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Der Judas-Code: Roman

Titel: Der Judas-Code: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Rollins , Norbert Stöbe
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fragte ich mich, ob wir an gesichts dieser Prüfung nicht alle gleich wären. Heiden und Christen. Doch wessen Flehen wurde am Ende erhört? Wessen Gebet beschwor die Kraft Gottes in unserer Mitte herauf, eine dunkle Kraft, die uns alle rettete?
     
    Hier endete die Erzählung.
    Gray drehte das letzte Blatt um, doch die Seite war leer.
    Kowalski lehnte sich zurück und leistete seinen Beitrag zur Diskussion: »Zu wenig Sex«, murmelte er und rülpste unterdrückt.
    Stirnrunzelnd tippte Gray auf den Namen auf der letzten Seite. »Hier wird ein gewisser Pater Agreer erwähnt.«
    Vigor nickte; ihm war der eklatante Fehler ebenfalls aufgefallen. Bei diesem Text musste es sich um eine Fälschung handeln. »Die Polos wurden auf ihrer Reise von keinen Geistlichen begleitet«, sagte er. »Den vatikanischen Texten zufolge wurden die Polos auf Geheiß des Heiligen Stuhls zunächst von zwei Dominikanermönchen begleitet, die jedoch beide schon nach wenigen Tagen umkehrten.«
    Seichan nahm die erste Seite hoch und faltete sie zusammen. »Marco Polo hat nicht nur dieses Kapitel in seiner Chronik unterschlagen, sondern auch den Beichtvater. Tatsächlich haben ihn drei Dominikanermönche begleitet. Einer für jeden Reisenden, wie es damals üblich war.«
    Vigor musste ihr beipflichten. So war es tatsächlich damals üblich gewesen.

    »Nur zwei der Mönche sind gleich wieder umgekehrt«, sagte Seichan. »Der dritte blieb unerwähnt... bis jetzt.«
    Gray lehnte sich zurück und fasste sich an den Hals. Er streifte die Halskette mit dem silbernen Kruzifix ab und legte sie auf den Tisch. »Und Sie behaupten, das Kruzifix habe tatsächlich Pater Agreer gehört? Dem Mönch, der in dem Bericht erwähnt wird?«
    Seichan erwiderte schweigend seinen Blick.
    Noch ganz benommen von der neuen Erkenntnis, betrachtete Vigor das Kreuz. Es war schmucklos, der Gekreuzigte nur angedeutet. Offenbar war es alt. War das möglich? Behutsam nahm er es in die Hand und betrachtete es. Wenn es stimmte, verlieh dies Marcos quälendem Bericht weiteres Gewicht.
    Schließlich fand Vigor die Stimme wieder. »Eines verstehe ich noch immer nicht. Weshalb wird Pater Agreer in dem Reisebericht nicht erwähnt?«
    Seichan beugte sich vor und sammelte die Papiere ein. »Das wissen wir nicht«, antwortete sie. »Die restlichen Buchseiten waren herausgerissen und durch eine falsche Seite ersetzt worden, die in die Bindung eingenäht war, doch aufgrund der Zusammensetzung des Papiers muss man davon ausgehen, dass dies Jahrhunderte nach Fertigstellung des Buches geschah.«
    Vigor legte die Stirn in Falten. »Was stand auf der eingefügten Seite?«
    »Die habe ich nicht mit eigenen Augen gesehen, doch man hat mir davon berichtet. Es war ein mit Bibelzitaten gespickter wütender Erguss voller Anspielungen auf Engel. Dem Autor hatte Marcos Geschichte offenbar Angst gemacht. Für uns ist Folgendes wichtig: In dem Text ist von einer Landkarte die Rede, die in dem Buch enthalten war und die Marco eigenhändig angefertigt hat. Von einer Karte, die als teuflisch angesehen wurde.«
    »Und was geschah damit?«
    »Sosehr der Bearbeiter die Karte fürchtete, schreckte er doch davor zurück, sie zu vernichten. Deshalb verschlüsselte er die Karte zusammen mit anderen Helfern in einem Code, der sie vor unbefugten Lesern schützen und den Fluch von ihr nehmen sollte.«
    Gray nickte. »Deshalb hat man sie in die Engelschrift übersetzt.«

    »Aber wer hat die Seite eingefügt?«, fragte Vigor.
    Seichan zuckte mit den Schultern. »Sie war unsigniert, doch es deutet einiges darauf hin, dass Polos Nachfahren das Buch nach Ausbruch der Schwarzen Pest im vierzehnten Jahrhundert dem Papst übergaben. Vielleicht fürchtete die Familie, es handele sich um die gleiche Seuche, die auch die Totenstadt auf der Insel heimgesucht hatte, und sie bedrohe jetzt die ganze Welt. Das Buch verschwand daraufhin im Vatikanischen Geheimarchiv.«
    »Interessant«, meinte Vigor. »Falls Sie recht haben, könnte dies erklären, weshalb es seit dieser Zeit keine Hinweise auf die Familie Polo mehr gibt. Sogar Marco Polos Leichnam verschwand aus der Kirche San Lorenzo, in der er bestattet worden war. Man könnte fast meinen, die Familie Polo sei systematisch ausradiert worden. Wurde die hinzugefügte Seite jemals datiert?«
    Seichan nickte. »Sie stammt von Anfang des sechzehnten Jahrhunderts.«
    Vigor kniff die Augen zusammen. »Hmm... auch um diese Zeit herum wütete in Italien die Beulenpest.«
    »Stimmt«, sagte

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