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Der Judas-Code: Roman

Titel: Der Judas-Code: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Rollins , Norbert Stöbe
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hindurch über die Lagune hinweg aufs Meer hinaus. Sie spürte, dass ihre Verwandlung noch nicht vollendet war. Das war so sicher, wie dass irgendwann am Horizont die Sonne aufgehen würde.
04:18
    Aus einer Entfernung von hundert Metern beobachtete Rakao seine Beute. Geschützt von einem Regenponcho, blickte er durch die Infrarotbrille. Er zählte die rötlichen Schemen, die sich am Waldrand verteilt hatten. Seine Männer waren den Eingeborenen zahlenmäßig zweifach überlegen.
    Mit gereckter Faust wies Rakao seine Leute an, sich zu beiden Seiten zu verteilen und den Abstand beizubehalten. Seine Männer wussten, dass sie nur dann vorrücken durften, wenn es donnerte. Die Eingeborenen hatten scharfe Sinne. Er wollte seine Beute nicht verscheuchen.
    Rakao musterte die auf einem Stein sitzende Susan Tunis. Er war den Kannibalen aus dem Hochland bis zur Lagune gefolgt. Wo steckten ihre Begleiter? Weit konnten sie nicht sein.
    Obwohl er Susan mühelos hätte ergreifen können, übte er sich noch in Geduld, während seine Männer sich verstohlen verteilten, um die Falle zuschnappen zu lassen. Er wusste genau, wie die Frau am nützlichsten für ihn wäre.
    Nämlich als Köder.

14
    Die Tempel von Angkor

7. Juli, 05:02
Siem Reap, Kambodscha
    Der sechsstündige Flug versetzte Gray in ein anderes Jahrhundert und einen Schmelztiegel der Kulturen. Im Zentrum des ehemaligen französischen Viertels von Siem Reap, einem kleinen, an einem Fluss und einem See gelegenen und von Reisfeldern umgebenen Dorf mitten in Kambodscha, stieg er aus dem Taxi. Es war eine Stunde vor Anbruch der Morgendämmerung, deshalb wirkte der Ort noch verschlafen. Es war drückend schwül, das Summen der Mücken und das Zischen flackernder Gaslampen erfüllten die Luft. Vom Fluss her tönte das Quaken der Frösche und störte den friedlichen Morgen.
    Ein paar flache Ruderboote dümpelten im flachen Wasser. Lange Stangen mit Öllampen am Ende ragten über Bord, und die Fischer mit den breiten Bambushüten leerten Krabben- und Fischreusen oder spießten die unvorsichtigen Frösche mit spitzen Stöcken auf, um später damit die zahlreichen Restaurants und Imbissbuden zu beliefern.
    Grays Begleiter befanden sich in unterschiedlichen Stadien der Erschöpfung. Vigor war gebeugt und hatte verquollene Augen; er sah aus, als hätte man ihn gewaschen und zum Trocknen in die feuchte Luft gehängt. Seichan hingegen streckte sich wie eine erwachende Katze und hielt sich mit einer Hand die verletzte Seite, während sie an Gray vorbei die Umgebung musterte. Kowalski kratzte sich unter den Achseln, sah sich ebenfalls um und stieß einen anerkennenden Pfiff aus, was einen Hund veranlasste zu bellen.
    Nasser hatte sie in diese spektakuläre Umgebung bestellt.
    Hier sollten sie auf ihn warten.

    In zwei Stunden wollte er eintreffen.
    Hinter einer geschwungenen Einfahrt lag am Flussufer ein dreistöckiges Hotel im Kolonialstil, eine Ansammlung von gelben Gebäuden aus Stein und Holz, mit roten Dächern und umgeben von einem gepflegten Park. Die Geschichte des Hotels war charakteristisch für die ganze Region. Das vor fünfundsiebzig Jahren erbaute Ferienhotel hatte früher Grand Hotel des Ruines geheißen und Franzosen und Briten aufgenommen, welche die fünf Meilen entfernte Tempelanlage von Angkor Wat besichtigen wollten. Unter dem blutigen Regime der Roten Khmer waren Hotel und Dorf verfallen. Millionen Menschen, fast ein Viertel der kambodschanischen Bevölkerung, hatten bei diesem grauenhaften Völkermord ihr Leben gelassen. Der Tourismus war in dieser Zeit zum Erliegen gekommen. Nach dem Sturz der Roten Khmer waren die Menschen jedoch zurückgekehrt. Das Hotel stieg wie Phönix aus der Asche auf, wurde sorgfältig restauriert, mit seinem alten Kolonialcharme wiederhergestellt und in Grand Hotel d’Angkor umbenannt.
    Siem Reap war ebenfalls wiederaufgebaut worden - allerdings mit weniger Sorgfalt. Die Hotels und Herbergen hatten sich vom West- und Ostufer des Flusses ausgehend zusammen mit Restaurants, Bars, Cafes, Reisebüros, Obst- und Gewürzständen und zahllosen Märkten, auf denen Schnitzereien, filigrane Silberarbeiten, Postkarten, T-Shirts und allerlei Tinneff feilgeboten wurden, immer weiter ausgebreitet.
    Zu dieser frühen Stunde aber - da sich weder die Sonne noch die Touristen blicken ließen - hatte diese architektonische Mischung aus asiatischer und französischer Kultur noch einen gewissen geheimnisvollen Reiz. Ein mit stachligen Stinkfrüchten beladener

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