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Der Janusmann

Der Janusmann

Titel: Der Janusmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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darum, die Hand des Gegners mit Arm- und Schulterkraft flach auf den Tisch oder die Matte zu drücken. Das war unmöglich zu schaffen. Nicht gegen dieses Ungetüm. Aussichtslos. Ich würde Mühe haben, meine eigene Hand oben zu behalten. Dshalb versuchte ich nicht einmal, gegen ihn zu gewinnen. Ich drückte lediglich. Eine Million Jahre menschlicher Evolution haben uns den Daumen beschert, mit dem wir zangenartig Druck ausüben können. Ich brachte seine Knöchel in eine Linie und zerquetschte sie unbarmherzig. Meine Hände sind sehr kräftig. Ich konzentrierte mich darauf, meinen Arm gerade zu halten. Starrte ihm in die Augen und quetschte seine Hand, bis ich spürte, dass die Knöchel nachgaben. Dann drückte ich fester zu. Und noch fester. Er gab nicht auf. Er war ungeheuer stark. Der Druck ließ nicht nach. Ich schwitzte und keuchte vor Anstrengung, nur um nicht zu verlieren. So blieben wir eine Minute lang zitternd im Gleichgewicht. Ich drückte fester zu. Beobachtete, wie sich das auf seinem Gesicht abzeichnete. Dann drückte ich noch ein wenig fester zu.
    Das macht sie fertig. Wenn sie glauben, es könnte nicht mehr schlimmer werden, wird’s schlimmer. Und noch schlimmer, als rastete jedes Mal eine Sperrklinke ein. Schlimmer und noch schlimmer, als erwartete sie ein Universum aus Schmerzen, die sich erbarmungslos steigern und steigern . Sie fangen an, sich auf ihre Schmerzen zu konzentrieren. Und dann beginnt die Erkenntnis in ihrem Blick zu flackern. Sie wissen, dass ich sie betrüge, und erkennen, dass sie nichts dagegen tun können. Sie können nicht einfach sagen: Er tut mir weh! Das ist unfair! Dann wären sie der Schlappschwanz, nicht ich. Und das würden sie nicht ertragen. Also schlucken sie’s herunter und fragen sich besorgt, ob die Schmerzen sich noch steigern können. Und das können sie. Garantiert.
    Ich starrte in Paulies Augen und drückte noch fester zu. Schweiß machte seine Haut rutschig, sodass meine Hand sich mühelos über seiner schloss, sie mehr und mehr zerquetschte. Es gab keinen durch Reibung verursachten brennenden Schmerz, der ihn hätte ablenken können. Der Schmerz war allein in den Fingerknöcheln konzentriert.
    »Genug«, rief Duke. »Das ist ein Unentschieden.«
    Ich lockerte meinen Griff so wenig wie Paulie seinen Druck verringerte. Sein Arm war hart wie ein Baumstamm.
    »Genug, hab ich gesagt!«, rief Duke. »Ihr Arschlöcher habt noch zu arbeiten.«
    Ich hob den Ellbogen, damit Paulie mich nicht in letzter Sekunde überrumpeln konnte. Er sah weg und zog seinen Arm von der Bank. Wir ließen beide los. Seine Hand war rot und weiß gefleckt. Mein Daumenballen brannte wie Feuer. Paulie stand auf und verließ wortlos den Fitnessraum. Ich hörte seinen schweren Schritt auf der hölzernen Kellertreppe.
    »Das war echt dämlich«, sagte Duke. »Du hast dir gerade einen weiteren Feind gemacht.«
    Ich war außer Atem. »Was, hätte ich absichtlich verlieren sollen?«
    »Das wäre besser gewesen.«
    »Nicht meine Art.«
    »Dann bist du blöd«, meinte er.
    »Du bist der Chef des Sicherheitsdienstes«, sagte ich. »Du musst ihn dazu bringen, sich wie ein Erwachsener zu benehmen.«
    »Das ist nicht einfach.«
    »Dann sieh zu, dass du ihn loswirst.«
    »Auch das ist nicht einfach.«
    Ich stand langsam auf. Krempelte den Hemdsärmel herunter und knöpfte die Manschette zu. Sah dabei auf meine Armbanduhr. Schon fast sieben Uhr. Die Zeit verrann.
    »Was mache ich heute?«
    »Du fährst einen Kleinlaster«, antwortete Duke. »Den kannst du doch fahren, oder?«
    Ich nickte, weil ich nicht nein sagen konnte. Als ich Richard Beck gerettet hatte, war ich mit einem Lieferwagen unterwegs gewesen.
    »Ich muss noch mal duschen«, sagte ich, »und brauche saubere Klamotten.«
    »Sag’s dem Dienstmädchen«, knurrte er müde. »Ich bin nicht dein verdammter Kammerdiener.«
    Er warf mir noch einen kurzen Blick zu, verschwand dann in Richtung Treppe und ließ mich im Keller allein. Ich reckte mich, atmete keuchend und schüttelte meine Hand, um die Verkrampfung zu lösen. Dann nahm ich mein Sakko und machte mich auf die Suche nach Teresa Daniel. Theoretisch konnte sie irgendwo hier unten eingesperrt sein, aber ich fand sie nicht. Das Kellergeschoss bestand aus einem Labyrinth von Räumen, die in den Fels hineingesprengt oder aus ihm herausgebrochen waren. Es gab einen Heizungsraum mit einem laut arbeitenden Kessel und einem Gewirr aus isolierten Rohren. Dann eine Waschküche, in der eine große

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