirst du gleich sehen, Arschloch. Ich legte meine ganze Kraft in diesen Ruck, mit dem ich seinen Fuß in die Höhe riss und

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