Der Judas-Code: Roman
blinkenden Punkt, der auf die Tempel von Angkor zuwanderte.
Lisa, ich hoffe, du weißt, was du tust.
Er stürmte aus dem Raum und eilte zu seinem Büro.
Im Moment war sie auf sich allein gestellt.
10:25
Angkor
»Festhalten!«, rief Ryder-was sich eher wie ein Kriegsschrei anhörte als wie eine Warnung.
Lisa klammerte sich an den Armlehnen fest.
Vor ihnen ragten die mächtigen, an einen Bienenstock erinnernden Türme von Angkor Wat in den Himmel. Doch der eindrucksvolle Tempel, der eine Fläche von über einer Quadratmeile einnahm, war nicht ihr Ziel.
Ryder stieß auf die künstlich angelegte grüne Wasserfläche an der einen Seite des Tempels hinunter. Auf den Wassergraben
von Angkor Wat. Im Unterschied zum Graben von Angkor Thom war dieser hier noch mit Wasser gefüllt. Die Gesamtlänge betrug vier Meilen, eine Gerade war somit eine Meile lang. Das einzige Problem war...
»Eine Brücke!«, schrie Lisa.
»Das nennen Sie eine Brücke?«, erwiderte Ryder sarkastisch. Er hatte sich eine Zigarre zwischen die Zähne geklemmt. Aus dem Mundwinkel stieß er eine Rauchwolke aus.
Es war seine letzte Zigarre, die er für besondere Notfälle verwahrt hatte. Vor dem Anzünden hatte Ryder noch bemerkt: »Selbst einem Todeskandidaten wird eine letzte Zigarette gewährt«.
Der Milliardär flog über den Wassergraben hinweg und zog die Maschine etwas höher, um nicht gegen die Brücke zu stoßen.
Lisa hielt den Atem an. Zu beiden Seiten des Grabens flüchteten Touristen.
Dann waren sie über die Brücke hinweg. Ryder ging wieder tiefer. Die Kufen des Meerespfeils streiften das Wasser und wirbelten eine Gischtwolke auf. Dann sanken sie ein, und das Flugzeug verwandelte sich wieder in ein Boot. Allerdings hatten sie viel zu viel Schwung.
Sie rasten auf den Erdwall zu.
Ryder riss einen Hebel am Boden nach oben. »Das nennt man eine Hamilton-Drehung! Festhalten!«
Er stieß eine weitere Rauchwolke aus und riss das Steuer herum.
Der Meerespfeil drehte sich so mühelos wie ein Eiskunstläufer um hundertachtzig Grad. Der Twin-Motor brüllte auf. Sie wurden langsamer.
Lisa war noch immer ganz verkrampft, denn sie fürchtete, sie könnten die Böschung rammen.
Ryder aber riss das Boot geschickt herum. Der Meerespfeil warf an der rechten Seite, unmittelbar vor der Grabenböschung, eine hohe Welle auf und kam langsam zum Stehen.
Seufzend stieß Ryder eine Rauchwolke aus und stellte den Motor ab. »O Mann, was für ein Höllenspaß.«
Lisa schnallte sich eilig los und kletterte nach hinten zu Susan.
»Wir müssen uns beeilen«, sagte Susan und nestelte am Gurt.
Lisa half ihr, sich loszuschnallen. Ryder öffnete die Luke.
»Wissen Sie, was Sie zu tun haben?«, fragte Lisa, als sie ins flache Wasser hinausstolperten und zur Böschung wateten.
Ringsumher wurde laut gerufen.
»Das haben Sie mir schon mindestens sechzehnmal gesagt«, meinte Ryder. »Ein Telefon suchen, Ihren Chef anrufen und ihm sagen, was wir vorhaben und wohin wir wollen.«
Sie kletterten zur Straße hoch, die am Wassergraben entlangführte. Susan hatte die Decke umgelegt und eine Sonnenbrille aufgesetzt, um möglichst wenig Sonnenstrahlung aufzunehmen.
Die Touristen zeigten mit dem Finger auf sie.
Ryder winkte einem vorbeikommenden Fahrzeug, einem Motorrad mit einem kleinen, überdachten Anhänger. In der Hand hielt er ein paar Geldscheine, das universal gültige Zeichen für Anhalten. Diese Sprache verstand der Fahrer. Er lenkte das Motorrad herum, kam auf sie zugefahren und stoppte.
Ryder half Lisa und Susan in den Anhänger und schloss die kleine Tür. »Das Tuk Tuk wird Sie zum Tempel bringen. Seien Sie vorsichtig.«
»Wir wollen nur mit Painter sprechen«, sagte Lisa.
Er senkte die Hand wie ein Rennleiter das Startfähnchen.
Das Motorrad knatterte los.
Lisa blickte sich nach Ryder um. Es näherten sich bereits uniformierte Polizisten, ebenfalls auf Motorrädern. Ryder schwenkte wichtigtuerisch die Zigarre.
Niemand achtete auf das kleine Tuk Tuk.
Lisa lehnte sich zurück.
Susan hatte sich neben ihr in die Decke eingemummt. Ein einziges Wort kam ihr über die Lippen. »Beeilung.«
10:35
Gray kniete am Rand der Grube und spähte in den kreisförmigen Lichtschacht hinunter. Aus dreizehn Metern Tiefe blickte ein Gesicht zu ihm auf - ein weiterer steinerner Bodhisattva. Er trat aus dem Steinboden hervor, gehauen aus einem einzigen großen Sandsteinblock. Die durch den Schacht einfallenden Lichtstrahlen,
in denen Staubteilchen tanzten, badeten
Weitere Kostenlose Bücher