Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Judas-Code: Roman

Titel: Der Judas-Code: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Rollins , Norbert Stöbe
Vom Netzwerk:
Hohlziegel verwendet, die auf Rhodos aus porösem Lehm gebrannt wurden. Das Ganze ist eine meisterhafte Täuschung. Stein, Licht und Luft.«
    Vigor nickte. »Selbst Marco Polo zeigte sich schwer beeindruckt von der >scheinbaren Gewichtslosigkeit der Kuppel und der verwirrenden Wirkung der direkten und indirekten Beleuchtung<, um den großen Mann zu zitieren.«
    Gray konnte das mühelos nachempfinden. Es war ein eigenartiges Gefühl zu wissen, dass auch Marco Polo an dieser Stelle gestanden hatte und dass sie über die Jahrhunderte hinweg verbunden waren durch ihre Bewunderung und Hochachtung vor den Erbauern.
    Beeinträchtigt wurde die Wirkung allerdings von dem schwarzen Baugerüst, das auf der einen Seite vom Marmorboden bis zur Spitze der Kuppel aufragte.
    Das holte Gray wieder auf den Boden der Tatsachen zurück. Er sah auf seine Armbanduhr. Nasser würde vor Anbruch der Dunkelheit eintreffen. Sie hatten nicht mal einen Tag Zeit, um das Rätsel zu lösen.
    Falls sein Plan überhaupt funktionieren würde...
    Wo aber sollten sie beginnen?
    Diese Frage stellte Vigor nun seinem Freund. »Balthazar, hattest du schon Gelegenheit, mit den Museumsangestellten zu sprechen? Hat hier jemand schon mal so etwas Ähnliches wie Engelschrift gesehen?«
    Der Mann strich sich über den Bart und seufzte. »Ich habe mit dem Museumsdirektor und dessen Angestellten gesprochen. Der Direktor kennt die Hagia Sophia von den unterirdischen Krypten bis zur Kuppelspitze. Er behauptet steif und fest, hier gebe es keine Engelschrift. Allerdings hat er noch etwas hinzugefügt, das dir nicht gefallen wird.«
    »Was hat er gesagt?«, drängte Vigor. »Bedenke, welch große Flächen der Hagia Sophia verputzt wurden, als man die Kirche in eine Moschee umgewandelt hat. Das, wonach wir suchen, ist vielleicht unter zentimeterdickem altem
Putz verborgen. Oder es ist auf Putz geschrieben worden, der bereits wieder entfernt wurde.« Balthazar zuckte mit den Schultern. »Es ist also durchaus denkbar, dass das Gesuchte längst nicht mehr da ist.«
    Gray weigerte sich, das zu glauben. Während Vigor und Balthazar in die Einzelheiten gingen, entfernte er sich ein paar Schritte. Er brauchte Zeit zum Nachdenken. Unwillkürlich sah er auf die Uhr. Er war so nervös und besorgt, dass er die Uhrzeit nicht einmal bewusst wahrnahm. Er ließ den Arm wieder sinken und ging zu dem Gerüst. Er hätte seine Eltern nicht alleinlassen dürfen. Das kurze Telefonat mit seiner Mutter ging ihm immer noch nach.
    Es tut mir leid. Dein Vater. Er hat seine Tabletten gebraucht.
    Irgendetwas musste passieren. Gray hatte die Krankheit seines Vaters und dessen Medikamentenabhängigkeit nicht in Betracht gezogen. War das vielleicht Ausdruck seiner Weigerung gewesen, sich mit dem Zustand seines Vaters abzufinden? Wie auch immer, mit seinem Leichtsinn hatte er das Leben seiner Eltern in Gefahr gebracht.
    Gray setzte sich im Schneidersitz auf den Boden und schaute zur Kuppel hoch. Er bemühte sich, einen klaren Kopf zu bekommen. Seine Sorgen, Ängste und Zweifel halfen ihm nicht weiter. Und auch nicht seinen Eltern. Er atmete tief ein, ließ den Atem langsam entweichen und drängte das Gebrummel der Touristen in den Hintergrund.
    Er stellte sich die Kirche so vor, wie sie im sechzehnten Jahrhundert ausgesehen hatte. In seiner Vorstellung bemalte er die Wände neu, überzog die goldenen Mosaike mit weißem Putz. Dabei ging er konzentriert und bedachtsam vor. Eine Meditationsübung. In seinem Geist erwachte die alte Moschee zu neuem Leben. Er hörte, wie der Ruf des Muezzins über die Altstadt schallte. Er stellte sich die auf Teppichen knienden Gläubigen vor, wie sie sich im Gebet abwechselnd beugten und wieder aufrichteten.
    Wo würde er an einem solchen Ort den nächsten Schlüssel verstecken? Welche Stelle würde er sich in diesem gewaltigen Raum mit seinen zahllosen Vorräumen, Emporen und Seitenschiffen aussuchen?

    Wie er so dasaß, ließ Gray die Kirche in seiner Vorstellung wie ein dreidimensionales Computermodell rotieren und betrachtete sie von allen Seiten. Währenddessen malte er unbewusst mit dem Finger in den Mörtelstaub am Boden. Schließlich wurde er sich dessen bewusst, was er da zeichnete: einen Buchstaben der Engelschrift, der auch auf Marcos goldenem Pass zu finden war.

    Er blickte auf das Zeichen nieder, während in seinem Kopf noch immer die Hagia Sophia rotierte.
    »Der Bau war damals schon eine Moschee«, murmelte er.
    Er tippte auf die vier Kreise, die Vigor

Weitere Kostenlose Bücher