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Der Judas-Code: Roman

Titel: Der Judas-Code: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Rollins , Norbert Stöbe
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spürte, dass Susan nicht allein die biologische Last meinte. Susan hatte ihren Mann und ihr altes Leben verloren.
    Lisa wandte wieder den Kopf.
    In Susans Gesicht spiegelten sich unterschiedliche Emotionen wider: Angst, Trauer, Verzweiflung und abgrundtiefe Einsamkeit.
    Susan legte flehentlich die Hände zusammen. »Ich bin keine Krabbe. Verstehst du das?«
    Lisa verstand es.
    Sie wandte sich zu Ryder um und rief: »Ziehen Sie die Maschine wieder hoch!«
    »Was?« Ryder blickte sich um.
    Lisa reckte den Daumen. »Nicht landen! Wir müssen näher an die Tempelanlage heran.« Sie kletterte über die Rückenlehne auf den Kopilotensitz. »Mitten durch die Stadt Siem Reap führt ein Fluss.«
    Sie ließ sich auf den Sitz sinken. Die Navigationskarte der Region hatte sie sich zuvor eingeprägt. Das Städtchen war noch etwa sechs Meilen entfernt. Sie dachte an Susans Warnung.
    Höchstens noch zehn oder fünfzehn Minuten.
    Würde die Zeit reichen? Inzwischen hatte sie sich von Susans Panik anstecken lassen. Auf einmal wurde ihr der Grund dafür klar. Susans letzte Bemerkung.
    Ich bin keine Krabbe.
    Susan wusste nichts von den Krabben der Weihnachtsinsel. Lisa hatte weder mit ihr noch mit Ryder über ihre Unterhaltung mit Painter gesprochen. Es war nicht auszuschließen, dass Susan trotz ihres katatonischen Zustands das Ende des Telefonats mitbekommen hatte. Allerdings konnte Lisa sich nicht erinnern, das Wort »Krabbe« gebraucht zu haben.
    Sie faltete die Navigationskarte auseinander.
    Sie mussten irgendwo in der Nähe der Tempel landen.
    Auf einem anderen See oder einem Fluss...
    »Hier vielleicht«, sagte sie und zog die Karte ein Stück näher zu sich heran.

    »Was ist das?«, fragte Ryder. Er zog den Meerespfeil hoch und flog über den See hinweg.
    Lisa schob ihm die Karte hin und tippte darauf. »Können Sie hier landen?«
    Ryders Augen weiteten sich. »Sind Sie komplett übergeschnappt?«
    Lisa schwieg. Vor allem deshalb, weil sie keine Antwort darauf wusste.
    Ryder grinste breit. »Ach, zum Teufel! Probieren wir’s einfach!« Stets für ein Abenteuer zu haben, tätschelte er ihr den Schenkel. »Ihre Herangehensweise gefällt mir. Wie stabil ist eigentlich Ihre Beziehung?«
    Lisa lehnte sich zurück. Wenn Painter das gehört hätte...
    Sie schüttelte den Kopf. »Warten wir’s ab.«
23:22
Washington, D. C.
    »Sir, das Objekt, das ich mittels GPS verfolgen soll, kommt vom Kurs ab.«
    Painter fuhr herum. Er war damit beschäftigt, den Rettungseinsatz mit der australischen Terrorismusabwehr und den Spezialeinsatzkräften abzustimmen. Die Teams waren vor fünfzehn Minuten auf der Insel Pusat eingetroffen und rückten zu den von Lisa bezeichneten Koordinaten vor. Die hereinkommenden Meldungen waren widersprüchlich. Die Mistress of the Seas stand in Flammen und hatte sich in Stahltrossen und herabgefallenen Trümmern des Tarnnetzes verfangen. Das Schiff hatte fast fünfundvierzig Grad Schlagseite. Ein Löschtrupp war bereits an Bord.
    Neben ihm saß Kat, beide Hände auf die Kopfhörermuscheln des Headsets gelegt. Sie hatte sich geweigert, nach Hause zu gehen. Erst wollte sie Gewissheit haben. Ihre Augen waren gerötet und verquollen, doch sie war noch immer konzentriert bei der Sache und klammerte sich an die winzige Hoffnung, die ihr geblieben war. Vielleicht war Monk ja doch noch am Leben.
    »Sir«, sagte der Techniker und zeigte auf einen anderen Bildschirm, auf dem eine Karte des kambodschanischen Zentralplateaus
angezeigt wurde. In der Mitte lag ein großer See. Ein kleiner blinkender Leuchtpunkt, der den Meerespfeil darstellte, wanderte in winzigen Pixelsprüngen über den Bildschirm.
    Eben noch war das Flugzeug nahe der Küste gekreist, jetzt entfernte es sich vom See.
    »Wo wollen die hin?«, sagte Painter. Brant, sein Sekretär, kam hereingesaust und bremste seinen Rollstuhl so heftig ab, dass die Gummireifen auf dem Linoleum quietschten.
    »Direktor Crowe, ich versuche Sie schon seit einer ganzen Weile zu erreichen«, platzte er heraus. »Vergeblich. Hab mir gedacht, Sie sprechen bestimmt noch mit Australien.«
    Painter nickte. Genau das hatte er getan.
    Brant reichte ihm ein zerknittertes Fax, das auf seinem Schoß gelegen hatte.
    Painter überflog es rasch, dann las er es noch einmal sorgfältiger durch. Allmächtiger...
    Er wandte sich zur Tür und rempelte Brant an. Dann hielt er inne und drehte sich um. »Kat?«
    »Gehen Sie nur. Ich bleibe dran.«
    Er warf einen Blick auf die Bildschirmkarte und den

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