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Der Judas-Code: Roman

Titel: Der Judas-Code: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Rollins , Norbert Stöbe
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hier«, sagte Gray.
    Kowalski schüttelte den Kopf. »Nichts für ungut, Mann. War doch nur’n Scherz.«
    Ohne ihn weiter zu beachten, setzte Gray die Untersuchung von Seichans Obelisken fort. Sie hatten sich im kleinen Wartezimmer eines Dentallabors versammelt. Eine Tischlampe erhellte den beengten Raum, dessen Ausstattung sich im üblichen Rahmen hielt: veraltete Zeitschriften, austauschbare Aquarelle, ein halb verdorrter Ficus und ein Fernseher mit Wandhalterung.
    Vor vierzig Minuten waren sie über den Waldweg zum Rand des Glover-Archibold-Parks geeilt. Der Weg war auf eine Straße gemündet, die den Park vom Campus der Georgetown University trennte. Um diese Zeit waren weder Autos noch Fußgänger unterwegs gewesen. Sie hatten die Straße überquert, waren zwischen zwei dunklen Forschungsgebäuden hindurchgeschlüpft und zum zahnmedizinischen Institut gelangt. Dahinter lag die hell erleuchtete Klinik. Sie hatten es nicht gewagt, weiter vorzudringen, sondern sich mit den Gegebenheiten arrangiert.
    Auf der anderen Seite des Wartezimmers fluchte Kowalski verhalten und verschränkte die Arme vor der Brust. Offenbar langweilte er sich, stand aber immer noch unter Strom. Sie alle warteten.

    »Warum dauert es nur so verdammt lange?«, brummte Kowalski.
    Gray wusste inzwischen, dass er früher bei der U. S. Navy gewesen war. Sigma hatte ihn eingestellt, nachdem er zum Gelingen einer Operation in Brasilien beigetragen hatte, nicht als Agent, sondern mit reiner Muskelkraft. Er hatte Gray angeboten, ihm die Narben zu zeigen, die er von dem Einsatz zurückbehalten hatte, doch der hatte dankend abgelehnt. Der Mann konnte einfach nicht den Mund halten. Kein Wunder, dass man ihn zur Bewachung eingesetzt hatte. Und zwar allein.
    Kowalskis Gebrabbel war jedoch nicht ganz auf taube Ohren gestoßen.
    Grays Vater hatte drei Stühle zusammengestellt und sich hingelegt. Die Augen hatte er geschlossen, doch er schlief nicht. Es musste ganz schön anstrengend sein, dieses tiefe Stirnrunzeln beizubehalten.
    »Dann bist du also eine Art Wissenschaftsspion«, hatte sein Vater vor einer Weile gebrummt. »Das erklärt manches...«
    Gray wusste noch immer nicht, was sein Vater damit gemeint hatte, doch es war kein guter Zeitpunkt, dieses Thema weiterzuverfolgen. Je eher Seichan zusammengeflickt wurde und von seinen Eltern fortkam, desto besser für sie alle.
    Gray setzte die Untersuchung fort. Er drehte den Obelisken, betrachtete ihn von allen Seiten. Der schwarze Stein war alt, voller Scharten und Kerben, doch ansonsten eher unscheinbar. Er vermutete, dass er aus Ägypten stammte, doch er war kein Experte. Sein Urteil mochte auch vom ägyptischen Akzent des gescheiterten Attentäters beeinflusst sein.
    Eines an dem Stein aber war sicherlich ungewöhnlich.
    Er drehte das abgebrochene Ende nach oben. Ein silberner Gegenstand von der Dicke seines kleinen Fingers ragte aus der Bruchstelle hervor. Er berührte das Metall. Gray wusste, dass es sich um die Spitze des sprichwörtlichen Eisbergs handelte. Etwas war in dem Obelisk versteckt. Als er die Bruchstelle eingehender betrachtete, bemerkte er eine Nahtstelle im Stein, die von außen nicht zu sehen war. Der Obelisk war aus zwei Marmorstücken geschickt zusammengeklebt worden, um etwas darin zu verstecken,
wie bei den ausgehöhlten Büchern, in denen manchmal Waffen oder Wertsachen verborgen wurden.
    Er dachte an Seichans Bemerkung.
    Er könnte... die Welt retten. Falls es nicht schon zu spät ist.
    Was immer sie damit gemeint haben mochte, es war so wichtig, dass sie deswegen die Gilde verraten hatte und zu ihm gekommen war.
    Er musste mehr in Erfahrung bringen.
    Als die Tür geöffnet wurde, schaute Gray hoch. Seine Mutter trat ins Dentallabor. Sie streifte sich eine Chirurgenmaske vom Gesicht.
    Gray erhob sich.
    »Sie hat großes Glück gehabt«, sagte seine Mutter. »Wir haben die Blutung gestillt und ihr eine zweite Blutkonserve gegeben. Mickie glaubt, sie wird durchkommen. Er verbindet sie gerade.«
    Mickie, das war Dr. Michael Corrin, ein ehemaliger Lehrassistent seiner Mutter, der aufgrund ihrer Empfehlung Medizin studiert hatte. Sie vertraute ihm so sehr, dass sie ihn mitten in der Nacht angerufen und sich mit ihm am zahnmedizinischen Institut verabredet hatte. Nach einer kurzen Ultraschalluntersuchung hatte er die erste gute Nachricht dieser Nacht verkündet. Die Kugel war nicht in Seichans Bauchhöhle eingedrungen, sondern hatte lediglich den Beckenknochen gestreift.
    »Wann wird

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