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Der Judas-Code: Roman

Titel: Der Judas-Code: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Rollins , Norbert Stöbe
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die Luft.
    Der See explodierte.
    Sie würden es niemals bis zur Treppe schaffen.
    Gray wich zurück und zog Kowalksi und Lisa ein paar Schritte weit mit sich. »Hinlegen!«, rief er Seichan zu. »Flach auf den Boden!«
    Er beherzigte seinen eigenen Rat und forderte Lisa und Kowalski mit einer Handbewegung auf, sich ebenfalls hinzuwerfen.
Dann zog er die Plane zu sich heran, mit der sie Susan hergeschleppt hatten, deckte sie alle drei damit zu und bemühte sich, möglichst viel Luft darin einzuschließen.
    »Drückt den Rand der Plane gegen den Steinboden!«, sagte er.
    Das kochende Wasser zischte bedrohlich - dann ertönte ein tiefes, sonores Tosen, als wäre der ganze See ein Stück weit hochgeschleudert worden und dann wieder herabgefallen. Wasser umspülte seine Knöchel, floss wieder ab.
    Die Luft unter der Plane verwandelte sich in flüssiges Feuer.
    Keuchend und hustend drängten sie sich aneinander.
    »Susan«, krächzte Lisa.
12:00
    Susan schrie.
    Dabei beanspruchte sie nicht nur die Lungen oder die vibrierenden Stimmbänder. Sie heulte aus dem Innersten ihres Wesens.
    Vor dem Schmerz gab es kein Entrinnen. Ihr vom Sonnenschein geschärfter Verstand registrierte noch immer ihre Empfindungen. Da ihr die Gnade der Bewusstlosigkeit vorenthalten wurde, nahm sie alles mit höchster Intensität wahr: Ihre Atemwege und Augen brannten, die Haut löste sich in Fetzen ab. Sie verbrannte von innen heraus und sandte ihren Schrei gen Himmel.
    Aber wer sollte sie hören?
    Wie sie so ihr ganzes Sein aus sich hinausschrie, fand sie endlich Erleichterung.
    Sie fiel auf die Landzunge zurück.
    Dann wurde es dunkel um sie.
12:01
    »Was ist mit Susan?«, keuchte Lisa.
    Gray lugte unter der Plane hervor und blickte zur Landzunge hinüber. Der See kochte noch immer, aufgeheizt von der glühenden Sonne. Die Luft über dem Wasser schimmerte wie Öldunst.
    Der Großteil der Gase aber stieg in Spiralen nach oben, zog
durch die Öffnung ab, wanderte durch den Lichtschacht im Mittelturm des Bayon-Tempels und verwandelte den Turm in einen Schornstein.
    Gray wusste, weshalb sie überlebt hatten.
    Wäre die Höhle noch immer versiegelt gewesen...
    Ein anderes Mitglied ihrer Gruppe war weniger glimpflich davongekommen. Susan lag flach auf dem Rücken, so reglos wie eine Statue. Aus der Entfernung konnte Gray nicht erkennen, ob sie noch atmete, denn sie hob sich als dunkle Silhouette vom grellen Sonnenschein ab.
    Dann auf einmal ging ihm ein Licht auf.
    Die Landzunge reichte nicht ganz in den Sonnenschein hinein.
    Susan befand sich im Schatten - und sie leuchtete nicht mehr. Sie war erloschen wie eine ausgepustete Kerze.
    Was hatte das zu bedeuten?
    Vom Tempel, der von den giftigen Ausdünstungen durchströmt wurde, drangen Schreie herab. Aufs Höhlendach krachten weitere Steinbrocken nieder. Das ätzende Gas hatte das prekäre Gleichgewicht des Steingebäudes zusätzlich gestört.
    »Wir müssen machen, dass wir aus der Höhle verschwinden«, sagte Gray.
    »Was ist mit Susan?«, fragte Lisa.
    »Wir müssen darauf vertrauen, dass sie genug abbekommen hat. Ich hoffe, dass sich ihre Erwartungen erfüllt haben.« Gray stemmte sich hustend auf die Knie hoch. Sie alle benötigten jetzt dringend das Heilmittel. Er blickte Kowalski an. »Bringen Sie Lisa zur Treppe.«
    Kowalski stemmte sich hoch. »Das brauchen Sie mir nicht zweimal sagen.«
    Als Gray sich aufrichtete, fasste Lisa ihn beim Arm und hielt die Plane über ihren Köpfen fest.
    »Was hast du jetzt vor?«
    »Ich muss Susan holen.«
    Lisa wandte den Kopf - und schlug die Hand vor den Mund. Ständig platzten Gasblasen aus dem brodelnden See. »Gray, das ist völlig aussichtslos.«
    »Ich muss.«

    »Aber sie rührt sich nicht mehr. Ich glaube, sie hat den Ausbruch nicht überlebt.«
    Gray dachte an Marco Polo, der notgedrungen zum Kannibalen geworden war und Menschenblut und Menschenfleisch zu sich genommen hatte. »Ich glaube, es macht keinen Unterschied, ob sie lebt oder tot ist. Wir brauchen ihren Körper.«
    Seine sachliche Bemerkung ließ Lisa schaudern, doch sie erhob keine Einwände.
    »Ich brauche die Plane«, sagte Gray.
    Kowalski nickte und fasste Lisa beim Arm. »Ich kümmere mich schon um die Kleine.«
    Gray legte sich die Plane um und wandte sich ab. Er verhüllte den Kopf, sodass nur noch ein Schlitz offen blieb. Er hörte, wie Kowalski und Lisa am Ufer entlangrannten.
    Ein weiterer Steinbrocken stürzte vom Tempel aufs Höhlendach.
    Das war so gut wie ein Startschuss.
    Mit

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