Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Judas-Code: Roman

Titel: Der Judas-Code: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Rollins , Norbert Stöbe
Vom Netzwerk:
sterben.
    Er streckte seiner Mutter die Hand entgegen. »Riechsalz.« Er erinnerte sich, dass Kowalski bei der Aufzählung des Inhalts des Verbandkastens das Salz erwähnt hatte.
    Seine Mutter nickte. Sie wühlte einen Moment in dem Kasten, dann reichte sie ihm ein paar Kapseln. Gray trat neben Kowalski.
    Der Mann hatte einen langen, blutigen Kratzer an der Wange. »Herrgott noch mal, unternehmen Sie endlich was!«
    Gray packte Seichans Haar, bog ihren Hals zurück und zerbrach eine Kapsel unter ihrer Nase. Sie ruckte mit dem Kopf und wehrte sich, doch Gray drückte ihr die Kapsel unerbittlich gegen die Oberlippe. Das Geschrei machte Würgelauten Platz.
    Seichan versuchte, seine Hand wegzuschieben.
    Er ließ nicht locker.
    »Es reicht...«, hustete Seichan und packte Grays Handgelenk.
    Erstaunt darüber, wie kräftig ihre Finger noch waren, ließ er den Arm sinken.
    »Lassen Sie mich atmen. Setzen Sie mich ab.«
    Gray nickte Kowalski auffordernd zu. Der ließ sich nicht lange
bitten. Er stellte Seichan auf die Beine, stützte sie aber an der Schulter. Sie hatte ihre Kräfte überschätzt. Ihre Beine gaben nach. Sie hing schlaff in der Umarmung des Hünen.
    Benebelt vom Schmerz und vom Morphium, schaute sie sich blinzelnd um. Verwirrung zeichnete sich in ihrer Miene ab. Sie fasste wieder Gray in den Blick.
    »Ich... der Obelisk...«, flüsterte sie besorgt.
    Gray hatte genug von dem verdammten Obelisken. »Den holen wir später. Bei Ihrem Sturz ist er zerbrochen. Ich hab ihn am Haus liegen lassen.«
    Seine Erklärung bereitete ihr anscheinend größere Schmerzen als die Schussverletzung. Vielleicht würde sich seine Nachlässigkeit ja noch auszahlen. Vielleicht war Nasser den Obelisken holen gefahren, anstatt sie zu verfolgen.
    Seine Mutter hatte die Unterhaltung mitgehört und trat einen Schritt vor. »Sie meinen das zerbrochene schwarze Ding.« Sie tätschelte ihre schwarze Handtasche. »Das hab ich aufgehoben, als ich das Verbandszeug holen gegangen bin. Ich hab mir gedacht, weil es so alt wirkt, ist es vielleicht wertvoll.«
    Seichan nickte erleichtert und schloss die Augen. Ihr Kopf hing kraftlos herab. »Gott sei Dank.«
    »Weshalb ist der Obelisk denn so wertvoll?«
    »Er könnte... die Welt retten. Falls es nicht schon zu spät ist.«
    Gray warf einen Blick auf die Tasche seiner Mutter, dann sah er wieder Seichan an. »Was zum Teufel meinen Sie damit?«
    Sie winkte erschöpft ab; offenbar stand sie wieder dicht vor einer Ohnmacht. »Zu kompliziert. Ich brauche Ihre Hilfe... allein... kann ich nichts tun... wir müssen unbedingt hier raus.«
    Das Kinn sank ihr auf die Brust; sie hatte wieder das Bewusstsein verloren. Kowalski fing sie auf und stützte sie mit der Hüfte.
    Gray war geneigt, es noch einmal mit dem Riechsalz zu versuchen, doch er wollte Seichan nicht noch mehr erschöpfen. Frisches Blut tropfte aus dem Verband.
    Seine Mutter hatte offenbar ganz ähnliche Schlussfolgerungen gezogen. Sie wies mit dem Kinn zum Weg. »Bis zum nächsten Krankenhaus kann es nicht mehr weit sein.«

    Gray wandte sich dem finsteren Weg hinter der Brücke zu. Das war der zweite Grund, weshalb er, einen Rat seiner Mutter befolgend, im Park nach Norden gefahren war. An der anderen Seite des Glover-Archibold-Parks lag der Campus der Georgetown University. Das Universitätskrankenhaus grenzte an den Wald. Ein paar ehemalige Studenten seiner Mutter arbeiteten dort.
    Wenn es ihnen gelang, das Krankenhaus unbemerkt zu erreichen...
    Oder war das vielleicht allzu durchsichtig?
    Der Park hatte zahlreiche Ausgänge, doch Nasser wusste, dass sie eine schwer verletzte Frau dabeihatten, die dringend medizinischer Versorgung bedurfte.
    Es war riskant, doch Gray sah keine andere Möglichkeit.
    Er erinnerte sich an das Funkeln in Nassers Augen, als er sich nach dem Obelisk erkundigt hatte. Blanke, skrupellose Gier. Der Ägypter hatte ihm geglaubt, dass sie den Obelisk am Haus zurückgelassen hatten - wohl vor allem deshalb, weil Gray es in diesem Moment selbst geglaubt hatte. Aber was war diesem Mann wichtiger: der Obelisk oder die Rache?
    Gray musterte ihr kleines Häuflein.
    Ihr Überleben hing von der Antwort auf diese Frage ab.
02:21
    Eine halbe Stunde später tigerte Painter in seinem Büro auf und ab. Er hatte sich ein Headset hinters Ohr geklemmt. »Sie sind alle tot?«
    Der Plasmabildschirm zeigte drei brennende Häuser und ein Parkstück, das ebenfalls in Flammen stand. Aufgrund des heißen Sommers war der Wald so trocken wie

Weitere Kostenlose Bücher