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Der Judas-Code: Roman

Titel: Der Judas-Code: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Rollins , Norbert Stöbe
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Motor zu stottern und ging aus.
    Die Funken erloschen.
    Dunkelheit senkte sich herab.
    »Herrgott noch mal!«, rief Grays Vater.
    Gray drückte ihn mit der flachen Hand zurück, um ihm zu bedeuten, er solle in der Werkstatt bleiben. Mit der anderen Hand zog er eine Glock Kaliber 9mm aus dem Schulterhalfter. Er näherte sich der am Boden liegenden Gestalt, die mit einer Ledermontur bekleidet war: Motorradanzug, Halstuch und Helm, alles war schwarz.
    Ein leises Stöhnen verriet ihm zwei Dinge: Der Fahrer lebte, und es handelte sich um eine Frau. Sie lag zusammengekrümmt auf der Seite, der Lederanzug war zerrissen.
    In der hell erleuchteten Hintertür tauchte die dunkle Silhouette seiner Mutter auf. Der Lärm hatte sie herbeieilen lassen.
    »Bleib, wo du bist!«, rief Gray ihr zu.
    Als er sich der gestürzten Fahrerin näherte, bemerkte er einen dunklen Gegenstand, der neben dem Motorrad auf dem hellen Betonboden lag. Anscheinend war es eine gedrungene Steinsäule, die beim Aufprall geborsten war. Das Innere der Säule funkelte metallisch im Mondschein.
    Als er neben die Fahrerin trat, fiel ihm ein weiteres Funkeln ins Auge.
    Ein kleiner Anhänger am Hals der Frau.
    In Drachenform.
    Gray erkannte ihn auf den ersten Blick wieder. Er trug den gleichen Anhänger um den Hals, das Geschenk einer alten Gegnerin, eine Warnung und zugleich ein Versprechen, das sie bei ihrer nächsten Begegnung einzulösen gedachte.
    Er packte die Pistole fester.
    Die Frau stöhnte auf und wälzte sich auf den Rücken. Blut floss auf den weißen Beton, ein dunkles Rinnsal, das sich zum frisch gemähten Rasen schlängelte. Das Blut kam aus einer Austrittswunde.
    Von hinten angeschossen.
    Die Frau fasste sich an den Kopf und nahm den Helm ab. Ein bekanntes Gesicht, schmerzverzerrt, umrahmt von schwarzem
Haar. Sonnengebräunte Haut und mandelförmige Augen verrieten ihre eurasische Abstammung und ihre Identität.
    »Seichan...«, sagte er.
    Sie streckte die Hand aus, kratzte an seinem Hemd. »Commander Pierce... helfen Sie mir...«
    Schmerz sprach aus ihren Worten - und eine Regung, die er von seiner kaltblütigen Feindin bislang nicht kannte.
    Angst.

2
    Blutige Weihnacht

5. Juli, 11:02
Weihnachtsinsel
    Ein erholsamer Tag am Strand...
    Monk Kokkalis folgte dem Wissenschaftler über den schmalen Sandstreifen. Beide Männer trugen identische Schutzanzüge vom Typ Bio-3. Nicht unbedingt die beste Wahl für einen Spaziergang an einem Strand in den Tropen. Unter dem Schutzanzug trug Monk nichts weiter als ein Paar Boxershorts. Trotzdem fühlte er sich overdressed, denn in der luftdichten Plastikhülle wurde er allmählich gebraten. Er schützte die Augen mit der Hand vor der sengenden Mittagssonne und musterte die grauenhafte Szenerie.
    Die westliche Bucht der Weihnachtsinsel war übersät mit Kadavern. Es war, als hätte die Hölle ihre Pforten aufgetan. Die nächtliche Flut hatte haufenweise tote Fische zurückgelassen. Auch Haie, Delfine, Schildkröten und sogar ein Kleinwal waren darunter - wenngleich nur schwer zu erkennen war, wo der eine Kadaver aufhörte und der andere anfing. Fleisch und Schuppen waren in Auflösung begriffen, Knochen und faulendes Gewebe bildeten einen stinkenden Brei. Auch viele tote Seevögel lagen mit verkrümmten Hälsen am Strand und im Wasser; vielleicht hatten die Kadaver sie angelockt, und sie waren demselben Gift zum Opfer gefallen wie die Meeresbewohner.
    Ganz in der Nähe schoss aus einem Loch im Boden mit einem dumpfen Dröhnen eine schmutzige Wasserfontäne empor, was sich anhörte, als täte das Meer seinen letzten Atemzug.
    Die beiden Männer duckten sich unter der Fontäne hinweg und drangen auf dem schmalen Pfad zwischen dem Unrat der Gezeitenzone und den dschungelüberwucherten Klippen weiter Richtung Norden vor.

    »Erinnern Sie mich daran, dass ich das Meeresfrüchtebüfett an Bord auslasse«, murmelte Monk durch die zischende Atemmaske hindurch. Er war froh, dass er aus der Sauerstoffflasche atmete. Den Gestank dieses Meeresfriedhofs konnte er nur erahnen.
    Außerdem war er froh, dass seine Kollegin Dr. Lisa Cummings an Bord des Kreuzfahrtschiffs geblieben war, das auf der anderen Seite der Insel vor Anker lag. Die Mistress of the Seas war in der Flying Fish Cove wegen des auflandigen Winds vor dem widerlichen Gestank, der von der toxischen Brühe an der Westseite der Insel ausging, geschützt.
    Andere hatten weniger Glück gehabt.
    Als sie am Morgen angekommen waren, hatte Monk beobachtet, wie hunderte

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