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Der Judas-Code: Roman

Titel: Der Judas-Code: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Rollins , Norbert Stöbe
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so groß wie ein Essteller. Ihre jährliche Wanderung stellte eines der großen Naturwunder dar. Im November stürmten, gesteuert vom Mondzyklus, zahllose Krabben aus dem Dschungel zum Meer und versuchten, den hungrigen Seevögeln zu entkommen und sich das Recht auf Paarung zu sichern.
    »Die Krabben sind typische Aasfresser«, fuhr Graff fort. »Man sollte eigentlich meinen, die vielen Kadaver hätten sie scharenweise herbeiströmen lassen, genau wie die Seevögel. Dabei ist hier keine einzige Krabbe zu sehen, weder tot noch lebendig.«
    »Vielleicht haben sie das Gift gespürt und bleiben deshalb im Dschungel.«
    »Wenn ja, könnte das einen Hinweis auf das Gift oder die Bakterien liefern, die es produzieren. Vielleicht ist es in der Vergangenheit schon einmal zu einer solchen Bakterienblüte gekommen. Vielleicht sind die Krabben resistent. Je schneller wir die Ursache gefunden haben, desto besser.«

    »Dann können wir den Inselbewohnern eher helfen.«
    Graff zuckte mit den Schultern. »Das auch. Das Wichtigste aber ist, die Verbreitung des Organismus zu verhindern.« Er betrachtete den gelblichen Schleim und senkte besorgt die Stimme. »Ich fürchte, das könnte der Vorbote der Katastrophe sein, welche die Meeresbiologen fürchten.«
    Monk blickte ihn fragend an.
    »Ein Bakterium, das so giftig ist, dass das Meeresgleichgewicht umkippt und alles Leben vernichtet wird.«
    »Und das könnte tatsächlich passieren?«
    Graff kniete nieder und machte sich an die Arbeit. »Vielleicht hat es ja schon angefangen.«
    Nach diesem bedrohlichen Ausblick verbrachte Monk die nächste Stunde damit, Proben in Reagenzgläser, Tüten und Plastikgefäße zu füllen. Die Sonne stieg währenddessen weiter über die Klippen auf, wurde vom Wasser funkelnd reflektiert und heizte seinen Schutzanzug auf. Monk begann, von einer kalten Dusche und einem Cocktail mit einem Schirmchen drin zu fantasieren.
    Langsam arbeiteten sie sich am Strand entlang. In der Nähe der Klippen steckten ein paar abgebrannte Räucherstäbchen im Sand. Sie bildeten eine Art Palisade vor einem kleinen Buddha-Schrein. Salzwasser und Sand hatten das Gesicht der sitzenden Gestalt bis zur Unkenntlichkeit ausgeschwemmt und abgeschmirgelt. Die Figur saß unter einem mit Vogelkot beschmutzten Schutzdach. Möglicherweise waren die Räucherstäbchen entzündet worden, um die himmlischen Mächte zum Eingreifen zu bewegen.
    Trotz der Hitze lief Monk ein Schauer über den Rücken, und er fragte sich, ob ihre Bemühungen wohl Früchte tragen würden.
    Das Geräusch eines sich nähernden Motorboots lenkte ihn ab. Er blickte aufs Meer hinaus und dann den Strand entlang. Beim Probensammeln hatten sie eine beachtliche Strecke zurückgelegt. Das Zodiac lag hinter der Felsspitze am Strand und war von hier aus nicht zu sehen.
    Monk schirmte die Augen mit der Hand ab. Kam ihnen der australische Steuermann mit dem Boot nachgefahren?
    Graff trat neben ihn. »Es ist zu früh, um jetzt schon zurückzufahren.«

    Schüsse hallten übers Wasser, und ein blaues, zerschrammtes Speedboot schoss um die Felsspitze herum. Monk machte am Heck sieben Männer aus, die sich Tücher um den Kopf gewickelt hatten. Sturmgewehre funkelten in der Sonne.
    Graff taumelte gegen ihn. »Piraten...«
    Monk schüttelte den Kopf. Das hat uns gerade noch gefehlt...
    Das Boot wandte den Bug in ihre Richtung und raste in Gleitfahrt auf sie zu.
    Monk packte Graff beim Kragen und zerrte ihn vom sonnenüberströmten Strand weg.
    Piraterie war weltweit auf dem Vormarsch, doch in den indonesischen Gewässern wimmelte es von solchen Halunken. Die vielen Inseln und kleinen Atolle, die zahllosen versteckten Häfen und der dichte Dschungel waren die perfekte Brutstätte für Meereskriminalität. Nach dem Tsunami, der diese Region vor Kurzem heimgesucht hatte, war die Zahl der Piraten, die sich das Chaos und die Überforderung der Polizeikräfte zunutze machten, sprunghaft angestiegen.
    Die gegenwärtige Tragödie war offenbar keine Ausnahme von der Regel.
    Harte Zeiten brachten verzweifelte Menschen hervor.
    Aber wer war so verzweifelt, dass er in diesem Gewässer sein Leben riskierte? Monk bemerkte, dass die Schützen von Kopf bis Fuß verhüllt waren. Hatten sie erfahren, dass die Giftwerte hier zurückgingen, und sich deshalb zu dem Überfall entschlossen?
    Während Monk vom Strand weglief, blickte er sich zu ihrem Boot um. Das Zodiac würde auf dem Schwarzmarkt eine hübsche Summe einbringen, von den teuren

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