Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Janusmann

Der Janusmann

Titel: Der Janusmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
Vom Netzwerk:
hier?«
    »Ich bin seine Geschäftsführerin.«
    Ich packte ihren Blusenkragen fester, hob die Beretta und kratzte mich mit der Pistolenmündung an der Wange. Ich dachte an Angel Doll, John Chapman Duke, zwei Leibwächter, deren Namen ich nicht einmal wusste, und Paulie. Ich rechnete mir aus, dass es mich nicht allzu viel kosten würde, auch Emily Smith auf die Verlustliste zu setzen. Ich drückte die Waffe an ihren Kopf. In der Ferne war ein auf dem Flughafen startendes Flugzeug zu hören. Ich konnte einfach auf die nächste Maschine warten und dann abdrücken. Niemand würde etwas hören. Und sie hatte es wahrscheinlich verdient.
    Vielleicht aber auch nicht.
    »Wo ist er?«, fragte ich.
    »Keine Ahnung.«
    »Wissen Sie, was er vor zehn Jahren getan hat?«
    Leben oder sterben, Emily. Wusste sie es, würde sie es bestimmt sagen. Aus Stolz oder um zu beweisen, dass sie dazu gehörte, oder nur, um sich wichtig zu machen. Und wenn sie es wusste, hatte sie den Tod verdient.
    »Nein, das hat er mir nie erzählt«, sagte sie. »Und vor zehn Jahren habe ich ihn noch nicht gekannt.«
    »Sind Sie sicher?«
    »Ja.«
    Ich glaubte ihr.
    »Wissen Sie, was mit Becks Dienstmädchen passiert ist?«, fragte ich.
    »Mit wem?«, fragte sie zurück. »Nein, was?«
    Ich atmete aus.
    »Okay«, sagte ich.
    Ich steckte die Beretta wieder ein, ließ den Blusenkragen los, drehte sie um und umfasste ihre beiden Handgelenke mit der linken Hand. Wischte mit der rechten Hand das Telefon zu Boden, stellte einen Fuß darauf und riss das Kabel heraus. Dann schob ich sie vor mir her in das linke Büro und quer durch den Raum zu der kleinen Toilette. Stieß sie hinein.
    »Die Anwälte von nebenan sind schon weg«, erklärte ich. »Bis Montagmorgen ist das Gebäude menschenleer. Sie können also kreischen, so viel Sie wollen, es wird niemand hören.«
    Sie sagte nichts. Ich schloss die Tür hinter ihr, wickelte die Telefonschnur eng um den Türknauf, öffnete die Bürotür so weit wie möglich und verknotete das andere Ende um die Klinke. Jetzt mochte die Blondine ein ganzes Wochenende lang an der Toilettentür zerren, ohne sich befreien zu können. Niemand kann ein Elektrokabel durch Zug in Längsrichtung zerreißen. Ich schätzte, dass sie nach ungefähr einer Stunde aufgeben und und versuchen würde, sich irgendwie die Zeit zu vertreiben.
    Ich setzte mich an ihren Schreibtisch. Eine Geschäftsführerin würde vermutlich interessante Akten haben. Aber das war nicht der Fall. Der beste Fund war eine Fotokopie der Bestellung beim Partyservice Keast & Maden. Achtzehnmal irgendwas zu fünfundfünfzig Dollar. Unten hatte jemand einen handschriftlichen Vermerk angebracht, der von einer Frau stammte. Vermutlich von Emily Smith selbst. Der Vermerk lautete: Lamm, nicht Schwein! Ich drehte mich auf dem Stuhl um und betrachtete das Cocktailkleid an der Wandgarderobe. Dann sah ich auf die Armbanduhr. Die zehn Minuten waren um.
     
    Ich fuhr mit dem Aufzug in die Garage hinunter und verließ sie unbemerkt vom Wachmann durch einen rückwärtigen Notausgang. Ich machte eine Runde um den Block und näherte mich Duffy und Villanueva von hinten. Ihr Wagen parkte an einer Ecke. Sie starrten durch die Windschutzscheibe nach vorn. Als ich die hintere Tür öffnete und auf den Rücksitz glitt, drehten die beiden sich erschrocken um und machten enttäuschte Gesichter. Ich schüttelte den Kopf.
    »Weder sie noch er«, sagte ich.
    »Jemand hat sich am Telefon gemeldet«, verkündete Duffy.
    »Eine gewisse Emily Smith«, entgegnete ich. »Seine Geschäftsführerin. Aus ihr war nichts rauszukriegen.«
    »Was hast du mit ihr gemacht?«
    »In die Toilette gesperrt. Sie ist bis Montag außer Gefecht.«
    »Sie hätten sie unter Druck setzen müssen«, meinte Villanueva. »Ihr die Fingernägel ausreißen sollen.«
    »Nicht mein Stil«, sagte ich. »Aber es steht Ihnen frei, es zu tun. Sie ist oben. Sie läuft nicht weg.«
    Er schüttelte nur den Kopf und blieb sitzen.
    »Was machen wir jetzt?«, fragte Duffy.
     
    »Was machen wir jetzt?«, fragte Kohl.
    Wir, Kohl, der Militärrichter und ich, hockten weiterhin in dem Fahrzeug der Telefongesellschaft. Frasconi hatte den Syrer abgeführt. Kohl und ich zermarterten uns das Gehirn, und der Richter versuchte, sich von dieser Pleite zu distanzieren.
    »Ich war nur als Beobachter hier«, sagte er. »Ich kann Sie nicht juristisch beraten. Damit geriete ich in einen Interessenskonflikt. Und ich wüsste auch nicht, wozu ich Ihnen raten

Weitere Kostenlose Bücher