Der Judas-Code: Roman
Insel teilten, nicht nur zweibeinige Fleischvorräte bekommen. Aus dieser Höhe hatte Monk freie Sicht auf die dunkle Lagune. Das Kreuzfahrtschiff leuchtete wie eine durchweichte Hochzeitstorte. Dorthin wollte ihre kleine Truppe.
Offenbar waren die Kannibalen von der Hexenkönigin Rangda dermaßen fasziniert, dass sie ihr jeden Wunsch von den Augen ablasen.
Und Rangda wollte aufs Schiff.
Ihre Wünsche und Befehle wurden vom jungen Jessie übersetzt. Er sprach Malaiisch, und da dies die offizielle Handelssprache der Piraten war, verstanden ihn die meisten Kannibalen. Es beeindruckte
sie sehr, dass der Krankenpfleger sich mit der Königin unterhalten und ihnen Rangdas Wünsche verständlich machen konnte. Sie hatte ihren Mittler sogar auf die Wange geküsst und ihn damit gesegnet.
Niemand wagte es, ihm zu widersprechen.
Auch wenn Jessie eine zentrale Bedeutung für die Unternehmung hatte, stammte der Plan doch allein von Monk.
Er wandte dem Kreuzfahrtschiff den Rücken zu. Da die Lagune mit Sicherheit überwacht wurde, wäre es aussichtslos gewesen, das Schiff mit dem Boot erreichen zu wollen. Schwimmen kam ebenfalls nicht in Frage. Im Wasser blitzte es immer wieder auf. Der Sturm hatte die Wasserbewohner in Aufregung versetzt, und jetzt jagten sie im Flachen.
Somit blieb nur noch eine Möglichkeit.
Monk kletterte noch ein Stück weiter, bis zum höchsten Punkt der Insel. Jetzt hatten sie die mächtigen Stahlmasten und dicken Trossen erreicht, die das Tarnnetz stabilisierten.
Monk musterte die Unterseite des Netzes.
Der Regen strömte durch die Pflanzenteile hindurch, die man an der Oberseite befestigt hatte. Irgendjemand musste sich um den Erhalt der Tarnung kümmern. Und Monk hatte richtig vermutet, dass dies nicht die Piraten waren.
Wie zum Beweis kletterte einer der Kannibalen flink an einem Drahtseil hoch und zwängte sich durchs Netz. Kurz darauf ließ er eine Strickleiter herab.
Die nächsten Kannibalen folgten ihm.
Monk wandte sich an Jessie. »Wenn du magst, kannst du immer noch zu Susan hinunterklettern. Wir holen euch dann später vom Strand ab.«
Jessie streifte sich das klitschnasse Haar aus der Stirn. »Ich komme mit. Wer sollte denn sonst für Sie übersetzen?« Ehe Monk etwas erwidern konnte, packte der Krankenpfleger die Strickleiter und kletterte hinauf.
Ryder kam als Nächster dran und klopfte Monk im Vorbeigehen aufmunternd auf die Schulter. Als der Milliardär auf die Außenseite des Tarnnetzes geklettert war, ergriff Monk die unterste Sprosse und blickte sich zu seiner kleinen Armee um. Mit
Federn geschmückt, bis an die Zähne bewaffnet und ihrer Königin treu ergeben.
Auf einmal verspürte er Gewissensbisse, weil er sich den Aberglauben der Eingeborenen zunutze machte. Viele von ihnen würden sterben. Aber wenn Lisa recht hatte, war die ganze Welt in Gefahr. Es blieb ihm nichts anderes übrig, als die ihm zur Verfügung stehenden Ressourcen zu nutzen.
Sie mussten auf Ryders Schiff gelangen. Sie mussten Susan in Sicherheit bringen - und Lisa wenn irgend möglich befreien. Monk weigerte sich zu glauben, seine Kollegin könnte tot sein.
Er hangelte sich die Strickleiter hoch.
Oben angelangt, kletterte er durch das Gewirr der windgepeitschten Pflanzentarnung. Obwohl sie sich im Auge des Sturms befanden, drohten die vereinzelten Böen ihn abzuwerfen. Er kroch auf eine schmale Planke, die auf der Oberseite des Netzes verankert war und Wartungszwecken diente. Auf solchen Planken konnte man sich kreuz und quer über das Netz bewegen und die Tarnung gegebenenfalls ausbessern.
Die Vorhut seiner kleinen Streitmacht robbte bereits über die Planken und klammerte sich mit beiden Händen an der schwankenden Unterlage fest.
Im niederprasselnden Regen krabbelte Monk ihnen hinterher. Wenn das Netz von einer Bö getroffen wurde, summte es laut, ruckte und schwankte. Es war, als flöge man auf Aladins Teppich.
Monk schaute sich um. Unmittelbar über ihm schimmerten ein paar Sterne durch die Wolkendecke hindurch, doch ringsumher dräuten finstere Wolken. Das Auge des Sturms war kleiner, als er gehofft hatte. Ständig blitzte und donnerte es in der Ferne.
Monk kroch eilig weiter. Sie mussten vom Netz herunterkommen, bevor das Auge des Sturms über die Insel hinweggewandert war. Er hatte mit eigenen Augen beobachtet, wie Blitze ins Netz eingeschlagen waren und wie die Stahltrossen Funken gesprüht hatten.
Ein Blitzeinschlag wäre ihr aller Tod gewesen.
Meter für Meter näherten sie sich dem
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