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Der Judas-Code: Roman

Titel: Der Judas-Code: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Rollins , Norbert Stöbe
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Nicken auf fortzufahren.
    Lisa zeigte aufs leuchtende Wasser. »Hier hat alles angefangen, mit dem ältesten Organismus, der an der Umweltkatastrophe beteiligt ist. Mit den Cyanobakterien, den Vorläufern der heutigen Pflanzen. Sie haben sämtliche Öko-Nischen besetzt: Gestein, Sand, Wasser, selbst andere Organismen.« Sie nickte zu Susan hin. »Aber ich greife vor. Fangen wir hier an.«
    »In dieser Höhle.«
    Lisa nickte. »Die Cyanobakterien sind in das Wasserloch vorgedrungen, aber sie waren auf Sonnenlicht angewiesen, und in der
Höhle ist es meistens dunkel. Das Loch dort oben war ursprünglich wahrscheinlich noch kleiner als jetzt. Um hier zu gedeihen, mussten sie auf eine andere Energieform, eine andere Nahrungsquelle zurückgreifen. Cyanobakterien sind ausgesprochen anpassungsfähig. Sie hatten bereits eine Nahrungsquelle im Dschungel aufgetan... Sie mussten nur noch herankommen. Und die Natur ist äußerst erfinderisch, wenn es darum geht, die ausgefallensten Wechselbeziehungen herzustellen.«
    Lisa wiederholte, was sie bereits Dr. Devesh Patanjali gesagt hatte; sie sprach über den Lanzettegel, dessen Lebenszyklus drei Wirte einschloss: Rinder, Schlangen und Ameisen.
    »Irgendwann im Laufe seines Lebens übernimmt der Leberegel die Kontrolle über seinen Ameisenwirt. Er zwingt die Ameise, sich in einen Grashalm zu verbeißen und sich von einem Rind fressen zu lassen. So seltsam geht es in der Natur zu. Was hier geschah, ist nicht weniger erstaunlich.«
    Während Lisa fortfuhr, stellte sie fest, dass es ihr guttat, ihre Theorien im Zusammenhang zu formulieren. Sie nahm sich einen Moment Zeit, Henri Barnhardts Ansichten zum Judas-Stamm darzulegen. Der Arzt hatte das Virus der Familie der Bunyaviren zugeordnet. Sie vergegenwärtigte sich Henris Diagramm, das eine lineare Wechselbeziehung veranschaulicht hatte, die vom Menschen über den Gliederfüßer wieder zum Menschen führte.

    »Aber wir haben uns geirrt«, sagte Lisa. »Das Virus hat eine Seite aus dem Drehbuch des Egels übernommen. Hier sind drei Wirte im Spiel.«
    »Wenn die Cyanobakterien die ersten Wirte sind«, fragte Gray, »wer ist dann der zweite Wirt in dem Zyklus?«
    Lisa blickte zu der Öffnung in der Decke hoch und trat mit der Fußspitze gegen einen Klumpen getrockneten Fledermauskot. »Die Cyanobakterien haben nach einer Möglichkeit gesucht, sich von hier aus zu verbreiten. Und da sie sich die Höhle bereits mit Fledermäusen teilten, haben sie sich deren Flügel zunutze gemacht.«

    »Moment mal. Woher willst du wissen, dass sie sich der Fledermäuse bedient haben?«
    »Wegen des Bunyavirus. Der hat eine Vorliebe für Gliederfüßer, zu denen Insekten und Krustentiere zählen. Bunyaviren finden sich aber auch in Mäusen und Fledermäusen.«
    »Dann glaubst du also, bei dem Judas-Stamm handele es sich um ein mutiertes Fledermausvirus?«
    »Ja. Mutiert durch den Einfluss der von den Cyanobakterien freigesetzten Neurotoxine.«
    »Und warum das alles?«
    »Um die Fledermäuse verrückt zu machen, damit sie sich in der ganzen Welt verteilen und ein Virus verbreiten, das mittels der Bakterien in die lokale Biosphäre eindringt. Im Grunde verwandelt sich jede einzelne Fledermaus in eine kleine biologische Bombe, die ihren lebensgefährlichen Kot überall dort zurücklässt, wo sie landet. Wenn Susan recht hat, entlässt dieser See alle drei Jahre Biobomben in die Welt und regeneriert sich in der Zwischenzeit.«
    »Aber welchen Nutzen haben die Cyanobakterien davon, dass die Krankheit Vögel und Säugetiere außerhalb der Höhle tötet?«
    »Der Nutzen rührt daher, dass ein dritter Wirt, ein weiterer Komplize, beteiligt ist. Nämlich die Gliederfüßer. Erinnere dich: Insekten sind die bevorzugten Wirte der Bunyaviren. Insekten und Krustentiere. Zufällig sind das auch die besten Aasfresser. Sie beseitigen alles, was abgestorben ist. Und genau dazu zwingt sie das Virus. Indem es bei ihnen eine unersättliche Fressgier auslöst...«
    Lisa stockte, als sie an den Kannibalismus an Bord des Kreuzfahrtschiffes dachte. Um sich verständlich zu machen, bemühte sie sich um eine sachliche Betrachtungsweise. »Nachdem die Fressgier stimuliert wurde, die ein gründliches Aufräumen zur Folge hatte, programmierte das Virus das Gehirn des Wirts so um, dass er in diese Höhle zurückkehrte und die Beute in den Bakterienpool einspeiste. Er hatte gar keine andere Wahl, genau wie der Egel und die Ameise. Ein neurologisch induzierter Wandertrieb.«
    »Wie bei

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