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Der Judas-Code: Roman

Titel: Der Judas-Code: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Rollins , Norbert Stöbe
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sie transportfähig sein?«, fragte Gray.
    »Mickie möchte sie wenigstens ein paar Stunden hier behalten.«
    »So viel Zeit haben wir nicht.«
    »Das habe ich ihm auch gesagt.«
    »Ist sie bei Bewusstsein?«
    Seine Mutter nickte. »Nach der ersten Bluttransfusion kam sie wieder zu sich. Mickie hat ihr Antibiotika und Analgetika verabreicht. Sie sitzt sogar schon wieder.«
    »Dann sollten wir von hier verschwinden.« Gray zwängte sich an seiner Mutter vorbei. Bei der Ultraschalluntersuchung war er dabei gewesen, doch als es an die Versorgung der Wunde ging, hatte man ihn verscheucht. Der Arzt hatte nicht mit sich reden lassen.

    Gray ließ Seichan nur ungern aus den Augen, deshalb hatte er den zerbrochenen Obelisken mitgenommen. Ohne ihn würde Seichan sich bestimmt nicht aus dem Staub machen.
    Mit den beiden Bruchstücken in der Hand trat Gray auf den Gang. Seine Mutter folgte ihm. Gray ging zum ersten Behandlungsraum. Beinahe wäre er mit Dr. Corrin zusammengestoßen, der soeben aus der Tür trat. Der junge Arzt war ebenso groß wie Gray, hatte jedoch sandfarbenes Haar und war spindeldürr. Sein schmales Backenbärtchen war sorgfältig gestutzt. Mit besorgter Miene sah er sich zum Behandlungszimmer um.
    »Sie hat sich den Katheter rausgerissen und verlangt, dass ich Sie hole. Und sie will eine UV-Lampe.« Er deutete in den Gang hinein. »Mein Bruder brauchte die für Zahnfüllungen. Ich bin gleich wieder da.«
    Gray trat durch die Tür.
    Seichan saß in einem Behandlungsstuhl. Von der Hüfte aufwärts war sie nackt und versuchte gerade, sich ein geborgtes T-Shirt mit dem Logo der Washington Redskins über den Kopf zu streifen. Auf dem Boden lag eine Steri-Drape OP-Abdeckung. Obwohl sie ihm den Rücken zuwandte, konnte Gray erkennen, wie schwer ihr das Anziehen fiel. Sie musste sich auf die Armlehne stützen.
    Seine Mutter ging an ihm vorbei. »Lassen Sie sich helfen. Sie dürfen sich nicht so anstrengen.«
    Seichan winkte ab. »Es geht schon.« Sie hob abwehrend den Arm und zuckte vor Schmerzen zusammen.
    »Es reicht, junge Dame.«
    Grays Mutter trat neben sie und half ihr, das T-Shirt über die Brüste und den Verband zu streifen. Seichan wandte den Kopf und bemerkte Gray. Vor Verlegenheit errötete sie. Gray vermutete, dass sie sich weniger ihrer Nacktheit als vielmehr ihrer Schwäche schämte.
    Langsam, mit angestrengter Miene stand sie auf. Sie lehnte sich mit dem Rücken gegen den Behandlungsstuhl und knöpfte sich die hautenge Hose zu.
    »Ich muss mich mit Ihrem Sohn unter vier Augen unterhalten«, sagte sie in abweisendem Ton zu Grays Mutter.

    Seine Mutter blickte Gray an. Er nickte.
    »Ich kümmere mich um deinen Vater«, sagte sie kühl und ging hinaus.
    Vom Gang drang gedämpftes Fernsehergebrabbel herein. Kowalski hatte offenbar die Fernbedienung entdeckt.
    Gray und Seichan musterten einander abschätzend. Beide schwiegen.
    Dr. Corrin kam mit einer UV-Lampe herein. »Etwas Besseres haben wir nicht.«
    »Das reicht schon.« Seichan wollte danach greifen, doch ihr Arm zitterte zu sehr.
    Gray nahm an ihrer Stelle die Lampe entgegen, die Bruchstücke des Obelisken hatte er sich unter den linken Arm geklemmt. »Es dauert nicht lange.«
    »Selbstverständlich.« Dr. Corrin, der die Spannung im Raum spürte, folgte Grays Mutter.
    Seichan hatte Gray währenddessen nicht aus den Augen gelassen. »Commander Pierce, ich bedaure, dass ich Ihre Familie gefährdet habe. Ich habe Nasser unterschätzt.« Behutsam tippte sie auf ihren Bauchverband. Ihr Tonfall wurde schärfer. »Diesen Fehler werde ich nicht noch einmal machen. Ich dachte, ich hätte ihn in Europa abgeschüttelt.«
    »Das ist Ihnen nicht gelungen«, entgegnete Gray.
    Ihre Augen wurden schmal. »Und zwar deshalb nicht, weil sich die Befehlszentrale von Sigma kompromittiert hat. Die Gilde hat auf die Ressourcen von Sigma zurückgegriffen, um mich aufzuspüren. Somit trage ich nicht allein die Schuld.«
    Darauf konnte Gray nichts erwidern.
    Sie tippte sich an die Stirn, als hätte sie etwas vergessen, doch vermutlich überlegte sie nur, wie viel Offenheit sie sich erlauben durfte. »Sie haben bestimmt viele Fragen«, murmelte sie.
    »Nur eine. Was zum Teufel geht hier eigentlich vor?«
    Sie zog eine Braue hoch. Eine eigentümlich vertraute Geste, die ihn an ihre gemeinsame Vorgeschichte erinnerte. »Der Schlüssel zur Antwort liegt hier.« Sie deutete mit dem Kinn auf den Obelisken. »Wenn Sie die Teile auf die Instrumentenablage legen würden...«

    Gray

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