Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Judas-Code: Roman

Titel: Der Judas-Code: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Rollins , Norbert Stöbe
Vom Netzwerk:
sich und traf sie am Mund. In seiner Erregung brauchte er eine volle Minute, bis er sie erkannte.
    Anschließend zog er sich ins Bad zurück. Sie hörte sein Schluchzen. Das war auch der Grund, weshalb er abgeschlossen hatte.
    Pierce-Männer weinten nicht.
    »Jack, mach auf. Es ist alles in Ordnung. Ich habe bei einer Apotheke Medikamente bestellt. Sie werden gleich gebracht.«
    Harriet war sich bewusst, dass es riskant war, Medikamente zu bestellen. Aber sie konnte Jack nicht ins Krankenhaus bringen, und ohne Behandlung würde seine Demenz immer schlimmer werden. Außerdem bestand die Gefahr, dass er mit seinem Geschrei das Hotelpersonal auf den Plan rief. Und wenn nun jemand die Polizei rief?
    Da sie keine andere Wahl hatte und ihr vom Schlag die Zähne wehtaten, traf sie eine Entscheidung. Sie suchte im Telefonbuch die Nummer einer Apotheke heraus, die rund um die Uhr geöffnet hatte, und bestellte, was sie brauchte. Wenn ihr Mann die Medikamente eingenommen und sich beruhigt hätte, würde sie sich ein neues Hotel suchen und abermals untertauchen.
    Es klingelte an der Tür.
    Gott sei Dank.
    »Jack, das ist der Apothekenbote. Ich bin gleich wieder da.«
    Sie eilte zur Tür und streckte die Hand zum Riegel aus, dann zögerte sie. Statt gleich zu öffnen, beugte sie sich vor und spähte durch den Spion in den Flur. Vor der Tür stand eine Frau, das schwarze Haar zu einem Knoten gebunden. Sie trug eine weiße Jacke mit dem Logo der Apotheke am Revers, in der Hand hielt sie eine weiße Papiertüte und eine Quittung.
    Die Frau streckte die freie Hand aus. Es klingelte erneut. Sie sah auf die Uhr und wandte sich zum Gehen.
    »Warten Sie einen Moment!«, rief Harriet durch die verschlossene Tür.

    »Ich komme von der Swan Pharmacy!«, erwiderte die Frau.
    Um sicherzugehen, nahm Harriet den Hörer des Telefons auf dem Dielentisch ab. Im Wandspiegel sah sie ihr Gesicht. Sie wirkte abgehärmt, eine geschmolzene Wachskerze von einer Frau. Sie drückte die Ruftaste der Rezeption.
    Es ging gleich jemand dran.
    »Phoenix Park, Rezeption.«
    »Hier ist Zimmer 334. Ich möchte eine Apothekenlieferung bestätigt haben.«
    »Sehr wohl, Ma’am. Vor drei Minuten habe ich mir von der Botin den Ausweis zeigen lassen. Gibt es ein Problem?«
    »Nein, ganz und gar nicht. Ich wollte nur...«
    Im Schlafzimmer krachte es, dann war ein Schwall von Flüchen zu vernehmen. Jack hatte endlich die Badezimmertür geöffnet.
    »Kann ich sonst noch etwas für Sie tun, Ma’am?«, fragte die Dame vom Empfang.
    »Nein, danke.« Sie legte auf.
    »Harriet!«, rief ihr Mann; trotz seiner Verärgerung klang seine Stimme gequält.
    »Ich bin hier, Jack.«
    Es klingelte wieder.
    Entnervt schloss Harriet auf und hoffte, Jack würde sich nicht sträuben, die Tabletten einzunehmen. Sie öffnete die Tür.
    Die Botin blickte ihr lächelnd entgegen - doch es lag keine Wärme darin, nur barbarische Belustigung. Harriet traf der Schock des Wiedererkennens. Das war die Frau, die sie an der konspirativen Wohnung überfallen hatte. Ehe Harriet reagieren konnte, drückte die Frau die Tür auf.
    Die Tür traf Harriet an der Schulter und schleuderte sie auf die harten Fliesen. Sie versuchte, den Sturz mit dem ausgestreckten Arm zu dämpfen - da brach mit einem durchdringenden Knacken ihr Handgelenk. Ein sengender Schmerz schoss durch ihren Arm.
    Mit einem Aufschrei rollte sie sich über die Hüfte ab.
    Jack kam in Boxershorts aus dem Schlafzimmer.
    »Harriet...?«
    In seinem Verwirrungszustand brauchte Jack zu lange, um die Situation richtig einzuschätzen.

    Die Frau trat über die Schwelle und hob eine dickläufige Pistole. Sie zielte damit auf Jack. »Da haben Sie Ihre Medikamente.«
    »Nein!«, stöhnte Harriet.
    Die Frau drückte ab. Das Ploppen einer elektrischen Entladung war zu hören. Ein Draht schwirrte an Harriets Ohr vorbei. Die Spitze traf Jack an der nackten Brust und sprühte knisternd blaue Funken.
    Ein Taser.
    Er schnappte nach Luft, riss die Arme hoch - und kippte nach hinten.
    Jack regte sich nicht mehr.
    In der nachfolgenden Stille meldete ein Nachrichtensprecher mit Flüsterstimme: »Die Metro Police setzt die Suche nach Grayson Pierce fort, der wegen Brandstiftung und eines Bombenanschlags auf ein Haus in D. C. gesucht wird.«
08:32
Istanbul
    Gray der am Geländer der Dachterrasse stand, überlegte, wie er Washington von der auf der Weihnachtsinsel drohenden Gefahr informieren sollte. Er musste Vorsicht walten lassen und einen privaten

Weitere Kostenlose Bücher